Festival Stuttgart
Die dritte und finale Ausgabe des SPOKEN ARTS FESTIVALS vom 14. bis 19. November 2024 führt eine Trilogie zu Ende, die bereits den Bogen spannte von den 1920-er Jahren über Exil und Widerstand von 1933 bis 1945. Nun findet sie ihren Abschluss mit der Zeit ab dem Zusammenbruch des NS-Regimes bis Mitte der 60-er Jahre und dem ersten Auschwitz-Prozess.
Mastermind hinter der ambitionierten Epochenerzählung ist der Regisseur und Festivalmacher Joachim A. Lang. 2024 scheint sein Jahr zu sein, denn mit Führer und Verführer sowie Cranko hat er aktuell gleich zwei viel beachtete und von der Kritik hochgelobte Kinofilme am Start. Von den Synergien profitiert im Übrigen auch das SPOKEN ARTS FESTIVAL. Schließlich gibt es signifikante Überschneidungen in der Riege der Darsteller*innen, allen voran Robert Stadlober (Joseph Goebbels) und Franziska Weisz (Magda Goebbels).
Das Line-Up 2024 komplettieren Iris Berben, Christian Brückner, Claudia Michelsen, Hanna Plaß, Kammersänger Matthias Klink, Peter Kurth, Kida Khodr Ramadan, Albrecht Schuch, Thomas Thieme und viele andere. Sie alle wollten sich die Chance nicht entgehen lassen, Teil dieses singulären Festivalprojekts zu sein: das Wort in Verbindung zu setzen mit den performativen Schwesterkünsten Musik, Tanz und Theater. Gegossen in Programme, die als Uraufführungen sämtlich für SPOKEN ARTS entwickelt wurden. Die Formate reichen von Revues, Lesungen und einem Poetry Slam über Konzerte bis hin zu Tanz-Performances.
Möglich machen all dies die Förderung durch die Landeshauptstadt Stuttgart und die Baden-Württemberg Stiftung – und ein passioniertes Team. Als Veranstalter bringt die Akademie für gesprochenes Wort eine über 30-jährige Expertise und ihr spezialisiertes Sprechensemble ein.
Der künstlerische Leiter Joachim A. Lang zum Abschluss der Festival-Trias: „Die Historisierung des 20. Jahrhunderts ist in vollem Gange. Doch in einer fast schizophrenen Gegenbewegung werden die Vor- und Nachgeschichte des Nationalsozialismus immer öfter und teils auch grob vereinfachend herangezogen, um unsere eigene, krisengeschüttelte Gegenwart zu deuten. Das SPOKEN ARTS FESTIVAL lässt diese bewegten Dekaden „in ihren eigenen Worten“ lebendig werden. Und leistet damit hoffentlich einen Beitrag zur Differenzierung. Die letzte Ausgabe zur Nachkriegszeit soll einen Schlusspunkt setzen, der Mut macht. Denn das können wir uns definitiv abschauen von den 50-er Jahren: Die Dinge verbessern und voranbringen, das funktioniert nur, wenn wir nicht resignieren, sondern energisch – die Ärmel hochkrempeln!“
Das SPOKEN ARTS FESTIVAL eröffnet Resonanzräume – zwischen dem Wort und den anderen darstellenden Künsten ebenso wie zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Erdacht wurde es von Joachim A. Lang, in Zusammenarbeit mit Annikke Fuchs-Tennigkeit und Uta Kutter von der Akademie für gesprochenes Wort. Der renommierte Filmregisseur (Führer und Verführer, aktuell Cranko) und langjährige Leiter des Brechtfestivals Augsburg zeichnet als Künstlerische Leiter auch verantwortlich für das Programm. Der Fokus der ersten Ausgabe 2022 lag auf den schillernden 1920-er Jahren, in denen noch alles möglich schien, der Fokus der zweiten auf den zwölf dunklen Jahren des Nationalsozialismus. Im Dezember 2023 tauchten unter anderem Robert Stadlober, Claudia Michelsen, Nina Kunzendorf und Lars Eidinger ein in die vom Mut der Verzweiflung getragenen Werke von Autor*innen wie Mascha Kaléko, Paul Celan, Else Lasker-Schüler, Bertolt Brecht oder Lisa Fittko. Programme der ukrainischen Theatermacher Oleksandr Seredin und Stas Zhyrkov schlugen den Bogen zur heutigen Exilkunst. Den unvergesslichen, tief emotionalen Schlusspunkt setzte die Lesung der Holocaust-Überlebenden Eva Umlauf, Ernst Grube, Leon Weintraub und Eva Szepesi.
Das Festival-Triple geht nun mit der Nachkriegszeit zu Ende, genauer den Jahren ab der Kapitulation bis zu den Anfängen der NS-Aufarbeitung mit dem ersten Auschwitz-Prozess von 1963 bis 1965. Unverändert bleibt das Qualität garantierende Prinzip: der Premierencharakter in Kombination mit herausragenden Künstlerpersönlichkeiten. Denn die SPOKEN ARTS-Produktionen sind ausschließlich „Maßanfertigungen“ für das Festival, häufig entwickelt von den Künstler*innen selbst. Einige wurden nach der Uraufführung in Stuttgart erfolgreich anderswo präsentiert, so wie Robert Stadlobers Tucholsky-Abend oder Ulrich Matthes’ Lesung aus Kafkas Prozess aus der ersten Festivalausgabe 2022.
„Anmut sparet nicht noch Mühe
Leidenschaft nicht noch Verstand
Daß ein gutes Deutschland blühe
Wie ein andres gutes Land.“
Bertolt Brecht, Kinderhymne (1950)
Erstellungsdatum: 27.09.2024