MenuMENU

zurück

Rede zum Bergener Stadtschreiberfest 2025

Zur Verteidigung der Feigheit

Beim Bergener Stadtschreiber:innenfest wird jedes Jahr der Schlüssel des Stadtschreiberhauses feierlich an die nachfolgende Person weitergereicht. Am 29. August 2025 drückte ihn Dinçer Güçyeter im Festzelt auf dem Berger Markt seinem Schreibkollegen José F. A. Oliver in die Hand. Die stets das Ritual begleitende Festrede hielt die Berliner Autorin und Aktivistin Sharon Dodua Otoo, der wir für ihre hintergründige Ode an die Feigheit danken.

 

Die Sürrealistische Revolution

Die Kräfte des Rausches

Selbst Angriffe auf Schauspieler Tristan Tzaras auf der Bühne gehörten dazu: Als permanente Revolution hat sich der Schriftsteller André Breton den Surrealismus gedacht. Schließlich hatten er und seine Mitstreiter sich von der Kodifizierung des Denkens, Schreibens, Darstellens und Handelns befreit und wollten sich nicht mit einer methodischen Festlegung erneut fesseln. Die literarischen Texte und Manifeste der „Sürrealistischen Revolution“, die zum ersten Mal vollständig in deutscher Übersetzung erschienen sind, weisen deshalb modifizierend in alle möglichen Richtungen. Ulrich Breth zeigt, dass diese künstlerische Lebensauffassung auch heute noch nicht abgetan ist.

Philippe Collins Roman „Der Barmann des Ritz“

Mörderische Besucher

Ein guter Barmann muss nicht nur Getränke so mixen können, das die Gäste wieder kommen, er muss auch ein Künstler im Umgang mit anderen Menschen sein. Wenn ein jüdischer Bartender im Pariser Hotel Ritz während der deutschen Besatzung zum Vertrauten aller wird, kommt höchste Überlebenskunst noch hinzu. Der französische Journalist und Schriftsteller Philippe Collin hat einen Roman aus Fakten und Fiktion über die historische Figur Frank Meier geschrieben. Und Rainer Erd hat ihn gelesen.

Erzählung von Dacia Maraini

Maria Callas’ Grab auf Père Lachaise

Die Bezeichnung „Diva“ für großartige Opernsängerinnen weist auf einen göttlichen Anwesenheitsanspruch: Es gehört nicht viel dazu vorauszusagen, dass dem Namen Maria Callas im kulturellen Gedächtnis eine ähnliche Bedeutung erhalten bleiben wird wie dem der frühverstorbenen Maria Malibran zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Aber während die Malibran in ihrem Brüsseler Mausoleum ruht, ward die Callas im Ionischen Meer versenkt. Doch ist ihr in Paris ein symbolisches Grab zuteil geworden, das zu finden sich die italienische Poetin Dacia Maraini auf die Suche begab.

Schreibheft Nummer 105

Drei Multitalente

Es gibt gute Gründe, sich mit der Literatur von Eric de Kuyper, Gregor von Rezzori und James Agee zu beschäftigen. Alle drei verbindet, dass sie als Tausendsassas auf irgendeine Weise auch im Filmgeschäft tätig waren und nun in einer Publikation bedacht sind. Gerade ist Heft 105 von „Schreibheft. Zeitschrift für Literatur“ erschienen, in dem auch darüberhinaus einiges Lesenswertes zu finden ist. Wolfgang Rüger ist begeistert.

Zur Evolution der poetischen Techniken

Poesie als Muskelspiel

Dass Gustave Flaubert seine Romane brüllend vorgelesen hat, wie die Brüder Goncourt verraten, oder der zeitgenössische Lyriker Jan Röhnert den Rhythmus seiner Gedichte beim Gehen findet, wie er selbst verrät, sollte uns, die wir, gewöhnlich stumm über die Schrift gebeugt, Verse in unserem Inneren aufführen, zu denken geben. Wie das Singen und Tanzen hat auch das Dichten etwa eine gestische, anstrengende, agogisch-dynamische, kurz: körperliche Komponente. Felix Philipp Ingold erinnert an den Erforscher der organismischen Poetik, André Spire.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Daniela Hivešová

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „(Ich hab mich lange vorbereitet)“ von Daniela Hivešová.

Aus dem Notizbuch

Unterwegs

Wer reif für die Insel ist, will abgeschieden sein vom Alltag, vom Dienst. Das mittelhochdeutsche urloubede, aus dem unser Urlaub kommt, bedeutete die Erlaubnis zu gehen, die Verabschiedung. Das klingt endgültig und wird gegenwärtig mit der Verabschiedung ins Rentnerdasein auch so gesehen, spätestens dann, wenn Menschen anfangen, die toten Bekannten zu zählen. Aber Eldad Stobezki auf der Insel Baltrum hat auch Sinn für Weihnachtsmärchen, Fliegen, Schildkröten und Getreide.

Der gottlose Staat

Verfassung first!

Der Staat ist ein Gebilde, das so organisiert sein will, dass niemand zu Schaden kommt. Eine repräsentative Demokratie, wie die unsere, muss Gleichheit der Chancen anstreben. Das liegt in der Verantwortung seiner Volksvertreter und Repräsentanten. Wir leben in keinem Gottes-Staat, sondern in einem Verfassungs-Staat. Es herrscht Glaubensfreiheit. Gläubige, Andersgläubige und Ungläubige müssen miteinander auskommen. Der Staat selbst aber muss gottlos sein. Es gilt, schreibt Helmut Ortner, die Grundsätze des säkularen Staates zu verteidigen.

