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Kommentar

Ich weiß, was Hunger ist

Jemanden hungern zu lassen, ist der Versuch, ihm das Leben zu nehmen. Der Name dafür ist Holodomor, im Russischen: Golodomor. Die Geschichte hat Millionen Opfer dieser Art der Menschenvernichtung verzeichnet – durch bewusstes Unterbinden der Nahrungsmittelversorgung. Ein Kommentar der italienischen Schriftstellerin Dacia Maraini macht deutlich, worum es geht.

Kinothek Asta Nielsen

Marta: Portrait of a Teen Activist

In Frankfurt findet vom 14.8. – 26.8. das System Change Camp statt. (im südlichen Teil des Grüneburgparks)  Dabei lädt die Kinothek Asta Nielsen in Kooperation mit dem Artivismus Netzwek und dem Besetzten Berger Kino zu einem (Queer)Feministischen Kurzfilmabend ein.

Buchvorstellung Berlin

Umbauen / Umdenken - neue städtische Architekturen

Nicht erst die jüngsten Hitzerekorde in europäischen Großstädten haben gezeigt, dass eine Neuausrichtung von Stadtplanung und -entwicklung dringend nottut. Eine lebenswerte Infrastruktur, die auf gesellschaftliche und klimatische Veränderungen gleichermaßen reagiert, muss neu gedacht werden.

Ausstellung Frankfurt

Show your Teeth!

Ausstellungseröffnung zum Graphic Essay „Vagina Dentata“ von Katharina Hantke. Vom 21. bis 27. August 2025 präsentiert das Weltkulturen Museum die Pop-Up Ausstellung „Show your Teeth!“ der Künstlerin Katharina Hantke. Im Zentrum der Ausstellung steht Hantkes neu erschienener Graphic Essay „Vagina Dentata“, der sich mit dem Mythos der bezahnten Vulva auseinandersetzt. 

Ausstellung Frankfurt

Expression-en

Vom 16. August bis zum 14. September 2025 zeigt das "podium – Kultur in Frauenfrieden" in der Taufkapelle der Frauenfriedenskirche unter dem Titel "Expression-en" klassische zarte japanische Sumi-e Tusche von Renalisa Bergmann kontrastiert mit expressiver Ölmalerei von Tasuku Aoyama – 80 Jahre nach Hiroshima und Nagasaki.

Gedicht von Silke Scheuermann

Plastikgedicht

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Andriana Škunca

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Unser Haus ist umgekippt “ von Andriana Škunca.

Ausstellung New York

two dots one line

Das Austrian Cultural Forum New York (ACFNY) freut sich, „two dots one line“ anzukündigen, eine umfassende Übersicht über das Werk des österreichischen Künstlers Ernst Caramelle, einer der führenden Stimmen der zeitgenössischen Konzeptkunst. Die Ausstellung zeigt Auszüge aus Caramelles fünf Jahrzehnte umfassendem Œuvre.

Lesung Frankfurt am Main

Plunderkammer und rutschfeste Badematten

Lesung und Gespräch mit Eva Demski und Eldad Stobezki. Eva Demski kramt in Tüten, Taschen, Koffern und Schränken nach Gegenständen, die etwas mit ihr zu tun haben. Eldad Stobezki greift zum Notizbuch, egal, ob in der Straßenbahn oder im Café. Beide sind sie Sammler und Entdeckerin. 

Podcast

1001 Nacht

„1001 Nacht“ hat eine über tausendjährige Erfolgsgeschichte – immer wieder neu interpretiert. Und – nach der Neuübersetzung von Claudia Ott – wie gemacht für einen Podcast! „1001 Nacht“ eröffnet einen riesigen Erzählkosmos mit selbstbewussten Frauen, fiesen Dämonen, exzessiven Partys, reisenden Händlern, Familienintrigen und Mordkomplotten. Die Auswahl hat für den Deutschlandfunk die Dichterin Safiye Can getroffen.

Theater Frankfurt

Vier Erzählungen von einem Aufstand

Inzwischen feiert schon die sechste Produktion von »Daritsche« Theatergruppe in persischer Sprache mit deutschen Übertiteln bei uns Premiere:
In diesem Stück erzählen vier Schauspielerinnen ihre wahren Geschichten darüber, wie und warum sie an der Bewegung 'Frau, Leben, Freiheit' teilgenommen haben. 

