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Vortrag zum Konflikt im Nahen Osten

„Deutschland, Israel und die Crux historischer Ethik“

Dan Diner


Israel und sein geopolitisches Umfeld, Karte: bpb

Die diesjährigen 55. Römerberggespräche in Frankfurt befassten sich mit Fragen der Erinnerungskultur nach dem 7. Oktober. Wenige Tage zuvor hatten jedoch zwei internationale Gerichte, der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) und der Internationale Gerichtshof, Entscheidungen getroffen, die beide kritisch auf das sich dramatisch zuspitzende Kriegsgeschehen zwischen Israel und Palästina Bezug nahmen. In diesem zeitlichen Kontext untersucht der Historiker Dan Diner explosive Tiefenschichten der deutsch-israelischen Beziehungen.

Vorbemerkung

Ich bin kein Freund des Wortes von der „Erinnerungskultur“. Mein Eindruck ist, dass das Wort ebenso wie andere Formen der Kommunikation manipulierbar ist. Erinnerungskultur scheint mir ein gesamtgesellschaftliches Kunstwerk zu sein, an dem viele drehen und dabei erwarten, dass sich etwas herausbildet, das unter Umständen gesamtgesellschaftlich akzeptiert wird. Das jedoch glaube ich nicht. Ich glaube, dass in jeder Gesellschaft in unterschiedlichen Schichten eine Art kulturelle DNA anzutreffen ist, die biografisch wirksam ist und die unter speziellen Umständen, zu unterschiedlichen Zeiten evoziert werden und unerwartet wie ein Vulkan aufbrechen kann.

Wir bewegen uns auf vermintem Gelände

Ich möchte gern zum Konflikt im Nahen Osten oder zur Wiederkehr der alten Palästina-Frage sprechen. Ich kehre also zurück zu all dem, was mit dem ikonischen Jahr von 1948 in Verbindung steht, denn es ist in der Tat so etwas wie die Wiederkehr des Verdrängten, des Besetzten und des Zurückgehaltenen wiederaufgebrochen, auch darüber gelte es zu sprechen, doch werde ich dies heute nicht tun.

Mir geht es um die Tragik des Konflikts und die Tiefenschichten, welche mit einer paradoxe Nähe zwischen Deutschland und Israel einhergehen. Es besteht eine merkwürdige Zweisamkeit, die anderenorts trotz ähnlich wirkender Phänomene so nicht anzutreffen ist. Es ist eine merkwürdige Symbiose, die nicht beliebig durch Erinnerungskultur eingehegt oder verlebendigt werden kann. Ich nenne einige apodiktische Äußerungen, um dies deutlich zu machen: 

„Israel ist ein Stück herausgerissenes Mitteleuropa“.

Diese Formulierung kennen wir gemeinhin aus den 70er und 80er Jahren, als deutsche Studienräte in Tel Aviv die Antiquariate aufsuchten, um sich dort mit der Literatur der 20er Jahre auszustatten und Dinge suchten, die in Deutschland verlorengegangen waren. Ich würde es sogar radikaler formulieren und auf einen Aspekt zu sprechen kommen, den viele kennen, aber dessen Bedeutung vielleicht nicht allen so deutlich ist. Polemisch ausgedrückt:
 
Das Deutsche Reich hatte vier Nachfolgestaaten:

Bundesrepublik
DDR,
Österreich
Israel

Dies ist der Kontext, der den Raum ausleuchtet, in dem wir uns bewegen, und der zeigt, warum Deutschland nach 1989 nicht irgendein Territorium ist, sondern ein Resonanzboden für all diese Fragen, die die Vergangenheit betreffen und uns zugleich nach vorn blicken lassen. Ich möchte das konkret ausgestalten, die Konkretion der Nähen, in denen Israel zwar ein auswärtiger Staat ist, aber zutiefst mit der deutschen gesellschaftlichen Realität und mit dem deutschen Rechtssystem verbunden ist.

