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Aktiv für Demokratie

Woche der Meinungsfreiheit

Doris Stickler


Freie Meinungsäußerung und lebhafte Debatten sind unverzichtbare Elemente einer Demokratie. Da rechtsextreme Einstellungen und KI gesteuerte Algorithmen jedoch zunehmend die Werte der freiheitliche Ordnung bedrohen, rief der Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2021 die bundesweite „Woche der Meinungsfreiheit“ in Leben. Die Geschichtswissenschaftlerin Margit Ketterle war an dem Vorstoß maßgeblich beteiligt, Doris Stickler hat mit ihr gesprochen. 

 

Die „Leipziger Autoritarismus-Studie“ rief im vergangenen November Bestürzung hervor. Wie die alle zwei Jahre erfolgende Erhebung zeigt, haben rechtsextreme, ausländerfeindliche und antisemitische Einstellungen zugenommen. Die Wertschätzung der Demokratie ist dagegen deutlich gesunken. Nur noch knapp 46 Prozent der Bürger:innen sind mit der freiheitlich-demokratischen Ordnung  zufrieden. In den ostdeutschen Bundesländern betrug die Zustimmung sogar nur noch 30 Prozent. Die Forschenden werten die Ergebnisse als „Gefahr für das stützende Fundament der Demokratie“. Sie halten es für „nicht ausgeschlossen, dass auch hierzulande das demokratische System durch autoritäre Elemente eingeschränkt werden könnte“.
 
Diese Befürchtung treibt auch Margit Ketterle um. Zumal ihr klar ist, dass demokratische Grundwerte wie Meinungsvielfalt, der Zugang zu faktengestütztem Wissen oder eine kompromissfähige Streit- und Debattenkultur „keine Selbstverständlichkeiten“ sind. Angesichts des wachsenden Zuspruchs für rechte und rechtsextreme Ansichten hält die Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Freedom of Expression die „Bewahrung der Meinungsvielfalt für eine der wichtigsten Aufgaben der Gegenwart“. Wesentlich sei, hierbei „an der Basis zu beginnen und mit fundierten Informationen und Erkenntnissen Sinnzusammenhänge zu stiften“.
 
„Wir dürfen die Wissensvermittlung nicht profitorientierten und von Künstlicher Intelligenz (KI) gesteuerten Algorithmen überlassen, die die Realitätswahrnehmung zerstören“, bringt die langjährige Programmmacherin in deutschen Verlagen eine folgenschwere Schwachstelle unserer Zeit auf den Punkt. In den USA oder Deutschland hätten die letzten Wahlkämpfe deutlich vor Augen geführt: „Das Geschäftsmodell der sozialen Medien ist die Polarisierung. Sie haben die Grundlagen der Informationsvermittlung auf den Kopf gestellt.“ Auf dieser Schiene fahre hierzulande vor allem die AfD. Die Partei behaupte, man dürfe in diesem Land nicht mehr alles sagen und kapere das Thema Freiheit. „Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen“, appelliert Margit Ketterle.
 
Mittlerweile im Ruhestand ist die Germanistin und Geschichtswissenschaftlerin seit mehr als 20 Jahren ehrenamtlich im Börsenverein engagiert und war maßgeblich daran beteiligt, 2021 die bundesweite „Woche der Meinungsfreiheit“ auf den Weg zu bringen. Der zwei Jahre später gegründeten Stiftung Freedom of Expression, die sich auf gesellschaftspolitische Aktivitäten rund um das freie Wort und Demokratie konzentriert sowie die Finanzierung der Aktionswoche sichert, ist sie ebenfalls von Anfang an aktiv. In der aktuellen politischen Lage hält es Margit Ketterle für „wichtiger denn je, den an vielen Stellen gefährdeten demokratischen Konsens zu erhalten“. Das mache die Aktionswoche schon mit ihrer zeitlichen Verortung deutlich: sie erstreckt sich jedes Jahr vom 3. Mai, dem Internationalen Tag der Pressefreiheit bis zum 10. Mai, dem Jahrestag der Bücherverbrennung.
 
„Es ist großartig, dass die Woche der Meinungsfreiheit immer mehr Beachtung findet, denn die Meinungsfreiheit selbst wird immer weniger geachtet.“ Selbst in der Kulturbranche nimmt nach Beobachtung von Margit Ketterle das „Schwarzweißdenken“ zu. Umso mehr begreift sie die Aktionswoche als ein wichtiges Forum, das mit vielfältigen Programmbeiträgen die komplexe Gemengelage deutlich mache und die Breite der Gesellschaft erreiche. Seit einigen Jahren steige die Neigung, die „eigene Meinung als Teil der eigenen Identität zu definieren“. „Wird sie abgelehnt, führt das zu Feindschaft und zum Verlust der Dialogfähigkeit.“



 
An der „Woche der Meinungsfreiheit“ ist ein Bündnis von mehr als 70 Partnern beteiligt. 2021 ins Leben gerufen und dieses Jahr zum fünften Mal, hat sie sich als wesentlicher Bestandteil der gesellschaftspolitischen Diskussion etabliert. Mit rund 80 Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet wird während der Aktionswoche deutlich gemacht, welchen Stellenwert freie Meinungsäußerung und lebhafte Debatten für eine demokratische Ordnung besitzen. Initiator ist der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der gemeinsam mit der 2023 gegründeten Stiftung Freedom of Expression, der Frankfurter Agenturallianz und verschiedenen Kooperationspartnern die Aktionswoche organisiert.
 
2025 steht die „Woche der Meinungsfreiheit“ unter dem Motto „Streiten? Unbedingt!“.  
Schwerpunkt des Veranstaltungsprogramms ist dieses Mal ins Bewusstsein zu rücken, welche Bedeutung eine streitfähige Gesellschaft für eine starke Demokratie besitzt.
Detaillierte Informationen und die Frankfurter Veranstaltungsorte unter: https://woche-der-meinungsfreiheit.de/
 
 
 
 
 
 
 

Erstellungsdatum: 16.04.2025