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Regina Heidecke im Gespräch mit Ronya Othmann. Langen

Dem Genozid an den Jesiden widmet Ronya Othmann ihren Roman „Vierund-siebzig" und umkreist den schwer zugänglichen Stoff mit ganz verschiedenen Mitteln: mit der Form der Erzählung, der Reportage, eines Reiseberichts, des Essays und in Gesprächen. Gleichzeitig reflektiert sie im Schreiben den Vorgang des Erzählens.
1993 wurde Ronya Othmann in München geboren. Sie ist Tochter eines staatenlosen jesidischen Kurden, der aus Syrien nach Deutschland floh, und einer deutschen Mutter. Die Schriftstellerin ist am Sonntag, 16. November, ab 17 Uhr zu Gast bei der Journalistin Regina Heidecke in der Veranstaltungsreihe „Reginas Gäste" in der Neuen Stadthalle Langen.
Das Schicksal der Jesiden und Kurden ist ein zentrales Thema der vielfach ausgezeichneten Autorin Ronya Othmann. In ihrer Kindheit und Jugend fuhr sie in den Ferien oft in ein syrisch-kurdisches Dorf zur Familie ihres Vaters. Darüber schrieb sie in ihrem Debütroman „Die Sommer". Diese Reisen haben ihr ein lebendiges Gefühl für die Heimat und Kultur ihres Vaters vermittelt, die seitdem auch zu einem Teil ihrer eigenen Identität geworden ist.

Die Zahl Vierundsiebzig bezieht sich auf den - nach jesidischer Zählweise - 74. Versuch, ihr Volk auszulöschen. Das Massaker der IS-Terroris-ten an den Jesiden im nordirakischen Sind-schar 2014, die Vertreibung tausender Menschen aus ihrer Heimat und die massenhafte Entführung junger Frauen ging damals um die Welt.
Die Vereinten Nationen und das Europäische Parlament nannten es später Völkermord. 2018 reiste die Autorin als unerschrockene Beobachterin an die Tatorte, um ihren Roman zu schreiben. Ein „Meilenstein der literarischen Geno-zidforschung" oder „bedeutsamer war autobiografisches Schreiben hierzulande lange nicht mehr", , so rühmten Kritiker das Buch.
Wie spricht man, wie erzählt man, wie bringt man in eine literarische Form, was unsagbar ist? In ihren Reflexionen und Kolumnen hat Ronya Othmann durchaus auch Kontroversen ausgelöst. Etwa 2024, als die Einladung zum Literaturfesti-val im pakistanischen Karachi zurückgezogen wurde, weil ihr Islamophobie und Zionismus vorgeworfen wurden. Sie befand sich bereits im Land. Ein Schriftstel-lerkollege zog daraufhin seine Teilnahme am Festival zurück und schrieb in der Süddeutschen Zeitung: „Ronya Othmann ist von Feministinnen und Islamisten, die sich für links hielten und die Hamas als , Befreiungsorganisation' bezeichne-ten, gecancelt und in reale Gefahr gebracht worden." Gerade eben ist Ronya Othmanns Reisereportage „Rückkehr nach Syrien - Eine Reise durch ein ungewisses Land" erschienen. Wieder eine Reise, auf der sie ihr Vater begleitet hat, in das Land, aus dem er 1980 geflohen ist. Die Ungewissheit nach dem Sturz Assads ist groß, auch vor dem Hintergrund von Abschiebungen und der Angst von rückkehrwilligen Syrern, die nicht wissen, wie ihre Zukunft aussehen wird. Auch darüber wird Ronya Othmann am 16. November in der Stadthalle Langen mit Regina Heidecke sprechen.

Neue Stadthalle Langen
Südliche Ringstraße 77
63225 Langen
Sonntag den 16. November 2025
17.00 Uhr
Erstellungsdatum: 09.11.2025