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Jason deCaires Taylors "Museo Atlantico" vor Lanzarote

Europas erstes Unterwasser-Skulpturenmuseum


"Das Floß von Lampedusa", Foto: Jason deCaires Taylor

Auf dem Meeresgrund vor Lanzarote erschafft der britische Künstler Jason deCaires Taylor eine außergewöhnliche Serie von Unterwasserkunstwerken: Betonfiguren, die verzweifelte Flüchtlinge und Selfie-knipsende Touristen darstellen, während sie langsam von Meereslebewesen besiedelt werden.

Jason deCaires Taylor sinkt schnell. Unten, 15 Meter unter der Meeresoberfläche, steht eine Schar unverkennbar menschlicher Gestalten reglos da. Es ist gespenstisch still, wenn man von den Fischschwärmen absieht, die sich durch diese neu angekommene versunkene Gesellschaft schlängeln. Taylor hat diese Skulpturen in Europas erstem Unterwassermuseum, dem Museo Atlantico auf Lanzarote, unter Wasser gesetzt. Unter der Wasseroberfläche ist das "Floß von Lampedusa", ein skulpturales Boot mit 13 Flüchtlingen an Bord, gerade noch sichtbar, als es zu Wasser gelassen wird. Taucher umringen es, aufblasbare Bojen halten es fest, während Taylor mit einem wasserdichten Klemmbrett darauf wartet, es in seinem neuen Zuhause zu platzieren.

Taylors "Floß von Lampedusa" – eine moderne Version des Gemäldes "Das Floß der Medusa" von Théodore Géricault aus dem Jahr 1818 – wird bald von anderen Statuen auf dem Meeresgrund begleitet werden: ein gesichtsloses Paar, das ein Selfie macht, Menschen, die an ihren Telefonen kleben, andere, die ein iPad in der Hand halten oder Kameras ausrichten. Alle – das Boot und seine Passagiere, die "Instagram-Generation" - werden auf eine Mauer zusteuern, den Eingang zu einer Stadt und den Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt. Dahinter liegt ein menschlicher botanischer Garten – fantastische Hybride aus Menschen und Pflanzen, die aus der Flora und Fauna von Lanzarote stammen. Mit Plänen für einen Unterwasserspringbrunnen, Beleuchtung und einen riesigen Spiegel, der einen "Pool" im Meer reflektiert, strebt Taylor mit dieser zum Nachdenken anregenden Reise eindeutig etwas Episches an.


"Vicissitudes", Grenada, Foto: Jason deCaires Taylor

Es handelt sich nicht um die erste Unterwasserinstallationen des Künstlers. Die schuf er im Jahr 2006 mit der Arbeit "Vicissitudes", einen Ring aus Schulkindern, am Rande eines Meeresbodens in der Molinière Bay auf Grenada aufstellte. Dieses Werk trug maßgeblich zur Schaffung eines geschützten Meeresparks bei und ist nun als eines der 25 Weltwunder von National Geographic aufgeführt. Danach versenkte er auf den Bahamas die größte Unterwasserskulptur der Welt, den 40 Tonnen schweren, 16 Fuß langen "Ocean Atlas", der nahe der Oberfläche steht und das Gewicht des Wassers trägt. Im Jahr 2015 zauberte er mit "The Rising Tide" vier "Reiter der Apokalypse" in die Themse in der Nähe der Houses of Parliament, wobei die Köpfe der Tiere - aus Ölquellen gegossen - nur bei Niedrigwasser in vollem Umfang sichtbar sind.

 


"Silent Evolution", Musa, Mexico, Foto: Jason deCaires Taylor

Taylor ist britischer Künstler, Bildhauer und Fotograf, Taucher und Naturforscher. Man kann durchaus sagen, dass er so etwas wie ein Pionier ist. Sein bisher größtes Werk - und das bisher einzige Unterwassermuseum der Welt - ist das "Museo Subacuático de Arte" (Musa). 26 Fuß unter der Karibik in Cancun, Mexiko, wurde das Werk "The Silent Evolution", das aus fast 500 Statuen besteht, von Einheimischen aus dem nahe gelegenen Fischerdorf Puerto Morelos gegossen. Unter den Figuren hält eine schwangere Frau ihren geschwollenen Bauch, ein Kind umklammert eine kleine Tasche; der Fischer Joachin erhebt seinen Kopf in den Himmel. Mittlerweise sind diese Abgüsse zum Leben erwacht und mit Algen und Korallen überzogen. Alles gute Anzeichen für ein gesundes, blühendes Riff.

Erstellungsdatum: 08.08.2024