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Die Illustratorin und Autorin Erna Pinner

Ich reise durch die Welt

Barbara Weidle


Erna Pinner. Zeichnung nach einer Fotografie um 1925 © Textor

„Heinrich Simon hat mir erzählt, Sie seien schön, Künstlerin und Jüdin, – wann kann ich Sie treffen?", heißt es in Kasimir Edschmids erstem Brief an Erna Pinner. Was folgt, sind zwanzig Jahre gemeinsamer Reisen durch die halbe Welt nach Afrika, Südamerika, Italien, die Erna Pinner mit ihrer Kamera und in Zeichnungen festhält. 1935 flieht Erna Pinner vor den Nationalsozialisten nach London und muss ganz neu anfangen. Barbara Weidle hat die Künstlerin und Weltreisende porträtiert.

 

Erna Pinner studierte Malerei am Städelschen Kunstinstitut Frankfurt, bei der Frankfurter Künstlerin Ottilie W. Roederstein, bei Lovis Corinth in Berlin und an der Académie Ranson, Paris, bei Maurice Denis, Felix Vallotton und Paul Sérusier. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs kehrte sie nach Frankfurt am Main zurück und schuf in den Kriegsjahren beinahe lebensgroße Groteskpuppen. Gleichzeitig begann sie, Tierskizzen im Frankfurter Zoo zu machen und Kostüme und Bühnenbilder zu entwerfen. In den 1920er Jahren reiste sie mit ihrem Lebensgefährten Kasimir Edschmid durch Frankreich, Italien, Griechenland, Korsika, Palästina, Ost- und Südwestafrika und Lateinamerika. Ihre Illustrationen erschienen in den Reisebüchern Kasimir Edschmids sowie Illustrierten und Tageszeitungen. Auch eigene Texte publizierte sie in Illustrierten und Zeitungen. Ein eigenes Reisebuch veröffentlichte Pinner 1931 im Erich Reiss Verlag, Berlin. 1935 musste sie als Jüdin Deutschland verlassen. Sie emigrierte nach London, wo sie Verwandte mütterlicherseits hatte. Dort baute sie sich unter schwierigen Bedingungen eine neue Existenz als Illustratorin von populärwissenschaftlichen Büchern auf, vor allem über Tiere. 


Dammwild (Originaltitel), 1924, mit Kreide kolorierte Lithografie auf Büttenpapier (Schenkung Estate of Erna Pinner, © Jüdisches Museum Frankfurt)

 

Durch ihren Verleger Erich Reiss traf sie 1931 Gottfried Benn, mit dem sie eine tiefe, aber wegen seiner vorübergehenden Sympathie für den Nationalsozialismus unterbrochene Freundschaft verband. Ihr Buch Ich reise durch die Welt, das im selben Jahr veröffentlicht wurde, zieht gewissermaßen ein Resümee ihres Unterwegsseins in der Welt, das durch den aufziehenden Nationalsozialismus ein jähes Ende fand. 1932 schrieb Pinner einen Beitrag in der Kölnischen Zeitung, „Die Männer als starkes und schwaches Geschlecht“, der ihre frauenemanzipatorische Grundhaltung deutlich macht.

Im Oktober 1935 verließ Erna Pinner Frankfurt am Main, ihr Atelier, ihr altes Lebe, um sich in London in Sicherheit zu bringen vor den Verfolgungen der Nationalsozialisten. Mitnehmen konnte sie nur Papierarbeiten, Kleinformatiges, Fotografien und Bücher. Ihr frühes Werk musste sie zurücklassen. Es sollte bei einem Bombenangriff auf ihr Elternhaus in der Bockenheimer Landstraße zerstört werden. Ihre Beziehung zu Kasimir Edschmid, der als deutschsprachiger Autor nicht nach England emigrieren wollte, zerbrach. Dennoch blieben beide einander lebenslang in Freundschaft verbunden. 

Erna Pinner
Curious Creatures
Seltsame Geschöpfe der Tierwelt
Mit einem Nachwort von Barbara Weidle

320 S., geb., 13 x 20,5 cm
ISBN 978-3-8353-7565-9
Weidle Verlag, Wallstein, Göttingen 2022

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Erstellungsdatum: 12.07.2025