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Textland: Video-Interview

Wo wollen wir hin?

Barbi Marković


Barbi Marković. Foto: Alexander Paul Englert

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Für Barbi Marković gehört Humor zum Leben und dient im Miteinander dazu, Verständnis zu zeigen: „Ich kommuniziere viel über Humor im zwischenmenschlichen Bereich, denn er bringt Entspannung in Situationen.“

 

Was bringt dich zum Lachen?

Unter anderem bringen mich meine eigenen Sätze zum Lachen. Wie mir immer wieder gesagt wird, mögen das die Leute bei meinen Lesungen. Ich breche plötzlich in Lachen aus, weil ich den Witz wieder mal gut finde. Aber ich habe mich auch schon zum Weinen gebracht. Es ist einfach so! Entweder kenne ich meine Texte zu schlecht, oder ich glaube mir, was ich erzähle. Alle Emotionen kommen wieder hoch.

 

Kommst du beim Schreiben nicht ohne Humor aus? Welche Funktion hat Humor für dich?

Ich komme im ganzen Leben nicht ohne Humor aus. Ich kommuniziere viel über Humor im zwischenmenschlichen Bereich, denn er bringt Entspannung in Situationen. Er dient auch dazu, Verständnis zu zeigen. All das passiert über Witze, Lachen und Humor. Und beim Schreiben ist es einfach die Freude an der Sprache und an Absurditäten. Manchmal benutze ich Humor, um Gesellschaftskritik zu üben. Auf diese Weise schaffe ich es, Dinge kürzer und viel schärfer anzubringen, als wenn ich ausformulieren würde, worum es geht.

 

Welchen Einfluss haben persönliche oder gesellschaftliche Krisen auf dein Schreiben?

In meinem letzten Buch mit dem Titel Piksi-Buch beschäftige ich mich mit dem, was meiner Ansicht nach in Wahrheit passiert: Persönliche Krisen sind oft mit gesellschaftlichen Krisen verknüpft. Im Buch wird das zerfallende Jugoslawien anhand zweier Fußballspiele erklärt: Die Fußballer verlieren in einem Weltmeisterschaftsturnier gegen Argentinien, und parallel dazu zerfällt das Land. Das ist zwar nicht ganz autobiographisch, aber immerhin zerfällt meine imaginäre Familie.

 

Was erwartest du von Literatur?

Ich bin nicht gerne pathetisch, deshalb sage ich, dass ich von Literatur eigentlich nichts erwarte. Es ist eine Eigenschaft von mir, nichts zu erwarten oder nichts erwarten zu wollen. Aber wenn ich ehrlich bin, bedeutet mir Literatur so ziemlich alles, sie hat mich so unglaublich weit gebracht. Schreiben ist für mich etwas Wunderbares, denn ich entdecke immer wieder, dass ich dadurch als Mensch weiterkommen kann und dass es gedankliche Sphären gibt, die ich betreten kann, die es vorher für mich nicht gab. Ich fände es großartig, wenn meine Texte etwas davon nach außen ausstrahlen und dies anderen Leuten etwas bedeuten würde. Das erhoffe ich mir von meiner Literatur. Natürlich habe ich indirekt auch von den Büchern anderer Schriftstellerinnen und Schriftsteller gesprochen, die ich rezipiert habe und die mich ebenfalls weitergebracht und mir sehr viel über Empathie gezeigt haben. Was ist fair in der Welt? Was heißt es, gut zu sein, gut sein zu wollen, aber nicht sein zu können? Was ist mit den Tieren? Wahrscheinlich habe ich alles, was ich über die Welt weiß, was nett und human ist, aus der Literatur. Auch das Brutale. Einfach alles Mögliche. Ich war relativ einsam als Kind, und da hat mir Literatur viel bedeutet. Sie hat mir quasi die ganzen Welten eröffnet, in denen ich mich bewegt habe.

 

Gibt es unpolitische Literatur?

Es gehört zu meinem Job als Autorin, zu reflektieren, was in der Gesellschaft geschieht, was daran zu kritisieren ist, und auch die Literatur, die ich mag, muss dies leisten. Es geht um Fragen wie: Wo wollen wir hin? Wo wollen wir nicht hin? Diesen Fragen nachzugehen, empfinde ich als Aufgabe der Literatur.


Erstellungsdatum: 14.05.2025