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Stobezki, Eldad

Eldad Stobezki, 1951 in Tel Aviv geboren, lebt seit 1979 in Frankfurt am Main. Er arbeitet als Lektor, Moderator, Gutachter und Übersetzer sowie als Kulturvermittler. Der studierte Literaturwissenschaftler ist ein ausgewiesener Kenner der israelischen Literatur.

Eldad Stobezki, Foto: Alexander Paul Englert

Alle Beiträge

Aus dem Notizbuch

Bügeln, Liebe und Liebhaberei

Wer an ein Leben nach dem Tod glaubt, kann berechtigterweise bezweifeln, ob er noch lebt. Das nachzuweisen, indem man sich in den Arm zwickt, um den Schmerz zu spüren, beseitigt den Zweifel nicht. Sollte das tägliche Aufschreiben des Datums, wie On Kawara das betrieb, Gewissheit bringen? Oder schreibt er möglichweise noch immer? Eldad Stobezkis Notate zum Datumskünstler nehmen aber auch noch den Clown im Palast mit, Strippenzieher, Körperkontakte, Herzkranzgefäße und vor allem das Bügeln.

Aus dem Notizbuch

Kohlrabi und hohe Decken

Genau genommen ist jede Schrift eine Chiffre, deren Buchstäblichkeit man kennen muss, damit man sie ent-ziffern, also lesen kann. Musik dagegen wirkt unmittelbar über Luftschwingungen auf den Leib, das Nervensystem und – poetisch ausgedrückt – aufs Gemüt. Eldad Stobezki formuliert das kürzer, nachdem er über Kohlrabi, die Spinne an der Decke, das Blau und den Rhythmus nachgedacht hat.

Aus dem Notizbuch

Die persönliche Urne

Spirituosen. So nennt man geistige Getränke. Und tatsächlich gesellt sich auch der Weingeist, wenn er sich nicht als Gespenst erweist, gerne zu anderen geistigen Medien wie den Büchern. Eldad Stobezkis vagabundierende Notizen streifen Sicherungskopien, das messerscharfe Maß, den Maulbeerbaum, selbstgetöpferte Urnen, den Tod von Schmetterlingen und Menschen.

Aus dem Notizbuch

Ahle Worscht und Krinoline

Wenn er nicht aus seinem Buch liest, schreibt er eines. Eldad Stobezki notiert, was ihm widerfährt, wenn er Verständigungs- und Wahrnehmungslücken spürt, und immer wieder die Kuriositäten, die die Sprache bereitstellt. Neben der Ahlen Worscht, Kleiderfragen und Michelangelo Buonarotti, Ravel und die Empfängnis geht es um die Bedeutung des schönen deutschen Wortes „Zustrombegrenzungsgesetz“.

Aus dem Notizbuch

Mehr Kopfreisen und echte Reisen

„Erfahren“ bedeutet im Wortsinn, die Welt fahrend kennenlernen. Man sollte also meinen, wer viel reist, kann ein erfahrener Mensch werden. In der Bedeutung von „klug, bewandert“ ist das Wort seit dem 15. Jahrhundert belegt. Also vor dem Zeitalter der Motorisierung. Wie damals aber ist die Reisezeit heute so flexibel, dass wir nicht wissen, ob wir, wie Eldad Stobezki in seiner Traumreise, das Ziel noch pünktlich erreichen oder es wechseln müssen.

Aus dem Notizbuch

Paris, Leipzig und andere Reisen

Die Gefahren und Strapazen bei Hofe und im Kriege, von denen Blaise Pascal schreibt und deshalb rät, ruhig in einem Zimmer zu bleiben, um Streitigkeiten, Leidenschaften und unheilvolle Unternehmungen zu vermeiden, haben sich seit dem 17. Jahrhundert sehr verändert. Und Reisen bildet – nicht jeden Menschen. In einem Zimmer zu bleiben und in Büchern zu reisen, böte sich also an, um das Unglück der Menschen gar nicht erst entstehen zu lassen. Eldad Stobezki hat sich für mehrere Reisevarianten entschieden.

Aus dem Notizbuch

Ende Januar 2025

Dass wir verschieden groß sind, verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz und zieht gesellschaftliche Diskriminierung nach sich. Aber auch die Augenhöhe ist mit Nachteilen belastet. Das ist den Notizen Eldad Stobezkis zu entnehmen. Andere Motive, die ihn diesmal anregten, sind auch das Sterben im Dorf, letzte Bücher, Liebesbriefe, ewiges Licht, nächtlicher Reis und Vogelgezwitscher, Keramik und die neue Sachlichkeit.

Aus dem Notizbuch

2024 geht zu Ende – 2025 kommt

Erst kürzlich brach das neue Jahr aus und zwischen Urbi et Orbi und drei Königen auf der Suche schoben sich Sturmböen. Päpstlicher Segen, Böllerverbot, Elisen-Lebkuchen, Diebstahl und blinde Musiker. In seinem Notizbuch hat Eldad Stobezki gemischte Nachrichten vom Jahreswechsel gesammelt, die der Wechselhaftigkeit der Zeit entsprechen.