Politik und Religion (I)

Bedrängte Natur, beschränkte Religionskritik

Der mittelalterliche Theologe und Philosoph Jean Roscelin bestand auf dem kategorialen Unterschied zwischen dem Allgemeinen und dem Konkreten, zwischen dem Unwirklichen und dem Wirklichen, zwischen Physik und Metaphysik. Das widersprach kirchlichen Dogmen und ist, wie wir heute wissen, Ausgangspunkt des säkulären Staates. Auch im 21. Jahrhundert ist der Universalienstreit noch nicht beendet. Peter Kern sieht in seinem mehrteiligen Traktat Rationalität und Metaphysik untrennbar vereint. Hier ist der erste Teil.

Der Philosoph und Poet Fuad Rifka

Fuad Rifka dichtete das Morgenland

Offensichtlich haben unterschiedliche Kulturen auch unterschiedliche Auffassung davon, was und wie wichtig Poesie ist. Jede Übersetzung ist Interpretation. Das sei ein Problem, das nicht lösbar ist, sagte der syrisch-libanesische Philosoph, Lyriker und Übersetzer Fuad Rifka: „Jeder Übersetzer muss ein Dichter sein. Denken und Dichten bauen die Brücken.“ Fuad, der zu den Erneuerern der arabischen Lyrik gehörte, verstarb am 14. Mai 2011 mit 80 Jahren. Matthias Buth stellt den Dichter mit seinen Versen vor.

Porträt der Künstlerin Inge Hergenhahn-Dinand

Gesetz der Fläche

Lange wurden Künstlerinnen von der Kunstgeschichte weitgehend ignoriert, seltener ausgestellt und seltener besprochen. Frauen aus dem Schülerkreis Max Beckmanns hatten im Vergleich mit ihren männlichen Kollegen deshalb mit erheblichen Widerständen zu kämpfen. Marion Victor porträtiert die Malerin Inge Hergenhahn-Dinand, eine Künstlerin, die sich aus der oft epigonenhaften Schülerschaft Beckmanns heraushob.

Der Garten Junot und die rebellischen Bewohner von Montmartre

Der goldene Klingelknopf

Gewachsene Gemeinschaften funktionieren oft nach anderen Regeln, als der Gestaltungswille von Stadtplanern vorsieht. Selbst oder gerade fortschrittliche Kommunalverwaltungen zwingen zuweilen Bürger zu ihrem Glück, das sie bereits selbst errungen haben. Es geht um die Kraft, die stets das Gute will, und stets das Böse, nämlich die Zerstörung, schafft. Rainer Erd war auf dem Pariser Montmartre, wo in der Avenue Junot Menschen sich zum Boule-Spiel Pétanque trafen …

Gespräch mit dem Philosophen Robert Spaemann

Nur aristokratische Seelen

Begegnungen über die Jahrhunderte mögen sich entspannt gestalten, zu ihren zeitgenössischen Kollegen aber haben Philosophen oft ein heikles Verhältnis. Da stellt sich schnell das Bedürfnis der Abgrenzung, also die Behauptung der eigenen Position ein. Als 2015 Alexandru Bulucz den Philosophen Robert Spaemann, der dann im Dezember 2018 mit 91 Jahren starb, nach seinem Selbstverständnis fragte, trat diese akademische Konkurrenzsituation zutage, aber auch Einsichten, die jetzt, nach zehn Jahren, neues Gewicht gewinnen.

Kommentar

Ich weiß, was Hunger ist

Jemanden hungern zu lassen, ist der Versuch, ihm das Leben zu nehmen. Der Name dafür ist Holodomor, im Russischen: Golodomor. Die Geschichte hat Millionen Opfer dieser Art der Menschenvernichtung verzeichnet – durch bewusstes Unterbinden der Nahrungsmittelversorgung. Ein Kommentar der italienischen Schriftstellerin Dacia Maraini macht deutlich, worum es geht.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Amanda Aizpuriete

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „(Das Land der nicht ausgetrunkenen Becher)“ von Amanda Aizpuriete.

Chantal Akerman im Gespräch mit Marli Feldvoß

Männer sind weitgehend am Ende

Mut und unabhängiges Denken sind die Voraussetzungen dafür, etablierte Regeln des Films zu ignorieren, der eigenen Intuition zu vertrauen, der Eigentendenz des Bildes, dem Gestaltungswillen und der Szene zu folgen. Das Resultat ist die Neuerfindung der Formen und damit der Filmästhetik: Am 5. Oktober vor zehn Jahren schied Chantal Akerman aus dem Leben. Was mit ihr verloren gegangen ist, ist nachzulesen in einem Interview, das Marli Feldvoß mit der belgischen Filmregisseurin führte.

Eine Analyse des Nürnberger Prozesses

Verschämter oder missionarischer Völkermord?

Am 20. November vor 80 Jahren begannen die Nürnberger Prozesse vor einem US-amerikanischen Militärtribunal. Auf Grundlage des Viermächte-Abkommens der Alliierten wurden Repräsentanten des NS-Staates als Hauptkriegsverbrecher angeklagt. Der Philosoph Martin Löw-Beer hat den ersten der insgesamt 13 Nürnberger Prozesse analysiert und führt dessen völkerrechtliche Dimension, die Moralauffassung der Angeklagten, den Unterschied zwischen Mord und Völkermord und die rechtliche Ungültigkeit der Diskriminierung und Vernichtung im Nationalsozialismus vor Augen.

Cornelia Wilß im Gespräch mit dem Künstler Alfred Ullrich

Rußflocken, die um die Erde schweben

Der vielseitige Künstler Alfred Ullrich lebt in Dachau. In seiner Druckgrafik spiegelt sich in abstrakter Darstellung das bis heute gebrochene Verhältnis der deutschen Mehrheitsgesellschaft zur Minderheit der Sinti und Roma. Ein zentrales Thema in seinem Schaffen ist die Familiengeschichte: Die meisten seiner Angehörigen wurden während des Nationalsozialismus in Konzentrationslager verschleppt und ermordet. Cornelia Wilß traf den Künstler mehrfach, zuletzt in Berlin im Mai 2025 anlässlich eines Künstlergesprächs mit dem Galeristen Moritz Pankok.