Theater Frankfurt

Lysistrate

Bei „Lysistrate“ nach Aristophanes geht es um den Kampf der Frauen gegen die Männer als Verursacher von Krieg und den damit verbundenen Leiden. Getragen von dieser Erkenntnis verschwören sich die Frauen Athens und Spartas, um Frieden zu erzwingen. Sie besetzen unter Führung der Titelheldin Lysistrate die Akropolis.

Wim Wenders‘ „Palermo Shooting“

Leben und Tod

Ein richtiger Künstler wächst an seinen Werken. Dabei geht es um grenzenloses Wachstum. Der Fotograf und Filmkünstler Wim Wenders, der am 14. August 80 Jahre alt wurde, ist gern seiner Faszination von starken Persönlichkeiten nachgegangen. Das macht seine Kunst so vielfältig und attraktiv. Im Jahr 2008 kam ein Wenders-Film in die Kinos, der in alte Fußstapfen trat und einen Fotografen, gespielt von einem Rockmusiker, auf eine Reise durch das alte Europa schickte. Marli Feldvoß ist ihm dahin gefolgt.

Das Doppelspiel des Kurt Gerstein

Widerstand zwischen den Fronten

Er wollte in die „Feueröfen des Bösen“ schauen und dem nationalsozialistischen Räderwerk in die Speichen greifen. Dafür schlüpfte Kurt Gerstein in die SS-Uniform. Wie Rolf Hochhuth in seinem Drama „Der Stellvertreter“ formuliert, hat er mit den Mördern gepokert“ und blieb bis zum Ende des Terrorregimes unentdeckt. Sein Tod ist bis heute ungeklärt, und er selbst weitgehend vergessen. Doris Stickler erinnert an Kurt Gerstein, der vor 120 Jahren geboren wurde und vor 80 Jahren gestorben ist.

Gedicht von Julia Grinberg

Im Zwischenzeilraum. Endlich Freitag

Die Wurzeln des Nahostkonflikts

„Brutale Nachbarn“

Seit der Gründung Israels hat es tätige Versuche gegeben, eine friedliche Koexistenz zwischen Juden und Arabern herzustellen. Genauso lange haben beide Seiten versucht, dies zu verhindern. Solange das Prinzip der Unversöhnlichkeit herrscht, gibt es keine Lösung für das hundertjährige Problem. Aufgrund zweier Bücher kann Jutta Roitsch diesen Kampf der „brutalen Nachbarn“ besser verstehen und deren Lektüre nur empfehlen.  

Musikalische Lesung Frankfurt

Orientalische Miniaturen

Die Musiker Günter Bozem und Markus Wach improvisieren miteinander zum Thema „Orient“. Eingebettet in das Konzert sind Kurztexte von Doris Lerche. Seit ihrer Studienzeit reist die Frankfurter Autorin Doris Lerche immer wieder durch die Länder Nordafrikas und Asiens, beeindruckt von den traditionellen islamischen Kulturen.

Ausstellung Bonn

Heldinnen / Sheroes

Im Zentrum der Ausstellung „Heldinnen / Sheroes“ steht die künstlerische Auseinandersetzung mit Frauen, die durch ihr Handeln, ihren Mut und ihr ethisches Engagement zu Vorbildern geworden sind. Die gezeigten Arbeiten eröffnen vielfältige Perspektiven: Sie widmen sich historischen Persönlichkeiten ebenso wie zeitgenössischen Aktivistinnen. 

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Lenka Chytilová

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Manchmal schreibt mir das Weibchen des Kuckucks“ von Lenka Chytilová.

Kinostart

Wilma will mehr

Wilma will mehr ein Film von Maren-Kea Freese mit Fritzi Haberlandt. Elektrikerin, Maschinistin, Obst-Expertin, Optimistin: Wilma (Fritzi Haberlandt) ist eine Frau mit vielen Talenten, zahllosen Zertifikaten und palettenweise Enttäuschungen. Bis Ende der 90er-Jahre hat sie im Lausitzer Braunkohlerevier gelebt. 

