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Wie ein Film verrissen wird, der noch gar nicht zu sehen ist.

Moi non plus

Claus Leggewie


Charlotte Gainsbourg and Jane Birkin at the inauguration of the Jardin Serge Gainsbourg in Paris. wikimedia commons

Seit Tagen hält die Kontroverse unvermindert an. Ist die Schauspielerin Charlotte Gainsbourg, die sich als Verteidigerin Israels präsentiert, würdig, in einem Film die 2020 verstorbene Anwältin Gisèle Halimi zu spielen, die sich für die palästinensische Sache einsetzte? Ist denn die Idee einer friedlichen Koexistenz zwischen Juden und Palästinensern in Verruf geraten? Ein schönes Thema für eine Debatte, wenn beide Seiten miteinander sprechen würden. Claus Leggewie hat sich Gedanken dazu gemacht. 

 

Es gibt ein Foto von Jane Birkin und Serge Gainsbourg von einem gemeinsamen Aufenthalt in Rom in den 1970er Jahren. Der Skandal, den sie zuvor mit ihrem Chanson „Je t’aime, moi non plus“ verursacht hatten, war verraucht. Viele hatten sich über ein Liedchen echauffiert, das mit ziemlicher Deutlichkeit ein Paar beim Beischlaf simulierte und als Gaudeamus igitur der sexuellen Jugendrevolution galt: Der Vatikan erreichte die Zensur bei italienischen Sendern, es folgten Schweden und Spanien, was den Verkaufserfolg der im Februar 1969 herausgekommenen Single jedoch nicht minderte, die es weltweit unter die Top Ten schaffte. Gainsburg starb 1991, Birkin 2023.

1971 war ihre gemeinsame Tochter Charlotte Gainsbourg zur Welt gekommen. Ein halbes Jahrhundert später wurde sie nun die Zielscheibe eines ganz anders gepolten Skandals, der zeigt, wie der Staffelstab der Skandalisierung von konservativen Sittenwächtern an Apostel politscher Korrektheit übergeben worden ist. Die ihrer Mutter Jane ähnelnde Schauspielerin soll die Hauptrolle in einem Biopic über die in Frankreich als Ikone des Feminismus berühmte Anwältin Gisèle Halimi übernehmen. Halimi, 1927 in Tunesien geboren und 2020 in Paris verstorben, wurde 1972 durch die Verteidigung junger Frauen berühmt, die abgetrieben hatten; sie erreichte ihren Freispruch, der „Prozess von Bobigny“ ging als Fanal der Liberalisierung der Abtreibung durch das „Loi Veil“ 1975 in die Geschichte der Frauenbewegung ein.

 

 

 

Erstellungsdatum: 03.11.2025