Wim Wenders‘ „Palermo Shooting“

Leben und Tod

Ein richtiger Künstler wächst an seinen Werken. Dabei geht es um grenzenloses Wachstum. Der Fotograf und Filmkünstler Wim Wenders, der am 14. August 80 Jahre alt wurde, ist gern seiner Faszination von starken Persönlichkeiten nachgegangen. Das macht seine Kunst so vielfältig und attraktiv. Im Jahr 2008 kam ein Wenders-Film in die Kinos, der in alte Fußstapfen trat und einen Fotografen, gespielt von einem Rockmusiker, auf eine Reise durch das alte Europa schickte. Marli Feldvoß ist ihm dahin gefolgt.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Andriana Škunca

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Unser Haus ist umgekippt “ von Andriana Škunca.

Feridun Zaimoglus Roman „Sohn ohne Vater“

Wo er ist, ist die Kultur

Der Eindruck von Feridun Zaimoglu als einem Schriftsteller, wie er im Buche steht, entsteht zunächst angesichts seiner Produktivität. In seinem 25. Buch reflektiert er, als der Vater gestorben ist, das Vater-Sohn-Verhältnis, das ihn, den Sohn, geprägt hat mit all den Konflikten, die Teil der elterlichen Zuwendung sind. In der Spiegelung familialer Strukturen in den verschiedenen Kulturen zeigt sich der Schriftsteller, wie er im Buche stehen sollte. Ewart Reder hat den Roman gelesen.

Totalität in der Literatur

Zufall oder Organisation

Wer davon ausgeht, dass die Welt in ihrer Totalität ein sinnvolles Ganzes ist, ist ein gläubiger Mensch. Wer, wie Michel Butor, in ihr nur einen zufälligen Haufen Material sieht, fügt sich dennoch dieses Material, um sich zurechtzufinden, zu Sinneinheiten zusammen, lebt also mit Zufall und Notwendigkeit. Thomas Rothschild skizziert, wie sich dieser Befund auf die Künste auswirkt und wie Texte auf ganzheitliche Erwartungen reagieren.

Das Doppelspiel des Kurt Gerstein

Widerstand zwischen den Fronten

Er wollte in die „Feueröfen des Bösen“ schauen und dem nationalsozialistischen Räderwerk in die Speichen greifen. Dafür schlüpfte Kurt Gerstein in die SS-Uniform. Wie Rolf Hochhuth in seinem Drama „Der Stellvertreter“ formuliert, hat er mit den Mördern gepokert“ und blieb bis zum Ende des Terrorregimes unentdeckt. Sein Tod ist bis heute ungeklärt, und er selbst weitgehend vergessen. Doris Stickler erinnert an Kurt Gerstein, der vor 120 Jahren geboren wurde und vor 80 Jahren gestorben ist.

Rita Schäfer im Interview mit der Autorin Stella Gaitano

Von Khartum nach Kamen

Stella Gaitano hat Deportation schon als Kind erlebt. Heute zählt die sudanesische Autorin zu den wichtigsten Stimmen ihres Landes, die mit ihren Texten zu einem wachsenden Bewusstsein für Unrecht, Diskriminierung und die weltweite Geltung der Menschenrechte beitragen möchte. Im Sudan herrscht ein Krieg, der mit den Waffen fremder Mächte geführt wird und nach einer kurzen Phase der Hoffnung auf Frieden erneut eskaliert ist. Er zerstört die Lebensgrundlagen zahlloser Bürger:innen und hat dazu beigetragen, dass Stella Gaitano seit 2022 in der nordrhein-westfälischen Stadt Kamen im Exil lebt. Rita Schäfer sprach mit der Autorin im Rahmen eines Austauschs über Frauen- und Menschenrechte.

Zu Retrospektiven mit Bas Jan Ader, Paula Rego und Judy Chicago

Am Werk entlangstreifen

Das Zurückblicken hat in der Welt der bildenden Kunst ein festes Format: das der Retrospektive. Gleichzeitig ist es für Ausstellungen mit retrospektiv biografischem Fokus umso wichtiger, sich beweglich zu halten und kuratorisch nicht einfach bloß dem Lebenslauf zu folgen. Anhand dreier aktueller Retrospektiven in deutschen Ausstellungshäusern – Bas Jan Ader im Hamburg, Paula Rego in Essen, Judy Chicago in Recklinghausen – geht Ellen Wagner den dramaturgischen Herausforderungen und Fallstricken nach, die sich beim „Blick zurück nach vorn“ durch ein künstlerisches Werk hindurch ergeben.

Die Wurzeln des Nahostkonflikts

„Brutale Nachbarn“

Seit der Gründung Israels hat es tätige Versuche gegeben, eine friedliche Koexistenz zwischen Juden und Arabern herzustellen. Genauso lange haben beide Seiten versucht, dies zu verhindern. Solange das Prinzip der Unversöhnlichkeit herrscht, gibt es keine Lösung für das hundertjährige Problem. Aufgrund zweier Bücher kann Jutta Roitsch diesen Kampf der „brutalen Nachbarn“ besser verstehen und deren Lektüre nur empfehlen.  

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Lenka Chytilová

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Manchmal schreibt mir das Weibchen des Kuckucks“ von Lenka Chytilová.