 

Cornelia Wilß im Gespräch mit dem Künstler Alfred Ullrich

Rußflocken, die um die Erde schweben

Der vielseitige Künstler Alfred Ullrich lebt in Dachau. In seiner Druckgrafik spiegelt sich in abstrakter Darstellung das bis heute gebrochene Verhältnis der deutschen Mehrheitsgesellschaft zur Minderheit der Sinti und Roma. Ein zentrales Thema in seinem Schaffen ist die Familiengeschichte: Die meisten seiner Angehörigen wurden während des Nationalsozialismus in Konzentrationslager verschleppt und ermordet. Cornelia Wilß traf den Künstler mehrfach, zuletzt in Berlin im Mai 2025 anlässlich eines Künstlergesprächs mit dem Galeristen Moritz Pankok.

Oper Frankfurt

Magda Spiegel – vor der Zeit verstummt

Erinnerungen an eine große Sängerin. Ihr Schicksal steht stellvertretend für so viele Schicksale jüdischer Künstler*innen in der Zeit des Nationalsozialismus: Magda Spiegel, 1887 in Prag geboren, kam 1917 über Düsseldorf an die Frankfurter Oper (die dann 1944 ausbrannte und 1981 als Konzerthaus Alte Oper wiedereröffnet wurde).

Ausstellung Darmstadt

Candida Höfer. Fotografien

Die Ausstellung »Candida Höfer. Fotografien« präsentiert einen breiten Überblick über das Werk der Künstlerin. Die atemberaubenden Großformate mit Porträts großer Säle werden ebenso zu sehen sein wie neuere Fotoserien, in denen sich Candida Höfer etwa mit provisorischen Beleuchtungskörpern beschäftigt.

Zu Retrospektiven mit Bas Jan Ader, Paula Rego und Judy Chicago

Am Werk entlangstreifen

Das Zurückblicken hat in der Welt der bildenden Kunst ein festes Format: das der Retrospektive. Gleichzeitig ist es für Ausstellungen mit retrospektiv biografischem Fokus umso wichtiger, sich beweglich zu halten und kuratorisch nicht einfach bloß dem Lebenslauf zu folgen. Anhand dreier aktueller Retrospektiven in deutschen Ausstellungshäusern – Bas Jan Ader im Hamburg, Paula Rego in Essen, Judy Chicago in Recklinghausen – geht Ellen Wagner den dramaturgischen Herausforderungen und Fallstricken nach, die sich beim „Blick zurück nach vorn“ durch ein künstlerisches Werk hindurch ergeben.

Wim Wenders im Gespräch mit Marli Feldvoß zu seinem Pina-Film

Jetzt hab‘ ich eine Idee

Wenn der Funke vom Künstler zum Publikum überspringt, wenn Kunst nicht mehr gemacht wird, sondern geschieht, findet sich hintergründig oft ein enges Verhältnis von Training, Technik und Intuition. Die Rede ist von Pina Bausch, die gerade 85 Jahre alt geworden wäre, und Wim Wenders, der in Kürze 80 Jahre alt wird. Als Wim Wenders nach langer Vorbereitung seinen Film über die Arbeit von Pina Bausch herausbrachte, hat Marli Feldvoß mit ihm gesprochen.

Die Feministische Presserunde. EventTalk. Frankfurt am Main

Wir können auch anders“

Die Feministische Presserunde. Dieses Mal zu Gast in der SCHIRN: Die feministische Presserunde „Wir können auch anders“ – ein pointiertes Talkformat, das sich einmal im Monat drängenden gesellschaftlichen Fragen widmet. Mit Mithu Sanyal, Teresa Bücker, Hadija Haruna-Oelker und Prasanna Oommen.

Die Tänzerin und Choreografin Petra Lehr

Der Schwung der Synapsen

Die freie Tanzszene ist mit Widrigkeiten gepflastertes Metier. Was es heißt, sich dort als Tänzerin und Choreografin zu behaupten, führt Petra Lehr in ihrer jüngsten Produktion „remembering for tomorrow“ vor Augen. In der Solo-Performance blickt sie nicht nur auf jahrelange Erfahrungen zurück. Die Gründerin des co.lab.tanztheaters will mit dem Stück auch Frauen bestärken, eigene Ideen und Wünsche umzusetzen, wie sie Doris Stickler erzählte.