Aus dem Notizbuch

Das Privatleben des Ermittlers

Selbst die KI steckt voller Kuriositäten, von denen sie nichts weiß. Wir aber verständigen uns mit Sprache und wissen deshalb um die Vieldeutigkeit der Worte ‚Anziehungskraft‘, ‚Fremdenzimmer‘ oder ‚hausgemacht‘. Darin besteht das täglich Brot des Ermittlers, des Urlaubers, des Beamten oder des Bäckers in Eldad Stobezkis Notizen – sogar in Antwerpen. Oder in der Komischen Oper?

Aus dem Notizbuch

Sanremo, Gibellina

Wir entdecken zumeist das, was ohnehin unverdeckt zutage liegt, weil wir es zuvor nicht wahrgenommen haben oder die Gelegenheit dazu nicht hatten. So ist jede Entdeckung eine Bereicherung der Sinne und der Erfahrung, egal, ob es sich um den Musiker, Regisseur und Maler Franco Battiato handelt oder um Zucchini, Bohnen, einen schwarzen Erlöser oder Alberto Burris „Cretto in Gibellina“ in Frankfurt. Eldad Stobezkis Entdeckungen können auch unsere sein.

Aus dem Notizbuch

Die Zitronenblüte war schon vorbei

Das Land, wo die Zitronen blühen, lassen wir Touristen uns nicht vom Tourismus vermasseln. Dieses Land ist angefüllt mit Geschichte, Augenbalsam in Stadt und Land und wunderlichen Merkwürdigkeiten – wozu auch die Bewohner gehören. Auf seiner Reise durch Italien stößt Eldad Stobezki in Mantua auf Salomone Rossi und Kindesmissbrauch, in Rom auf MeToo im Alten Testament, in Sutri auf Horaz und in Trevignano auf Moskitos.

Aus dem Notizbuch

Krieg, Migration, Sonnenblumen

Sonnenblumen und Araber sind die Folgen einer Zurückweisung, jedenfalls, wenn man den Mythen und Legenden eine Kernwahrheit zuspricht. Eine Legende ist die Aufforderung zum interpretierenden Lesen, ein Märchen wie die Mythen. Eldad Stobezki nennt noch Migrationsverbot als Terrorabwehr, das „doch“ im Klimawandel, das Privileg der Ölsardinendose, Ökonomie für Verbraucher oder die Verwandlung der Klytia in eine Sonnenblume. Ovid schreibt: Ein Teil verneint, dass es sein kann; ein anderer erinnert daran, dass wahre Götter dazu imstande sind.

Aus dem Notizbuch

Worte, grünes Land, Falafel

Der Höhbeck, kann man lesen, ist eine saale-kaltzeitliche Stauchendmoräne inmitten der niedersächsischen Elbtalaue, mithin im Biosphärenreservat Lüchow-Dannenberg. Neben dem Erkenntnisgewinn, den man bekommt, wenn man diese Informationen nachgeschlagen hat, führen sie uns vor Augen, wohin es Eldad Stobezki verschlagen hat. Schlüge man auch noch in Haaretz, der Genesis, dem Wetterbericht, in der Geschichte der Zugtoiletten, in der Münchner Kunst und in Ovids „Metamorphosen“ nach, fände man den Kosmos dieser Notizen in nuce.

Aus dem Notizbuch

Freunde, Kirschen, Heumond

Ein Aschenbecher von einem französischen Flohmarkt, Chanel No 5 von einer deutschen Dame, Kirschkerne vom Witwer, der Mond vom Heu oder das jüdische Volk aus dem Alten Testament – die Souvenirs, die sein Gedächtnis einsammelt und sein Bewusstsein in die knappste Form bringt, hat Eldad Stobezki zwar alle notiert, ihre Bezüge untereinander stellt er erst durch ihre Auswahl her. Sie springen in die Augen oder halten sich diskret verborgen.

Aus dem Notizbuch

Wortstamm

Die Berufung ist eine göttliche Bestimmung, die nicht allen Menschen, die diese von ihrem Beruf erwarten, zuteil wird. Eldad Stobezki fand aber zwei geistliche Exemplare für diese schöne Koinzidenz und darüber hinaus die Erfahrung einer Authentizität in der Stadt Münster, wo einst die Dichterin und Komponistin Annette von Droste-Hülshoff geboren wurde.

Notizbuch. Im Lorbeerhain

Es ist Sommer

Manche binden ihn sich um den Kopf, manche werfen ihn in die Suppe. Für Eldad Stobezki muss es schon mehr vom Lorbeer geben: den Lorbeerwald als Sehnsuchtsort. In seinem Notizbuch sammelt er aber auch Wassermelonen, das Meer, Kinder im Zwielicht der Sprachen, Liebes- und Sonnenblumen, Servietten und Musik. Entweder – oder; oder beides.

Aus dem Notizbuch

Kirche und Welt

Der Überlieferung nach soll Jesus von Nazareth jüdischer Herkunft gewesen sein. Diejenigen, die dann ihr Leben nach seinem Vorbild führen wollten, reinigten aber ihre Glaubenshandlungen von allen heidnischen und jüdischen Elementen. Und die Juden warteten weiter auf den Erlöser. Eldad Stobezki fädelt die Sprüche und Widersprüche der religiösen Identitäten auf, läßt aber auch das Deutschtum, das Problem mit dem Asyl, den Konservatismus und die Kulinarik nicht liegen.