Wim Wenders im Gespräch mit Marli Feldvoß zu seinem Pina-Film

Jetzt hab‘ ich eine Idee

Wenn der Funke vom Künstler zum Publikum überspringt, wenn Kunst nicht mehr gemacht wird, sondern geschieht, findet sich hintergründig oft ein enges Verhältnis von Training, Technik und Intuition. Die Rede ist von Pina Bausch, die gerade 85 Jahre alt geworden wäre, und Wim Wenders, der in Kürze 80 Jahre alt wird. Als Wim Wenders nach langer Vorbereitung seinen Film über die Arbeit von Pina Bausch herausbrachte, hat Marli Feldvoß mit ihm gesprochen.

Die Tänzerin und Choreografin Petra Lehr

Der Schwung der Synapsen

Die freie Tanzszene ist mit Widrigkeiten gepflastertes Metier. Was es heißt, sich dort als Tänzerin und Choreografin zu behaupten, führt Petra Lehr in ihrer jüngsten Produktion „remembering for tomorrow“ vor Augen. In der Solo-Performance blickt sie nicht nur auf jahrelange Erfahrungen zurück. Die Gründerin des co.lab.tanztheaters will mit dem Stück auch Frauen bestärken, eigene Ideen und Wünsche umzusetzen, wie sie Doris Stickler erzählte.

P H Gruners „Autos sind tödlich“

Der Teufel steckt im Auspuff

Das spöttische Vergnügen an Binsenweisheiten, wie sie in den verbreiteten Warnhinweisen oder Triggerwarnungen nach amerikanischem Vorbild hervortreten, ist kaum zu vermeiden. Wie naiv kann man noch sein? Rauchen ist tödlich. Überrascht uns das? P H Gruner hat mit seinen satirischen Variationen die Methode zu ihrer wahren Bestimmung geführt, und Roland Held ist den Ausführungen Gruners gewissenhaft gefolgt, eingedenk der Warnung: Leben ist lebensgefährlich.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Lina Kostenko

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „(Den Zensor sucht am besten in euch selbst)“ von Lina Kostenko.

Wie Helen Mirren DIE QUEEN zur Filmheldin macht

Ein Herz und eine Krone

Schon ihre Familiengeschichte wäre Stoff für einen Film. Helen Mirren stammt in direkter Linie vom russischen Feldmarschall Graf Michail Kamenski ab, ihr aristokratischer Großvater floh vor der russischen Revolution nach England, wo ihr Vater dann sein Geld als Taxifahrer, Musiker und Fahrlehrer verdiente. Sie selbst wurde die große Schauspielerin die sie von Kind an sein wollte und verkörperte genial die Königinnen Elisabeth I. und II.. Marli Feldvoß hat die vor kurzem 80 Jahre alt gewordene Helen Mirren in Stephen Frears‘ Film THE QUEEN gesehen.

Über Spiel und Schönheit

Tennis ist mehr

„Stets habe ich daran glauben wollen, dass Kraft und Schönheit auf ein und derselben Linie liegen“, bemerkte Oscar Wilde. Dass sich das im Sport manifestiert, besonders wenn die Konzentration aufs Spiel die Aufmerksamkeit des Menschen für seine eigene Performance löscht und er sich selbst vergisst, weil er unbeirrt sein Ziel verfolgt, haben schon antike Autoren beschrieben. Der Tennisspieler Matthias Buth hat den Faden wieder aufgenommen.

Die Gedichte von Gisela Wölbert

Einstweilen

Während des Corona-Lockdowns verfasste die Lyrikerin Gisela Wölbert den Gedichtband und das gleichnamige Langgedicht „Einstweilen“. Mit dem heute kaum mehr benutzten Wort verweist sie auf den völligen Stillstand jener Zeit in der sich ihr die Natur als Refugium offenbarte. Die melancholischen Betrachtungen der Dichterin haben Riccarda Gleichauf umso mehr berührt, als das Lesen Hoffnungsschimmer in einer Welt im Katastrophenzustand bescheren.

50 Jahre: Rockband KARAT

Verschlüsselt gesungen

Sie gehören zu den populär gewordenen Popgruppen der DDR, die nach dem Fall der Mauer auch im Westen ihr gemeinschaftsbildendes Potential zur Geltung bringen konnten. KARAT, das sind die Guten, im Osten einst gegängelt, im Westen der launischen Konjunktur unterworfen. Ihre Texte sind einfach und verständlich, die Botschaft trifft auf fruchtbaren Boden: die Rettung und Bewahrung unseres Planeten, das Berührende der menschlichen Existenz. Auch musikalisch hat die Gruppe, die nun ihr 50-jähriges Jubiläum feiert, stets an das mitsingende Auditorium gedacht. Walter H. Krämer erzählt von KARAT.

Aus dem Notizbuch

Zwischen Himmel und Erde

Die Arbeitswucht einer Kugelkopfmaschine konnte Hausmauern erzittern lassen. Ihre durchschlagende Prägung erzeugte mehr Kopien auf einmal, als vorher denkbar. Undenkbar noch ohne Kohlepapier. Eldad Stobezki holt sich den Kugelkopf aus dem Traum in die Notizen und mehr. Zwischen „Stirb und Werde“ denkt er an Rittergezücht, volle Züge, vibrierende Weibchen, die siebte Sprache, eine traumhafte Lyrik-App, an Trauergroteske und Völkermord.

Vor 60 Jahren endete der Frankfurter Auschwitzprozess

Man hört fast die Tränen

Der erste Auschwitzprozess in Frankfurt, der am 20. August 1965 endete, zog 16 Zuchthausstrafen nach sich. Alle Aufmerksamkeit richtete sich auf die verurteilten Täter, die Organisatoren und Betreiber des Holocaust. Die überlebenden Opfer, die gegen ihre Peiniger aussagten, blieben im Halbschatten. Um sie mit der emotionalen Belastung nicht allein zu lassen, wurden Personen ausgesucht, die sich während des Prozesses um sie kümmerten. Nach einer Veranstaltung des Fritz Bauer-Fördervereins im historischen Saal des Haus Gallus sprach Jutta Roitsch mit dem ehemaligen Zeugenbetreuer Peter Kalb und dem Stadthistoriker Dieter Wesp.

