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Wie Helen Mirren DIE QUEEN zur Filmheldin macht

Ein Herz und eine Krone

Marli Feldvoß


Helen Mirren. Foto: Harald Krichel. wikimedia commons

Schon ihre Familiengeschichte wäre Stoff für einen Film. Helen Mirren stammt in direkter Linie vom russischen Feldmarschall Graf Michail Kamenski ab, ihr aristokratischer Großvater floh vor der russischen Revolution nach England, wo ihr Vater dann sein Geld als Taxifahrer, Musiker und Fahrlehrer verdiente. Sie selbst wurde die große Schauspielerin die sie von Kind an sein wollte und verkörperte genial die Königinnen Elisabeth I. und II.. Marli Feldvoß hat die vor kurzem 80 Jahre alt gewordene Helen Mirren in Stephen Frears‘ Film THE QUEEN gesehen.

 

Das Königliche oder auch das Imperiale hat Jahrzehnte nach Sissis Tränental wieder einmal Konjunktur im Kino. Dazu mögen die wuchernden Celebrity-Magazine das Unterfutter hergeben, das fade Gefühl des anything goes, die stille Sehnsucht nach dem irgendwie Erhabenen, die mit einem Zuckerpüppchen à la Marie Antoinette oder aber mit einem Folterknecht im Schottenröckchen à la Idi Amin abgespeist wird – wie im demnächst anlaufenden Film THE LAST KING OF SCOTLAND, der um den Menschenschlächter aus Uganda und seinen schottischen Leibarzt kreist. Durchaus passend zum Trend kommt Stephen Frears‘ THE QUEEN ins Kino. Aber das Dokudrama, das leger und im Alltagslook daherkommt, bemüht sich, anders als die anderen, ernsthaft um Authentizität und Wahrheit und hat wenig zu tun mit Pop-Absolutismus, Cremetörtchen-Dynastie oder ungehörigen „Liebesbriefen“, wie dem, den Idi Amin ausgerechnet an die Queen gerichtet haben soll: „Dear Liz, if you want to know a real man, come to Kampala.“

Von der wirklichen Queen ist bekannt, dass sie nur sehr selten in der Öffentlichkeit geweint hat – die Fama berichtet von Tränen bei der Stilllegung der königlichen Yacht „Britannia“ 1997 oder dem Tod der Mutter 2002. Dass Elizabeth, euphemistisch gesagt, nicht zu Gefühlsausbrüchen neigt, weiß jeder Brite, das wussten auch Regisseur Stephen Frears und sein Drehbuchautor Peter Morgan. Deshalb muss man als Zuschauer gut aufpassen, um die einzige Träne, die sie in ihrem Film vergießt, nicht zu verpassen. Es ist der Augenblick, als sie – allein und sichtbar verzweifelt – irgendwo in den Highlands mit ihrem Landrover in einem Bergbach gestrandet ist. Schon das wirkt wie eine Metapher aus Märchenbuch oder Kitschroman. Aber dann erscheint – wie aus dem Nichts – auch noch ein Prachthirsch, als würde nun das innere Drama der Königin in Tiergestalt daherkommen. Diana, Jägerin und Gejagte in einem. Und das stolze Tier wird natürlich im Film wie im Leben erlegt werden – von den Touristen, die sich übers Wochenende im Nachbarschloss eingemietet haben.

Erstellungsdatum: 30.07.2025