Ausstellung Wolfsburg

Wir konnten nichts tun

Die Künstlerin, Autorin und Holocaust-Überlebende Ceija Stojka (1933–2013) zählt heute zu den bedeutendsten Stimmen der zeitgenössischen Roma-Kunst. Mit der Ausstellung Ceija Stojka. „Wir konnten nichts tun“ würdigt das Kunstmuseum Wolfsburg ihr künstlerisches und politisches Lebenswerk.

Rita Schäfer im Interview mit der Autorin Stella Gaitano

Von Khartum nach Kamen

Stella Gaitano hat Deportation schon als Kind erlebt. Heute zählt die sudanesische Autorin zu den wichtigsten Stimmen ihres Landes, die mit ihren Texten zu einem wachsenden Bewusstsein für Unrecht, Diskriminierung und die weltweite Geltung der Menschenrechte beitragen möchte. Im Sudan herrscht ein Krieg, der mit den Waffen fremder Mächte geführt wird und nach einer kurzen Phase der Hoffnung auf Frieden erneut eskaliert ist. Er zerstört die Lebensgrundlagen zahlloser Bürger:innen und hat dazu beigetragen, dass Stella Gaitano seit 2022 in der nordrhein-westfälischen Stadt Kamen im Exil lebt. Rita Schäfer sprach mit der Autorin im Rahmen eines Austauschs über Frauen- und Menschenrechte.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Lina Kostenko

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „(Den Zensor sucht am besten in euch selbst)“ von Lina Kostenko.

Gedicht von Steffen Kurz

die große flut

Kino Wiesbaden

Oxana – Mein Leben für Freiheit

Oxana – Mein Leben für Freiheit von Charlène Favier. Wiesbadener Erstaufführung: Ukraine, 2008: Oxana und ihre Freundinnen bemalen ihre Körper mit Parolen, tragen Blumenkränze und rebellieren gegen das herrschende politische System. So entsteht FEMEN – eine der einflussreichsten feministischen Bewegungen der jüngsten Geschichte. 

Chantal Akerman im Gespräch mit Marli Feldvoß

Männer sind weitgehend am Ende

Mut und unabhängiges Denken sind die Voraussetzungen dafür, etablierte Regeln des Films zu ignorieren, der eigenen Intuition zu vertrauen, der Eigentendenz des Bildes, dem Gestaltungswillen und der Szene zu folgen. Das Resultat ist die Neuerfindung der Formen und damit der Filmästhetik: Am 5. Oktober vor zehn Jahren schied Chantal Akerman aus dem Leben. Was mit ihr verloren gegangen ist, ist nachzulesen in einem Interview, das Marli Feldvoß mit der belgischen Filmregisseurin führte.

Bundeskunsthalle Bonn

W.I.M. Die Kunst des Sehens

Anlässlich seines 80. Geburtstages widmet die Bundeskunsthalle dem Filmemacher und Künstler Wim Wenders eine immersive und bildmächtige Ausstellung. „Der Vorgang des Sehens ist ein kostbarer Akt, der liebevolle Blick ein Mittel, sich immer wieder dieses Sehen zu bewahren.“  Sagt Wim Wenders. 

Wie Helen Mirren DIE QUEEN zur Filmheldin macht

Ein Herz und eine Krone

Schon ihre Familiengeschichte wäre Stoff für einen Film. Helen Mirren stammt in direkter Linie vom russischen Feldmarschall Graf Michail Kamenski ab, ihr aristokratischer Großvater floh vor der russischen Revolution nach England, wo ihr Vater dann sein Geld als Taxifahrer, Musiker und Fahrlehrer verdiente. Sie selbst wurde die große Schauspielerin die sie von Kind an sein wollte und verkörperte genial die Königinnen Elisabeth I. und II.. Marli Feldvoß hat die vor kurzem 80 Jahre alt gewordene Helen Mirren in Stephen Frears‘ Film THE QUEEN gesehen.