Selbstzeugnis des großen Theatermanns Peymann

In die Kartoffel geschnitten

Gälte es, einen Theaterdirektor zu erfinden, so ähnelte er sicher Claus Peymann, der nun, 88-jährig, gestorben ist: ein Bühnentier mit Leib und Seele, unerschrocken, provozierend und phantasievoll. Das künstlerische Engagement schloss für Peymann das politische mit ein. Seine Selbstauskünfte, die uns dankenswerterweise der Alexander Verlag als Auszug aus dem Buch „Mord und Totschlag“ überlassen hat, beziehen sich auf Peymanns Arbeit am Frankfurter TAT in den Jahren 1965-1969.

Rede der Bürgermeisterin – CSD-Empfang Frankfurt 2025

Gelebte Demokratie

Die ersten drei Artikel der Grundrechte unseres Grundgesetzes werden immer wieder aufgerufen, obwohl sie doch für uns selbstverständlich sein sollten: Wir sind sehr ungleich, deshalb hat der Grundsatz der Gleichheit vor Recht und Gesetz zu gelten. Der Christopher Street Day mit seinen bunten Demonstrationen erinnert daran, dass der Respekt vor dem Anderssein nicht gegeben, sondern einzufordern ist. Wir danken Frankfurts Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg für ihre Rede zu Beginn des CSD 2025.

Sebastian Kleins „Toxisch reich“

Demokratie-Zersetzung im Steuerparadies



Sebastian Klein ist ein Verräter seiner Klasse, um es mit einer veralteten Vokabel auszudrücken. Als einstiger Superreicher schreibt er ein Buch über Superreiche und legt darin den Kapitalvermehrungs- und Steuervermeidungsmechanismus offen, der die Verarmung der Nichtreichen und politische Verwerfungen zur Folge hat. Ob dieses Gebaren legal ist, hängt offenbar vom Kalkül der politischen Entscheider ab. P H Gruner schätzt das Buch und kritisiert es.

Die Fotografin Inge Werth

Dokumentieren ohne Vorurteile

Mit sublimem Blick hielt Inge Werth nicht nur hierzulande gesellschaftliche Umbrüche und wegweisende Proteste mit der Kamera fest. Sie bereiste unzählige Länder, um visuelle Eindrücke von Schieflagen und Widerständen zu vermitteln. Ihre authentischen Arbeiten machten sie zu einer gefragten Chronistin, die die Fotografie-Geschichte mitgeschrieben hat. In einem Gespräch mit Doris Stickler blickt sie auf ihr bewegtes Leben zurück.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Ana Blandiana

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Ruß“ von Ana Blandiana.

 

Friedrich Schillers „Die Räuber“ in Bad Hersfeld

Eine Kanonenkugel

Friedrich Schiller hat mit den „Räubern“ ein starkes Stück geliefert. Die Revolte gegen alles, was ihm das Leben bitter machte, hat den jugendlichen Autor in einen dramatischen Furor getrieben, der bis heute weiterwirkt. Anlässlich einer Neuinszenierung des Dramas in Bad Hersfeld hat Walter H. Krämer den historischen Hintergrund der „Räuber“ skizziert und anhand der Aufführungsgeschichte sowohl ihre Wandelbarkeit als auch ihre Robustheit beschrieben, die in der Version Gil Mehmerts mit den Songs der TOTEN HOSEN in die Gegenwart reichen.

R.W. Fassbinders Lale Andersen und Daniel Kehlmanns G.W. Pabst

Zwei Aushängeschilder der Nazis

Wenn man sieht, wie honorige Personen den Mächtigen ohne Not zu Willen sind, stellt sich die Frage, wie hättest du, in Not, gehandelt? Tatsächlich lässt sich diese Frage nur moralisch, nicht aber ethisch beantworten. Die Entscheidung ist nur in der konkreten persönlichen Situation zu fällen. In einem Film und einem Buch geraten von den Nationalsozialisten begünstigte Prominente in diese Situation. Rolf Schönlau beschreibt das Problem.

Christopher Street Day Frankfurt am Main

Queerfeindlichkeit begegnen

Mit der Bemerkung „Der Bundestag ist kein Zirkuszelt“ sprach sich Bundeskanzler Merz kürzlich gegen das Hissen der Regenbogenflagge aus. Die breite Kritik an seiner Äußerung ist mehr als berechtigt. Queere Menschen werden immer häufiger angefeindet. „Um die errungenen Freiheiten zu verteidigen, müssen wir ihren Feinden Grenzen setzen“, stellten zwei Veteranen der Bewegung im Gespräch mit Doris Stickler klar. 

Prolog: Ein skandalöses Vorwort

Frantz Fanon – Philosoph der Barrikaden

Frantz Fanon wurde am 20. Juli vor 100 Jahren in der französischen Kolonie Martinique geboren. Und es heißt, er sei an dem Tag gestorben, an dem das Buch veröffentlicht wurde, das bis heute mit seinem Namen verbunden ist: Die Verdammten dieser Erde. Ein neues Buch über den Psychiater, Politiker, Schriftsteller und Theoretiker der Entkolonialisierung von Philipp Dorestal führt in dessen Werk ein und verteidigt Fanon gegen seine Interpreten. Wir danken dem Verlag, das Vorwort veröffentlichen zu dürfen.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Daiva Čepauskaitė

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Wie geht es dir?“ von Daiva Čepauskaitė.

