Warum sind wir überhaupt hier? Wie hat sich die Menschheit entwickelt? Wie finden all die unterschiedlichen Wesen in der Welt ihren Platz? Solche Fragen trieben Alexander Paul Englert schon in jungen Jahren um. Sie führten ihn zum Studium der Philosophie, weckten sein Faible fürs Theater und entfachten seine Leidenschaft für die Fotografie. Die begleitet ihn seit nunmehr dreißig Jahren, wurde ihm zum Beruf, zur Berufung. Mit der Kamera hat er das optimale Medium gefunden, um seiner Faszination für den Menschen Ausdruck zu verleihen.
Straßenszene in Chile, Foto: APE
„Mir geht es darum, die Individualität und Einzigartigkeit der Personen herauszustellen, mit den Fotografien eine Geschichte zu erzählen. Zugleich sollen sie die Betrachtenden zu eigenen Geschichten animieren“, fasst Alexander Paul Englert seine Intention zusammen. Unberührt dürften seine Arbeiten niemanden lassen. Ob es sich um Porträts von prominenten oder unbekannten Personen, um Aufnahmen von alltäglichen Situationen, um Probenfotos von Theaterinszenierungen oder um Reportagen handelt – die Bilder sind stets ungekünstelt und ausdruckstark, setzen unweigerlich Emotionen frei.
Straßenszene in Frankfurt, Foto: APE
Die Dokumentationen seiner Reisen in ferne Länder gewähren daher tiefgehende Einblicke in fremde Welten und Kulturen. Das Lebensumfeld der Menschen in Regionen wie China, Äthiopien, die Mongolei oder Indien hielt Alexander Paul Englert mit der Kamera ebenso fest wie das Alltagsgeschehen in Kanada, Kuba oder New York. In Italien folgte er den Wegen des Sturm und Drang-Schriftstellers Karl Philipp Moritz, der das Land von 1786 bis 1788 bereiste und sich bei einem Aufenthalt in Rom mit Goethe befreundete. Die Fahrt mündete in einen Bildband, zu dem Jahn Röhnert einen Text verfasste.
Auf den Spuren von Karl Philipp Moritz in Italien, Foto: APE
Straßenszene in Frankfurt, Foto: APE
Straßenszene in Havanna, Kuba, Foto: APE
Straßenszene in Havanna, Kuba, Foto: APE
Ein Salon in Harlem, New York, Foto: APE
New York Subway, Foto: APE
Im Laufe der Jahre sind neun Bücher entstanden in denen sich Alexander Paul Englerts Fotografien mit Texten von Autor:innen und Dichter:innen zu einem stimmigen Ganzen vereinen. Dazu gehört unter andrem „Mare Manuscha“, das mit Bildern und Interviews authentische Einblicke in das Leben und die Kultur der Sinti und Roma verschafft. Übersehene oder verdrängte Wirklichkeiten ins Blickfeld zu rücken hatte es ihm schon während des Studiums an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach angetan.
Straßenszene in Frankfurt, Foto: APE
Sein Anliegen, die alltägliche Normalität im städtischen Raum festzuhalten und die Begrenztheit der eigenen Wahrnehmung aufzuzeigen, brachte Alexander Paul Englert zur Street Photography. Als er über dieses fotografische Genre auch seine Diplomarbeit schreiben wollte, stieß er zunächst auf Widerstand. Das Thema wurde von der Prüfungskommission nicht zugelassen, weil es zu willkürlich sei. Dass ihm sein Professor damals zur Seite stand und die Ablehnung verhinderte, rechnet ihm Alexander Paul Englert noch immer hoch an.
Der Street Photography, bis heute ein Schwerpunkt seines Schaffens, widmete er unter dem Titel „Blitzlichter einer Stadt“ Anfang der 1990er Jahre auch sein erstes Ausstellungsprojekt. Das war nicht nur in Frankfurt zu sehen, sondern auch in den Partnerstädten Leipzig, Budapest und Kanton, der Hauptstadt der chinesischen Provinz Guangdong. Es war der Auftakt zu mehr als 30 Einzelausstellungen, die der Fotokünstler inzwischen verzeichnen kann. Eine gewisse Verwandtschaft zur Street Photography besitzen auch die Fotoprojekte zu einschneidenden Weltereignissen.
Aus „Blitzlichter einer Stadt“, Foto: APE
Nach dem Ausbruch des Irak-Kriegs fotografierte Alexander Paul Englert in Deutschland lebende Amerikaner, Iraker sowie Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und ergänzte die Aufnahmen mit ihren Aussagen zum Krieg. Neben Frankfurt war die Ausstellung „Points of View“ auch in Rabat und Casablanca zu Gast. Nach der Flutkatastrophe an den Küsten Asien beteiligte er sich mit der ebenfalls in mehreren Ländern gezeigten Ausstellung „Solidarität“ an den öffentlichen Diskussionen.
Im Jain-Tempel in Jaisalmer, Indien, Foto: APE
Mit seinem jüngsten Ausstellungsprojekt entführt Alexander Paul Englert in den Alltag des indischen Bundesstaats Rajasthan. Anfang des Jahres reiste er durch das Goldene Dreieck zwischen Delhi, Jaipur und Agra und fing einen Monat lang das Leben der Menschen ein. Der Ausstellungstitel „Masala“, der Name einer aus der indischen Küche nicht wegzudenkenden Mischung verschiedener Gewürze, verweist auf die Vielfalt der Motive. Spontanen Impulsen folgend, hielt er von Straßenszenen über den Schafhirten mit seiner Herde bis zu spielenden Kindern die Bandbreite des alltäglichen Geschehens fest. Die Ausstellung wird Anfang Oktober in der Offenbacher Galerie Artycon eröffnet (siehe unten).
Alltag in Äthiopien, Foto: APE
Sich „ohne konkrete Vorstellungen im Kopf darauf einzulassen was passiert“ hält Alexander Paul Englert für das Wesen der Street Photography. Sie fesselt ihn auch deshalb so sehr, weil er hier seine eigene Veranlagung ausleben kann. „Ich ziehe es vor, im Hintergrund zu bleiben, und bin lieber vor der Bühne, um zu fotografieren, als auf der Bühne, um zu agieren.“ Was die Motive anbelangt, habe er inzwischen „eine Art Instinkt, einen anderen, intensiveren Blick entwickelt“. Was es heißt, sich eine von Plänen und Meinungen ungetrübte Offenheit zu bewahren, hat für ihn Antoine de Saint-Exupéry in „Der kleine Prinz“ treffend auf den Punkt gebracht: „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“
Alltagsszene, Foto: APE
Die aktuelle Ausstellung:
Alexander Paul Englert
„Masala“
Fotografien aus Indien
Galerie Artycon, Wilhelmsplatz 2, Offenbach
Vernissage: Sa. 05.10.2024
Finissage: Sa. 16.11.2024
jeweils: 11.00 – 16.00 Uhr
Weitere Termine nach Vereinbarung
unter 069 83008685 oder 0179 1065469
info@atrtycon.de