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CD-Besprechung

Fern jeder Beliebigkeit

Andrea Richter


Wallis Bird & Spark, Pressefoto: Gregor Hohenberg

Zwischen Spark und Bird hat es gefunkt. Das Kammermusik-Ensemble, das sich selbst als klassische Band bezeichnet, und die irische Singer-Song-Künstlerin Wallis Bird haben ein großartiges, überraschendes Album eingespielt: „Visions of Venus“. Der Titel ist Programm. 18 Stücke von Komponistinnen aus nahezu einem Jahrtausend. Bestechend sind neben der Auswahl der Stücke die Arrangements und vor allem das hohe künstlerische Niveau, in dem sich vermeintlich Unzusammengehörendes von Epochen, Stilen und Genres vereinen, meint Andrea Richter.

 

„Now the revolution is here, look up boys …” rockt Wallis Bird im ersten, Titel gebenden Song, den sie selbst geschrieben hat.  Spark fungiert hier als Band der Heute-Zeit. Der Sprung zurück in die Gregorianik zu Hildegard von Bingens „O virtus sapienetiae“ (Oh Kraft des Wissens) aus dem 12. Jahrhundert entfaltet mit seiner Ruhe umso unglaublichere Wirkung. Von Bingen hat seinerzeit lediglich die Noten der Singstimme notiert. Wallis arrangierte das Stück für Spark so, dass eine Flöte sie ohne Worte übernimmt und das Ensemble die sphärische Untermalung gestaltet. In der Komposition „A Mirage“ von der Verfechterin der Frauenemanzipation in den USA, Amy Beach (1876-1944), verwandelt sich die Rockröhre des ersten Songs in eine zarte Liedsängerin mit klassischer Ensemblebegleitung, um als nächstes eine herrlich swingende Cover-Version von Billie Holidays „Now or never“ und Björks „Oceania“ hinzulegen.  „Sicilienne“ heißt die populärste Komposition der blinden und in der Zeit der Wiener Klassik prominenten Klaviervirtuosin Maria Theresia von Paradis (1759-1824). Und so geht der Zug durch die weibliche Musikgeschichte weiter. Natürlich fehlen auch so berühmte Namen wie Clara Schumann, Fanny Hensel, Tori Amos, Janis Joplin u.a. nicht, genauso wenig wie die hierzulande weniger bekannte, einzige Frau der „Groupe des Six“, Germaine Tailleferre, oder Isabella Leonarda aus der Zeit des italienischen Barocks.

Aus gutem Grund sind die sechs Künstler:innen von Spark & Wallis Bird mit ihrem Programm „Visions of Venus“ von renommierten Klassik-Festivals eingeladen (Rheingau, Schleswig-Holstein, Heidelberger Musiksommer, etc.) worden, denn es macht wirklich Freude, ihnen bei bisher so noch nicht Gehörtem zu lauschen und vor allem so manche weitgehend unbekannte Komponistin zu entdecken.


Trailer Visions of Venus

Wallis Bird  & Spark
Visions of Venus

CD & Vinyl
Erschienen im April 2024
bei Neue Meister

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Erstellungsdatum: 23.07.2024