Vor 100 Jahren: Hitlers „Mein Kampf“

Ein deutscher Bestseller

Am 18. Juli 1925 erschien die Erstauflage von Hitlers Hetzschrift „Mein Kampf“. Darin sind die verbrecherischen Absichten bereits aufgezeichnet, die in der Folge umgesetzt wurden. Wurden sein radikaler Antisemitismus und seine Eroberungspläne nicht ernst genommen? Unterschätzen wir heute auf die gleiche Weise, was an rechtsradikalen Hetzschriften und Parolen verbreitet wird? Aus gutem Grund wurde nach dem Krieg der Nachdruck verboten. Heute liegen eine wissenschaftlich kommentierte Ausgabe vom Institut für Zeitgeschichte sowie eine Online-Fassung vor. Helmut Ortner erinnert an die Veröffentlichung der Nazi-Bibel.

Auszug aus Felix Philipp Ingolds Roman „Alias“

Das wahre Leben

Der Wolgadeutsche Kirill Beregow alias Carl Berger „hat schon die Erfahrung gemacht, dass auch das Unmögliche nichts anderes als eine Form des Möglichen ist, und die Verwirklichung dieser Möglichkeitsform – das Leben.“ So hat Felix Philipp Ingold den realen Beregow ins literarische Leben gebracht und dessen Biografie aufgrund von Fundstücken gestaltet. In unserem Ausschnitt zeigt er ihn als Oberst der 3. Ukrainischen Front mit seinen Infanterieverbänden bei der Eroberung Wiens.

Das Haus der Buchstaben schwindet

Was bleibt

Wer nennt die Namen, die bei ihm zusammenkamen – bei S. U., Eigner eines Verlages, dem George Steiner eine eigene Kultur zumaß, und Bewohner eines wundersamen Hauses in der Frankfurter Klettenbergstraße 35. Menschen, die schrieben, dort wie bei Hofe eingeladen waren und es geadelt verließen mit ihren eigenen Initialen. Nun ist es entseelt und verkauft. Die Dichter sind stiften gegangen. E. D. erinnert an das Haus S.V.

Die Illustratorin und Autorin Erna Pinner

Ich reise durch die Welt

„Heinrich Simon hat mir erzählt, Sie seien schön, Künstlerin und Jüdin, – wann kann ich Sie treffen?", heißt es in Kasimir Edschmids erstem Brief an Erna Pinner. Was folgt, sind zwanzig Jahre gemeinsamer Reisen durch die halbe Welt nach Afrika, Südamerika, Italien, die Erna Pinner mit ihrer Kamera und in Zeichnungen festhält. 1935 flieht Erna Pinner vor den Nationalsozialisten nach London und muss ganz neu anfangen. Barbara Weidle hat die Künstlerin und Weltreisende porträtiert.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Simona Popescu

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Propeller“ von Simona Popescu.

Zum Tod Franz Hodjaks

Schreiben ist stummes Sprechen

Franz Hodjaks Gedichte und Aphorismen lesen sich wie die gemeißelten Inschriften in den Timpana griechischer Tempel. Verkürzt auf das Wesentlichste sind das aufs Leben bezogene und aus dem Leben gezogene Denkaufgaben, witzig präsentierter Realismus, reflektierend die Möglichkeiten des Tuns und Lassens und vor allem die der Sprache, Erkenntnisse aufscheinen zu lassen. Matthias Buth erinnert an Franz Hodjak, der 80-jährig gestorben ist, und an die kulturellen Beziehungen, die ihn mit anderen aus Rumänien geflüchteten Schriftstellern verbindet.

Aus dem Notizbuch

Chronik der laufenden Ereignisse

Ob Hunde oder Ereignisse laufen, man mit Morsecode, Bus oder Bahn in Verbindung kommt – es ist Bewegung in Eldad Stobezkis Notizen. Selbst von oben kommt es herab und ist rätselhaft bis heute. Wie man lesen kann, bedeutet „Manna“ im Hebräischen: „Was ist es?“ Wie auch immer, es steht geschrieben, dass sich Menschen davon ernährt haben, vielleicht auch Bachstelzen.

Don Giovanni in München

Testosterongesteuert und empathiefrei

Seit 150 Jahren gibt es nunmehr die Münchner Opernfestspiele. Im Mittelpunkt steht dieses Jahr Mozarts Don Giovanni in einer Neubetrachtung von Regisseur David Hermann. Das Ergebnis: eine auf den ersten Blick verwirrende und ungewohnt ironische Sicht auf das „Dramma giocoso“. Auf den zweiten Blick ein den Intentionen von Komponist Mozart und Librettist Da Ponte entsprechendes Bühnenspektakel, das die beabsichtigte Vielschichtigkeit von Lebens-Dramen, -Freuden, -Lügen und -Absurditäten spielerisch aufgreift. Andrea Richter hat gestaunt, gelacht, gelitten und die ungebremste Spiel- und Sangesfreude der Beteiligten genossen.

Die „Erfindung“ des Philologen in der Reformation und Nietzsches Humanismus der „klassischen Studien“

Philologie und Gegenphilologie (II)

Wofür Friedrich Nietzsche nicht alles verantwortlich gemacht wurde! Zum einen, weil seine Rollenprosa und seine Ironie nicht verstanden wurden, zum andern, weil einige seiner Aphorismen von den Nationalsozialisten ideologisch missbraucht wurden. Die Frage, ob er dem Missbrauch Vorschub geleistet hat, stellte sich nicht nur Thomas Mann. Der Philosoph Enno Rudolph geht diesem Vorwurf nach sowie dem Problem mit der Philologie und dem missverstandenen Platon. Wir bringen den großen Essay in zwei Teilen. Hier ist der zweite.