Es gab zum Beispiel das Wiedergutmachungsabkommen. Damals, am 10. September 1952, trafen sich eine deutsche und eine israelische Delegation in Luxemburg, um einen Vertrag aus der Taufe zu heben, der, wenn man genau hinschaut, nicht nur nicht Wiedergutmachungsabkommen hieß, sondern auch kein Wiedergutmachungsabkommen war. Das Abkommen stand vielmehr im Kontext einer Entwicklung, die für Deutschland in hohem Maße signifikant war. In Wirklichkeit stand das Wiedergutmachungsabkommen mit Israel im Zeichen eines anderen Gesetzes, des Lastenausgleichsgesetzes oder juristisch formuliert: des „Kriegsfolgenbewältigungsgesetzes“. 

Israel war ein Teil der deutschen Kriegsfolgenbewältigung, so wurde es gehandhabt, bis ins Persönliche hinein, bis in die Psyche der einzelnen Personen hinein, mit all den Nachweisen ihrer Herkunft, Kultur und Sprache, das ist sehr tief gegangen, zumal in Israel aufgrund dieses Abkommens die große Distanz, die man zwischen sich und Deutschland legte, jetzt durch einen unglaublichen Güter- und Warenschub, der erfolgt ist, aufgehoben schien. Man war Deutschland als Folge des Luxemburger Abkommens vom 10.9.1952 plötzlich so nah wie niemals zuvor und wie man es nie wieder werden sollte.

Lastenausgleichsgesetz, 3. Lesung, 1. September 1952, fast in derselben Woche. Es ging also um die Integration jüdischer Flüchtlinge genauso wie das Lastenausgleichsgesetz deutsche Flüchtlinge integrieren sollte in die Bundesrepublik. Aber, hier gilt es einen Schritt weiter zu tun aus der materiellen „Wiedergutmachung“.

Der Holocaust war, beschreibend betrachtet, ein absoluter Genozid, nicht im juristischen Sinne, sondern so, wie Historiker im Diskurs das Wort vom Genozid einsetzen, wenn ein Geschehen als etwas ganz besonders Arges, als großes Massenverbrechen erachtet wird.

Hier treten wir an etwas heran, was ganz tief in der DNA der israelischen Existenz angelegt sein wird, es geht um die Konstitution eines jüdisch-israelischen Kollektivs, einer Bevölkerung, die sich auf etwas bezieht, von dem sie auch gar nicht so recht weiß, woher diese Begründung herrührt. Ich spreche über etwas, das scheinbar am Rande liegt, aber doch das Zentrum ausmacht.  

Nach dem Krieg im Jahr 1945 als festgestellt wurde, dass die Juden Europas im Wesentlichen ausgerottet sind, war etwas übriggeblieben: die Vermögenswerte, die Liegenschaften, die Friedhöfe, alles Materielle war übriggeblieben, es handelte sich hierbei um erbenloses Vermögen. Nach dem sogenannten Heimfallsrecht würde solch erbloses Vermögen an den Staat fallen, das hätte bedeutet, diejenigen, die den Massenmord vollzogen haben, würden als Erben eintreten. Eine solche Regel wäre moralisch unerträglich und unerhört gewesen. Also musste ein kollektiver Anspruch formuliert werden, in englischer Sprache hieß es „the Jewish people as a whole“, aus den materiellen Gütern entsteht ein Rechtssubjekt, mit einem Anspruch an ein anderes staatliches Rechtssubjekt. Und wer sind die Menschen, die dies aushandeln? Es sind Organisationen, die begründet wurden, sogenannte Nachfolgeorganisationen. 

So entstand ein Rechtssubjekt, Nachfolgeorganisationen der Toten, die über Ansprüche verfügen konnten, Rechtsrundlage für diesen Vorgang war das amerikanische Militärgesetz Nr 59.

All diese Werte wurden in Deutschland „pecunerisiert“ und nach Israel übertragen, Friedhöfe, Liegenschaften, alles, was man sich vorstellen kann, wurde in Geld umgesetzt und bildete die materielle Grundlage dieser Staatlichkeit, ohne die dieser neue Staat nicht möglich gewesen wäre. Es ist eine „Translatio“ von einem Gemeinwesen durch den Genozid hindurch auf ein anderes Gemeinwesen, eine Konversion, die gleichsam dieses Kollektiv konstituiert.  