Jüdischen Museum Berlin

Widerstände

Die Aus­stellung „Widerstände. Jüdische Designe­rinnen der Moderne“ am Jüdischen Museum Berlin würdigt erstmals das Schaffen der deutsch-jüdischen Kunsthand­werkerinnen, die in einer von Aus­grenzung und Um­brüchen geprägten Zeit ihren eigenen Weg gingen.

50 Jahre: Rockband KARAT

Verschlüsselt gesungen

Sie gehören zu den populär gewordenen Popgruppen der DDR, die nach dem Fall der Mauer auch im Westen ihr gemeinschaftsbildendes Potential zur Geltung bringen konnten. KARAT, das sind die Guten, im Osten einst gegängelt, im Westen der launischen Konjunktur unterworfen. Ihre Texte sind einfach und verständlich, die Botschaft trifft auf fruchtbaren Boden: die Rettung und Bewahrung unseres Planeten, das Berührende der menschlichen Existenz. Auch musikalisch hat die Gruppe, die nun ihr 50-jähriges Jubiläum feiert, stets an das mitsingende Auditorium gedacht. Walter H. Krämer erzählt von KARAT.

Caricatura Museum Frankfurt

Fragile Idyllen

Das Caricatura Museum Frankfurt würdigt den renommierten Maler und Illustrator Michael Sowa anlässlich seines 80. Geburtstags mit einer umfassenden Einzelausstellung. Diese bietet einen ebenso repräsentativen wie exklusiven Einblick in das Werk eines Künstlers, der sich damit in das kollektive Bildgedächtnis der Bundesrepublik Deutschland eingeschrieben hat.

Feridun Zaimoglus Roman „Sohn ohne Vater“

Wo er ist, ist die Kultur

Der Eindruck von Feridun Zaimoglu als einem Schriftsteller, wie er im Buche steht, entsteht zunächst angesichts seiner Produktivität. In seinem 25. Buch reflektiert er, als der Vater gestorben ist, das Vater-Sohn-Verhältnis, das ihn, den Sohn, geprägt hat mit all den Konflikten, die Teil der elterlichen Zuwendung sind. In der Spiegelung familialer Strukturen in den verschiedenen Kulturen zeigt sich der Schriftsteller, wie er im Buche stehen sollte. Ewart Reder hat den Roman gelesen.

Eine Analyse des Nürnberger Prozesses

Verschämter oder missionarischer Völkermord?

Am 20. November vor 80 Jahren begannen die Nürnberger Prozesse vor einem US-amerikanischen Militärtribunal. Auf Grundlage des Viermächte-Abkommens der Alliierten wurden Repräsentanten des NS-Staates als Hauptkriegsverbrecher angeklagt. Der Philosoph Martin Löw-Beer hat den ersten der insgesamt 13 Nürnberger Prozesse analysiert und führt dessen völkerrechtliche Dimension, die Moralauffassung der Angeklagten, den Unterschied zwischen Mord und Völkermord und die rechtliche Ungültigkeit der Diskriminierung und Vernichtung im Nationalsozialismus vor Augen.

Die Philippinen als Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse 2025

Fantasie beseelt die Luft

Der Ehrengastauftritt der Philippinen auf der Frankfurter Buchmesse steht unter dem Motto Fantasie beseelt die Luft, im Englischen The imagination peoples the air, auf Filipino Pinupuno ang hangin ng hiwatig. Dieses Zitat stammt aus dem Roman Noli Me Tangere, den Jose Rizal 1887 in Deutschland schrieb, genauer aus dem Kapitel über Sisa. 

Selbstzeugnis des großen Theatermanns Peymann

In die Kartoffel geschnitten

Gälte es, einen Theaterdirektor zu erfinden, so ähnelte er sicher Claus Peymann, der nun, 88-jährig, gestorben ist: ein Bühnentier mit Leib und Seele, unerschrocken, provozierend und phantasievoll. Das künstlerische Engagement schloss für Peymann das politische mit ein. Seine Selbstauskünfte, die uns dankenswerterweise der Alexander Verlag als Auszug aus dem Buch „Mord und Totschlag“ überlassen hat, beziehen sich auf Peymanns Arbeit am Frankfurter TAT in den Jahren 1965-1969.