Eine Prachtstraße der Renaissance

Ein fiktiver Palazzo in der Via Giulia

Orte, im emphatischen Sinne, lassen uns mit ihrer Infrastruktur und den Merkmalen gesellschaftlicher Teilhabe und Kultur das Leben und die Lebendigkeit eine geglückte Form des Zusammenlebens ahnen. Oft auch tragen sie Spuren, manchmal auch nur den Nimbus geschichtlicher Ereignisse, gemahnen an Lebensabschnitte bekannt und berühmt gewordener Persönlichkeiten: präsente Historie. Ein solcher Ort ist für Rolf Schönlau die römische Via Giulia.

Kürzungen im Kulturbereich

Das schöne Leid

Der sogenannte Finanzierungsvorbehalt ist die Sollbruchstelle der Wahlversprechen. Und da offenbar mit dem Bruch und Kürzungen in der Kulturförderung wiederum Wahlen zu gewinnen sind, hören wir seit vielen Jahren den Refrain von den Sparzwängen, die denen, die da schreiben, übersetzen, publizieren, malen oder musizieren, an die Existenz gehen. Ortwin-Rainer Bonfert macht eine Rechnung auf.

Essay über das Ankommen

Wir waren die Anderen

Die Kinder der Arbeitsmigrant:innen, die im Zuge des Anwerbeabkommens mit der Türkei nach Deutschland kamen, wurden zwar meist hier geboren, doch galten trotzdem als die Anderen. In seinem autobiografischen Essay beschreibt Hakan Akçit die Erfahrungen der zweiten Generation und die gesellschaftspolitischen Diskurse und Ereignisse, die ihr Aufwachsen in Gurbet – der Fremde – begleiteten.

Astrid H. Roemers Roman „Gebrochen-Weiß"

Schmerz und Lebensfreude

Die Familiensaga der Autorin Astrid H. Roemer, die unter dem Titel Gebrochen-Weiß erschienen ist, gibt Einblick in die Lebenswelt von Suriname, einer ehemaligen niederländischen Kolonie im Norden Südamerikas. In diesem Staat, der erst 1975 seine Unabhängigkeit erlangte, ist die 1999 mit dem LiBeraturpreis ausgezeichnete Autorin geboren. Als erste People of Colour erhielt Astrid Roemer 2021 den Prijs der Niederlandse Letteren für ihr Gesamtwerk. Anita Djafari hat den Roman, der von Bettina Bach ins Deutsche übertragen worden ist, mit Gewinn gelesen.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Gordana Benić

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Engel des Nebels (wie in den Filmen der art noir)“ von Gordana Benić.

Eine Allianz von Staat und Kirche

Die „Zehn Gebote“ per Gesetz

Vor dem Kapitol im US-Bundesstaat stehen sie schon, nun sollen die „Zehn Gebote“ auch in jeder staatlichen Schule ausgehängt werden. Bürgerrechtsgruppen halten das für verfassungswidrig und gehen rechtlich dagegen vor. Widerstand gegen das verfassungsgemäße Neutralitätsgebot findet allerdings in Deutschland statt. Nicht nur in Bayern setzen Regierungsmitglieder den Einfluss der Kirche auf gesellschaftspoltische Entscheidungen durch. Helmut Ortner über Verfassungstreue im Namen Gottes.

Zur Kritik eines missverständlichen Begriffs

Nationalcharakter

Der antike Geschichtsschreiber Tacitus schilderte die Germanen als wilde Völker mit befremdlichen Eigenschaften, wie er sie in der Literatur gefunden hatte. Auch Madame de Staël beschrieb, deutlich freundlicher, den Nationalcharakter der Deutschen, auf dessen kulturelles Potential sie Wilhelm von Humboldt hingewiesen hatte. Und was meinte Anton Bruckner im Programm zum Scherzo seiner 8. Sinfonie mit dem „deutschen Michel“, der ins Land hinaus träume? So sind sie eben, die Deutschen, Franzosen, Engländer, Italiener. Thomas Rothschild sieht auf Urteil und Vorurteil.

Textland: Video-Interview mit Paul Bokowski

Ohne Humor kann ich nicht schreiben

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Paul Bokowski vermutet, dass ihm „eine bestimmte Form von Kontrolle über den Humor verloren“ gegangen ist. „Der Humor schleicht sich in die ernsten Texte und das Ernste ein Stück weit in die Unterhaltungsliteratur ein."

Die „Erfindung“ des Philologen in der Reformation und Nietzsches Humanismus der „klassischen Studien“

Philologie und Gegenphilologie (I)

Wofür Friedrich Nietzsche nicht alles verantwortlich gemacht wurde! Zum einen, weil seine Rollenprosa und seine Ironie nicht verstanden wurden, zum andern, weil einige seiner Aphorismen von den Nationalsozialisten ideologisch missbraucht wurden. Die Frage, ob er dem Missbrauch Vorschub geleistet hat, stellte sich nicht nur Thomas Mann. Der Philosoph Enno Rudolph geht diesem Vorwurf nach sowie dem Problem mit der Philologie und dem missverstandenen Platon. Wir bringen den großen Essay in zwei Teilen. Hier ist der erste.

Textland: Video-Interview mit Maryam Aras

Humor ist Zärtlichkeit

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Das Lachen gibt Maryam Aras Auskunft über die Art ihrer Beziehung zu anderen. „Wenn man mit vertrauten Menschen lachen kann, ist das eine Art Zärtlichkeit. Schön sind solche Momente auch, wenn man sie unerwarteter Weise mit Menschen erlebt, denen man zum ersten Mal begegnet."

