Deutschen Romantik-Museum
Zum 250. Geburtstag Caspar David Friedrichs zeigt das Freie Deutsche Hochstift eine besondere Kostbarkeit seiner Sammlungen: In seinem wohl berühmtesten Brief bezog der Maler im Januar 1809 Stellung zu dem öffentlichen Disput, der um sein Gemälde „Das Kreuz im Gebirge“ entstanden war. Der scharfen Kritik, der Bild und Künstler ausgesetzt waren, antwortetet er mit einer Verteidigungsrede, die wie eine Grundsatzerklärung romantischer Kunst anmutet.
In diesem persönlichen Brief an seinen Freund, Johann Karl Hartwig Schulze, bezog Friedrich auf zwölf Seiten Stellung in einem Skandal, den sein Gemälde „Das Kreuz im Gebirge“ Ende 1808 ausgelöst hatte. Gegen jede Regel hatte der Maler eine Landschaft zum Altarbild erhoben - ein unerhörter Akt. Kurz darauf publizierte der fassungslose Kammerherr Basilius Freiherr von Ramdohr eine vernichtende Kritik, die wiederum Friedrichs Verteidiger zu Gegenreden veranlasste.
Der öffentlich geführte Disput ging als Ramdohrstreit in die Kunstgeschichte ein. Es manifestierte sich hier zu einem bestimmten Zeitpunkt, an einem bestimmten Bild ein elementarer Umbruch, nicht schleichend, sondern abrupt. Friedrichs Brief ist ein Kernstück des Streites, der 1809 um die Freiheit der Kunst und das Selbstverständnis des Künstlers entbrannte und kann als ein Manifest romantischer Malerei gelesen werden.
Er versetzt uns direkt an die Seite des Malers, der seine Gedanken aufgewühlt und ernsthaft zugleich zu Papier brachte.
Ramdohrs Polemik schadete ihm nicht, sie verbreitete vielmehr seinen Ruf und bot den Fürsprechern Gelegenheit, die Überzeugungen einer jungen romantischen Kunstbewegung zu formulieren und zu publizieren. Doch traf der Angriff Friedrich spürbar. Sein Brief ist nicht impulsiv, eher gut überlegt und geordnet. Friedrich gesteht formale Mängel seines Gemäldes ein, besteht aber in Fragen zu den Grundlagen eines Kunstwerkes vehement auf seinen Überzeugungen. Bei allem Bemühen um Haltung aber zeigt der Brief Emotionen: Friedrich nimmt sich immer wieder zurück, er ist verletzt, wird zornig, ironisch, traurig und wieder energisch. Selten kommt man ihm so nahe wie beim Lesen dieses Briefes, der hier im Kontext der aufgewühlten Debatte gezeigt wird.
Das Freie Deutsche Hochstift erwarb den Brief im Jahr 1962. In der Ausstellung ist er im Original in einer Vitrine zu sehen. Da er beidseitig beschreiben wurde, lohnt es sich zweimal zu kommen: am 10. Oktober werden die Blätter umgedreht und die Rückseiten gezeigt.
Eine Transkription über der Vitrine macht Friedrichs berühmten Brief auch heute lesbar. Außerdem sind in einem Heftchen die einzelnen Briefbögen den Transkriptionen seitengenau gegenübergestellt, so dass man in Ruhe versuchen kann, Friedrichs feine Handschrift selbst zu entziffern. Schließlich kann man sich den Brief auch vorlesen lassen: der Schauspieler Stefan Wilkening hat ihn für die Ausstellung eingelesen.
Ich war sehr begeistert von dieser kleinen, aber sehr feinen Ausstellung und der immer noch sehr aktuellen Auseinandersetzung „was Kunst darf und was ein Künstler ist“.
Bildbeschreibung:
„Auf dem Gipfel eines Felsens steht, hoch aufgerichtet, das Kreuz, umgeben von immer grünen Tannen, und immer grüner Epheu umwindet des Kreuzes Stamm. Strahlend sinkt die Sonne, und im Purpur des Abend roths leuchtet der Heiland am Kreuz."
Weihnachten 1808 räumte Caspar David Friedrich sein Atelier aus, stellte auf einem Tisch mit schwarzer Decke ein einziges Bild aus und verreiste.
Freunde hatten ihn gedrängt, das ungewöhnliche Werk öffentlich zu präsentieren. Das großformatige Gemälde hat einen geschnitzten Rahmen, der es mit Palmwedeln, Engelsköpfen, Stern, dem Auge Gottes, Wein und Ähren eindeutig christlich fasst. Die Malerei jedoch zeigt keine biblische Szene, sondern eine Landschaft: Auf einem steilen Felsen, umgeben von Tannen und Fichten, ragt ein Kruzifix in den Abendhimmel.
Die Sonne ist hinter dem Berg untergegangen, ihre letzten schragen Strahlen erleuchten noch die Christusfigur, während der Vordergrund im Gegenlicht bereits dunkel ist. Die Szene ist reduziert auf Felsen, Bäume, Kreuz und Himmel, die Malerei aber ist fein und detailreich. Jede Tanne hat ihren eigenen Charakter, der Berg zeigt Moss, Flechten und Scharten, das Licht liegt fein auf der Figur und der Himmel geht vom hellen Gelb am Horizont in ein geflammtes Dunkelrot über. Das Bild löste einen Eklat aus. Eine Landschaft zum Gegenstand eines Altarbildes zu machen war bis dahin unvorstellbar. Friedrich vermischte die Kunstgattungen in einer Weise, die von den einen als skandalöse Respektlosigkeit, von anderen als Befreiung empfunden wurde. Das Kreuz im Gebirge, eines seiner ersten Ölbilder, machte Friedrich berühmt. Die heftige Kontroverse, die das Bild hervorrief, zeigt, wie leidenschaftlich 1809 in der Kunst um die aufkommende Romantik gestritten wurde.
29.08. – 20.11.2024
Herr Friedrich wird zornig
Eine Ausstellung im Gemäldekabinett
Erstellungsdatum: 24.09.2024