Zuständig war eine IRSO, Jewish Restitution Successor Organization, begründet in Nürnberg, hervorgegangen aus der Nürnberger Prozesskultur. Geleitet hat sie später von Frankfurt aus Benjamin Ferencz, er war zuständig für den Transfer. Ferencz war mit 27 Jahren der jüngste Chefankläger in den Nürnberger Nachfolgeprozessen, er war aber auch Teil der jüdischen Delegation bei den Verhandlungen in Wassenar um die sogenannte Wiedergutmachung und er war zuständig genau für diesen Transfer erbenlosen jüdischen Eigentums nach Israel, die Begründung des Staates und seiner Existenzfähigkeit. Genau in dieser Zeit verdreifachte dieser neue Staat seine Bevölkerung, es ist ein Staat von Flüchtlingen, der dazu beigetragen hat, andere zu Flüchtlingen zu machen – wir kommen noch darauf zu sprechen. Das heißt, Ferencz war der Vertreter dessen, was man bei der Restitution erbloser Vermögen „the Jewish people as a whole“ nennt.

Wir begegnen Ferencz später zum ausgehenden 20. Jahrhundert und wir begegnen ihm als einer der führenden Persönlichkeiten des Römischen Statuts, welches zur Begründung des Internationalen Strafgerichtshofs geführt hat. Es ist das ständige internationale Strafgericht, das jetzt auch geurteilt hat. (Am Internationalen Strafgerichtshof wurden am 20.05.2024 u.a. Haftbefehle gegen Israels Premier Netanjahu und Verteidigungsminister Gallant beantragt. Anmerkg. d. Red.)  Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass es hier historisch gesehen um eine Tragödie geht!


Das heißt, der jüdische Staat, der 1948 begründet wurde, entsprang dem Jahre 1945 beziehungsweise der Vorgeschichte der im Jahre 1945 sich anstauenden Zeit, aber mehr noch, die Tragödie wird noch tragischer, im Jahr 1948 werden drei Dinge begründet, die auf die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust, der damals noch nicht so genannt wurde, zurückgehen. Alle sind in irgendeiner Weise mit jüdischen Personen und dem jüdischen Schicksal verbunden:
 

1.    Die universelle Deklaration der Menschenrechte, zumindest redigiert von dem Juristen René Cassin 
2.    Die Genozidkonvention, 1947 entworfen von dem Juristen und Friedensforscher Raphael Lemkin 
3.    1948, die Gründung des Territorialstaats Israel 

Drei Elemente, ich weise darauf hin, dass die Schenkel dieses Dreiecks im Lauf der Geschichte und vor allem seit dem Jahr 1967 auseinandertreten und einen Hiatus bilden, das ist das Drama, dessen unmittelbare Zeugen wir gegenwärtig sind.


Wir sind Zeitzeugen dessen, dass das, was aus dem Jahr 1945 in das Jahr 1948 einmündete, jetzt gleichsam gegenläufig wird. 


Ich möchte, indem ich Einiges aus zeitlichen Gründen auslasse, einen leichten Sprung vollziehe und in der Geschichte chronologisch einen Schritt zurückgehe, auf einen Aspekt hinweisen, um noch einmal das Drama der Geschichte bzw. die Gegenläufigkeit deutlich zu machen. Ich vollziehe also eine Art Szenenwechsel, was das Jahr 1948 angeht.

Hingewiesen sei auf die Rede Stalins vom 23. Februar 1943, die also stattfand, nachdem die Wehrmacht vor Moskau aufgehalten worden war, es aber noch fast ein Jahr bis zum Ende der Schlacht von Stalingrad dauerte, in dieser Zeit dazwischen verkündet Stalin irgendwann den „Befehl 55“, in dem es heißt:

„Die Hitlers kommen und gehen, das deutsche Volk, der deutsche Staat, bleibt“ 

Das heißt, egal, welche schrecklichen Ereignisse im Krieg passieren werden, die bloße Existenz des deutschen Staates würde gewahrt bleiben.

Das Verhältnis von Mehrheit und Minderheit

Szenenwechsel 2: Am 11. November 1942 wird in der Schlacht von El Alamain die Panzerarmee der Achse von der 8. Armee der Briten in Nordafrika aufgehalten und damit, was gar nicht ins allgemeine Bewusstsein eingedrungen ist, werden die Juden Palästinas vor dem Schicksal bewahrt, das die Juden Europas haben erleben müssen. Dass dies nicht geschah, hatte etwas mit dem Kriegsglück zu tun und war, historisch gesprochen, eher ein Zufall, Kontingenz nennt man das. Tom Segev, der israelische Historiker, nannte diese Gruppe die 7. Millionen, verwies also darauf, dass diese zusätzliche Opferzahl hätte möglich werden können. 

Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass für Deutschland, was es auch war, die Niederlage und Kapitulation sehr arg gewesen ist, aber, die Existenz selbst nicht in Frage gestellt war.  

Die Juden, die aus Europa herausgerissen und an die Levante geworfen worden waren, sind in einem Bereich bei allem Unrecht, dass sie unter diesen Umständen haben anrichten müssen, in ihrer bloßen Existenz in Frage gestellt.

Nicht, dass sie mich missverstehen. Weder spreche ich im Namen einer israelischen Regierung, noch bin ich ein Teil dessen oder habe in irgendeiner Weise Sympathie, völlig unerheblich, ich will nur damit zum Ausdruck bringen, und es ist auch kein Zufall, dass alle Politikerreden und alle darüber sprechen die Existenz des Staates Israel – jaja da sind wir natürlich dafür – warum muss ich das rhetorisch artikulieren, wenn es eine Selbstverständlichkeit ist?

Weil es keine ist!

Und das hat mit dem Verhältnis von Mehrheit und Minderheit zu tun. 


Es gibt zwei Arten von Minderheiten in der Geschichte. Wenn man sich die mitteleuropäische und die ostmitteleuropäische Geschichte anschaut, dann ist das evident, es gibt „situative“ Minderheiten, das heißt Minderheiten, die aufgrund von Grenzziehung zu Minderheiten wurden, aber selbst nicht das Gefühl haben, Minderheit zu sein, zum Beispiel die Sudetendeutschen : „Wie bitte, Minderheit, was wollen die Tschechen von uns.“ Das ist eine „situative“ Minderheit, die durch eine Konstellation eingetreten ist, aber nicht im Bewusstsein verankert ist. 

Dann gibt es „historische“ Minderheiten, sie waren immer Minderheiten, sie haben ein Bewusstsein von Minderheit, das in ihre DNA eingekerbt ist, verbunden mit Angst, verbunden mit der Befürchtung von Vernichtung. Um das abzulösen von dem Konflikt in und um Palästina und Israel, die israelischen Juden, die sich jetzt so verhalten, wie sie sich verhalten, sind eine Minderheit und die Palästinenser, die ihnen jetzt unterworfen sind, sind ein Teil einer Mehrheit - als Palästinenser, als Araber, als Muslime, sie haben zumindest das Bewusstsein einer Mehrheit. Die Zeit ist auf ihrer Seite. Und was tut die Minderheit? Die Minderheit, sie potenziert die Gewaltanwendung, um zu dem vermeintlichen Ausgleich zu kommen. 

Eine Minderheit ist sehr gewalttätig, wenn es darauf ankommt, ihre Existenz zu wahren. 

Um das deutlich zu machen, gehen wir einen Schritt weg aus dem, was jetzt in Israel geschieht, machen uns davon frei, weil hier das emotionale Investment zu stark ist, und blicken nach Syrien, ohne jetzt in irgendeiner Weise Vergleiche anstellen zu wollen, um moralische Surplus-Gewinne zu erzielen, überhaupt nicht, sondern der Distanz wegen.

In Syrien, das von einem sogenannten Bürgerkrieg geplagt ist, der ja gar kein Bürgerkrieg ist. Eine Koalition von Minderheiten ist an der Regierung, Alawiten, Schiiten, Ismaeliten, griechisch-orthodoxe Christen, und wer steht ihnen gegenüber, eine sunnitische Mehrheit. Kaum ein Flüchtling, der aus Syrien nach Deutschland gekommen ist, ist nicht sunnitischer Herkunft oder Zugehörigkeit. Und die Minderheiten – ohne es zu rechtfertigen, nur um es zu verstehen – haben das Gefühl, dass sie kurz vor einer Ausrottung stehen, wenn sie sich nicht entsprechend verhalten. 