 

Die Art Basel 2025 als Spiegel einer vernetzten Kunstwelt

Farbfeld der Gegenwart

Die Natur weiß nichts von Bildern. Bilder sind immer menschengemacht: Artefakte, Werke der bildenden Kunst. Und diese Bilder haben immer eine Beziehung zum Menschenbild, aus dem sich unser Begriff „Bildung“ herleitet. Und wie sich unser Menschenbild verändert, so wandelt sich die Kunst. Der Fotograf Alexander Paul Englert ist voller Erwartungen über die diesjährige Art Basel gewandert. Hier ist seine Bestandsaufnahme.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Aura Christi

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Lob für Niemand“ von Aura Christi.

Aus dem Notizbuch

Bildschirmschoner, Galapagos Tomaten, Papst

Man kann aufklären, indem man reist wie Alexander von Humboldt oder zu Hause bleibt wie Immanuel Kant. Den Sinn des Reisens bestimmt der Reisende. Aber es gibt auch sinnlose Reisen, Bildschirmschoner, Tomaten und Biotope, die Eldad Stobezki in seinen Notizen bedenkt, sowie kurze Schweizer, Alphornmusik, Verstecke, Heidi und den Unterschied der Not bei Mann und Frau.

Faust I und II im Schauspiel Frankfurt

Nichts gebracht

Auch der „Faust“ stickt voller Merkwürdigkeiten. Einerseits gilt er längst als zu alt für diese Welt, andererseits ist er in uns selbst lebendig, weil seine Verse in unseren Sprachgebrauch eingegangen sind, ob wir es wissen oder nicht. Lassen sich daraus vernünftige Konsequenzen ziehen? In Frankfurt wurden mit enormem Erfolg gleich beide Teile des „Faust“ in einer gestauchten und attraktiven Version an einem Abend gegeben. Ewart Reder hat das ikonische Stück gesehen und dabei etwas Wesentliches vermisst.

Das Tagebuch von Sonja Borus

Unbeschreibliche Ängste

Dank der Kinder und Jugend-Alijah ist Sonja Borus als 13-Jährige den Fängen der Nazis entkommen. Ihre Eltern und der Bruder wurden in den Gaskammern ermordet. Während ihrer vierjährigen Flucht nach Israel vertraute sie dem Tagebuch ihre Ängste, Hoffnungen, Sehnsüchte und Zweifel an. Christel Wollmann-Fiedler gibt Einblick in die Seelenqualen eines jungen Mädchens das es schaffte, den erlebten Grausamkeiten zu trotzen.

Identität am Beispiel von Tieck, Havel und Mitterer

Nie sollst du mich befragen

Wenn man davon absieht, dass man von manchen Leuten gar nichts wissen will, hat sich doch ein wenig Kenntnis des Anderen ganz hilfreich im Umgang miteinander erwiesen. Deshalb wirkt eine geforderte Anonymität wie eine soziale Verweigerung, die, wie Thomas Rothschild beschreibt, als Suspense in der Literatur, auf dem Theater und im Film dient, wenn sie nicht gar zum Motiv eskalierender Konflikte mit letalem Ausgang wird.

Eigene Wege(III)

Ich bin immer reisebereit

Der westafrikanische Staat Guinea, der neben Guinea-Bissau, Senegal, Mali, der Elfenbeinküste, Liberia und Sierra Leone an der Atlantikküste liegt, wird seit seiner Unabhängigkeit 1958 von autoritären Regimes beherrscht. Madiou Sow ist 2016 als minderjähriger unbegleiteter Flüchtling aus Guinea nach Frankfurt gekommen. Nach dem Abitur am Max-Beckmann-Gymnasium steht er nun kurz vor dem Abschluss zum Gesundheitsökonom. Mit ihm sprach Riccarda Gleichauf.

Gedichte

Gedicht von Ria Endres

Biographie kurzangebunden

Gedicht von Boško Tomašević

MELANCHOLISCHE MOORLANDSCHAFT (1)

Gedicht von Silke Scheuermann

Plastikgedicht

Gedicht von Julia Grinberg

Im Zwischenzeilraum. Endlich Freitag

Gedicht von Steffen Kurz

die große flut

Gedicht von Shirin Kumm

Identitätssuche

Gedicht von Olaf Velte

Wildnis

Gedicht von Johanna Hansen

zeichnen am meer

Gedicht von Elisa Edler

Zwiesprache

Gedicht von Friederike Haerter

Von der Sehnsucht nach Sommer

Gedicht von Jane Wels

Schwankende Lupinen

Gedicht von Safiye Can

Nanatee

Gedicht von Jörg Schieke

Auf meinem Backenzahn,

Gedicht von Max Sessner

August

Gedicht von Stefan Heyer

gilles, der

Gedicht von Andreas Altmann

Über Tag über Nacht

Gedicht von Andreas Hutt

o. T.

Gedicht von Jan Röhnert

Sturmgewölkjuli

Gedicht von Betânia Ramos Schröder

XI

Gedicht von Julia Grinberg

von Ballerinas und Zinnsoldaten

Gedicht von Felix Philipp Ingold

Rate mal!

Gedicht von Julia Mantel

caring-career

Gedicht von Johanna Hansen

windau/ventspils

Gedichte von Jane Wels

3 Gedichte

Gedicht von Andrea Köllner

Tagtraumerwachen

Gedicht von Matthias Buth

Blondi

Gedicht von Lisa Goldschmidt

Abend & Morgen

Gedicht von Tom Schulz

Aschesegen

Gedicht von Dirk Hülstrunk

brücke

Gedicht von Stephan Turowski

Ein liebes Wort

Gedicht von Tamara Labas

im spiegel

Gedicht

Ausfahrt

Gedicht

Memento

Gedicht

Gleisberg

Gedicht

Paul

Gedicht

Traumata