Für alle, die nicht live dabei waren

Alle Spannungen im menschlichen Miteinander kreisen letztlich um Grenzen. Territoriale Linien, an denen sich Kriege entzünden; Belastungsgrenzen im Beruf und in der Care-Arbeit; Grenzen des Wachstums in der Wirtschaft; körperliche Leistungsgrenzen; persönliche Grenzen, die unsere Identität und Autonomie schützen, aber auch durchlässig bleiben müssen, damit wir unsere Komfortzone verlassen und miteinander in Beziehung treten. Und dann ist da noch die Sprache – jene Grenze, die zugleich unser größter Möglichkeitsraum ist. Ludwig Wittgenstein sah in ihr die eigentliche Schwelle unserer Welt. Wir denken nur so weit, wie unsere Begriffe reichen, unsere Imagination wächst nur, wo einige den Mut aufbringen, den kollektiven Begriffshaushalt zu hinterfragen und zu erweitern. Es zeigte sich erneut, dass Literatur genau das tut. Sie überschreitet in ihren sich ständig neu formierenden Textgestalten vermeintliche Sicherheiten und verhandelt dabei die Verschiebung, Aneignung und Verfestigung von Welt. 

Moderiert von Leon Joskowitz, Miryam Schellbach, Alexandru Bulucz, Aileen Schneider, Antigone Akgün, Aristotelis Agridopoulos, Shirin Sojitrawalla, Annegreth Schilling und Valeria Hänsel.

„Wenn Grenzen sich öffnen, war das lange mit der Vorstellung von Freiheit verbunden. Wie sehr sich das verschiebt, macht das Frankfurter Literaturfestival Textland unter der Programmleitung von Ulla Bayerl deutlich, das Erzählen „Über Grenzen“ zum Leitmotiv hatte. Sicherheit, Angst und Armut waren dominierende Stichworte in den Lesungen und Podiumsdiskussionen der 23 Autorinnen und Autoren, die am Wochenende dabeiwaren.“ (Frankfurter Rundschau)