Zurück zu unserem Ausgangspunkt 1948, das „Jüdisches Dreieck“, so würde ich das nennen. Staatsgründung, universelle Deklaration der Menschenrechte und Genozidkonvention treten brutal auseinander, ich denke, dass hier Fragen aufgeworfen werden, die zum Herzstück von internationaler Regulierung gehören, Menschenrechte individuell – ja – aber was ist mit dem kollektiven Schutz jenseits von Staatlichkeit? Wie weit geht er, wie weit reicht er, wer ist dafür zuständig? 

Da hängen Demokratie und Demographie auf das Engste zusammen. Ich kann mich immer demokratisch äußern, aber wenn ich ein Problem demographischer Art habe, dann stehen andere Dinge in Frage, und vielleicht zu guter Letzt natürlich das Herzstück der Frage der heutigen Zusammenkunft: Deutschland und seine im Jahr 2008 durch die vormalige Kanzlerin Angela Merkel erklärte „Staatsräson“. Woraus ist dies erwachsen? Weil Israel ein Teil Deutschlands ist?  Vielleicht ahnte die Kanzlerin intuitiv, was sie nicht wusste, ich verweise auf unser Vorgespräch, die vier Nachfolgestaaten. 

Man könnte sogar noch weiter gehen, das werfe ich nun in die Diskussion: Das Grundgesetz, dessen 75jähriges Bestehen wir jetzt gerade begehen, hat eine Präambel. Diese Präambel ist natürlich verschriftlicht – aber vielleicht hat das Grundgesetz eine Präambel hinter der Präambel, die nicht verschriftlicht ist. Nämlich, jene Staatsräson, von der wir nicht wissen, was sie bedeutet, die  aber zumindest so etwas wie eine Verbindung und Verknüpfung zur Vergangenheit hat – das gab es übrigens immer in der Bundesrepublik, Bonn ist nicht Weimar, alles Mögliche an Formulierungen verwies auf die Vergangenheit, aber ja es gibt durchaus praktische Dinge, die wahrscheinlich viele hier im Raum für nicht so angenehm halten werden würden, Deutschland hat für Israel strategisch sehr viel getan, nicht, was die Bundeswehr angeht - die ja in dem Sinne wie wir spätestens heute wissen, nicht unbedingt die Truppe ist, die wir uns wünschen würden angesichts der Gefahren und Gefährdungen, die uns drohen -, aber Deutschland lieferte an Israel U-Boote. Diese U-Boote sind atomar bestückt und sie verschaffen Israel, weil es ein kleines Land ist, so etwas wie eine strategische Tiefe im Meer für eine Zweitschlagkapazität, also so ganz ohne ist diese Staatsräson nicht!

Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass die Verantwortung - und ich bin nicht befugt darüber zu befinden, wie weit sie trägt, wie tief sie ist - aber wir sollten davon ausgehen, dass es etwas gibt, was unter Umständen außerhalb unserer Fähigkeit zur Regulierung, zur Manipulation, zur Erfindung, zur Hegung liegt. Was auch immer es ist, es gibt so etwas, wie diese Vergangenheit. Ich würde jedem und uns allen wünschen …, aber ich kann  auch in der ersten Person sprechen: Mir wäre es am liebsten gewesen, man hätte die Vergangenheit hinter sich gelassen, aber das Drama ist - dafür kann ich ihnen genügend Beispiele vortragen -, dass diese Vergangenheit einem bei allen Befreiungsversuchen immer wieder in den Rücken fällt, das heißt, ihre Dauer steht jenseits unserer physisch-biologischen Existenz und das gilt für alle an diesem Prozess oder an diesem Ereignis beteiligten Kollektive. Die Zeit zwischen 1933 und 1945, 1939 und 1945, 1941 und 1945, oder – den Holocaust ganz eng nehmend - zwischen 1942 und 1944, eine kurze Zeit, diese Zeit zieht einen derartigen Zeitstau nach sich, dass es die Vorgeschichten und die Nachgeschichten in ihren Sog zieht.

 

 

Vortrag bei den 55. Römerberggesprächen am 25. Mai 2024 im Schauspiel Frankfurt. Das vollständige Programm finden Sie unter www.roemerberggespraeche-ffm.de.
Verschriftung: Andrea Pollmeier

Erstellungsdatum: 04.09.2024