Ausstellung Berlin

U22 – Adijatu Straße

Toyin Ojih Odutola. U22 – Adijatu Straße. Der Hamburger Bahnhof zeigt figurative Zeichnungen von Toyin Ojih Odutola: Die erzählerischen Portraits zeichnen das Leben verschiedener Protagonist:innen nach und zeigen alltägliche oder monumentale Kulissen, die oft mit architektonischen Details verwoben sind.

Rede der Bürgermeisterin – CSD-Empfang Frankfurt 2025

Gelebte Demokratie

Die ersten drei Artikel der Grundrechte unseres Grundgesetzes werden immer wieder aufgerufen, obwohl sie doch für uns selbstverständlich sein sollten: Wir sind sehr ungleich, deshalb hat der Grundsatz der Gleichheit vor Recht und Gesetz zu gelten. Der Christopher Street Day mit seinen bunten Demonstrationen erinnert daran, dass der Respekt vor dem Anderssein nicht gegeben, sondern einzufordern ist. Wir danken Frankfurts Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg für ihre Rede zu Beginn des CSD 2025.

Gedicht von Shirin Kumm

Identitätssuche

Buchvorstellung Frankfurt am Main

Fluchthelferin

Lisa Fittko. Biographie einer Fluchthelferin von Eva Weissweiler. Bekannt wurde Lisa Fittko (1909–2005) vor allem als Fluchthelferin während des Zweiten Weltkriegs. Gemeinsam mit ihrem Mann Hans führte sie 1940/41 über einhundert meist jüdische Flüchtlinge von Südfrankreich über die Pyrenäen nach Spanien. 

Vor 60 Jahren endete der Frankfurter Auschwitzprozess

Man hört fast die Tränen

Der erste Auschwitzprozess in Frankfurt, der am 20. August 1965 endete, zog 16 Zuchthausstrafen nach sich. Alle Aufmerksamkeit richtete sich auf die verurteilten Täter, die Organisatoren und Betreiber des Holocaust. Die überlebenden Opfer, die gegen ihre Peiniger aussagten, blieben im Halbschatten. Um sie mit der emotionalen Belastung nicht allein zu lassen, wurden Personen ausgesucht, die sich während des Prozesses um sie kümmerten. Nach einer Veranstaltung des Fritz Bauer-Fördervereins im historischen Saal des Haus Gallus sprach Jutta Roitsch mit dem ehemaligen Zeugenbetreuer Peter Kalb und dem Stadthistoriker Dieter Wesp.

Tanzperformance Frankfurt am Main

From Rock to Rock

Jeremy Nedd gelang mit seiner humorvollen und mitreißenden choreografischen Arbeit der internationale Durchbruch. Mit „From Rock to Rock“ ist der Choreograf zum ersten Mal in Frankfurt zu Gast. Inspiriert von der Urheberrechtsklage eines Rappers gegen eine Videospielfirma erforscht Jeremy Nedd eine Tanzbewegung, die als „Milly Rock“ bekannt ist. 

Ausstellung Bad Hersfeld

wortreich

Auf über 1200 m² Ausstellungsfläche können Sie an mehr als 90 Mitmachexponaten Sprache und Kommunikation erleben und trainieren. Spielen Sie mit Buchstaben Basketball, schlüpfen Sie in die Rolle eines Theater-Stars, schreiben Sie mit den Augen, testen Sie Ihre Teamfähigkeit, bewegen Sie einen Ball nur mit Ihren Gedanken, und vieles mehr.

Friedrich Schillers „Die Räuber“ in Bad Hersfeld

Eine Kanonenkugel

Friedrich Schiller hat mit den „Räubern“ ein starkes Stück geliefert. Die Revolte gegen alles, was ihm das Leben bitter machte, hat den jugendlichen Autor in einen dramatischen Furor getrieben, der bis heute weiterwirkt. Anlässlich einer Neuinszenierung des Dramas in Bad Hersfeld hat Walter H. Krämer den historischen Hintergrund der „Räuber“ skizziert und anhand der Aufführungsgeschichte sowohl ihre Wandelbarkeit als auch ihre Robustheit beschrieben, die in der Version Gil Mehmerts mit den Songs der TOTEN HOSEN in die Gegenwart reichen.

Orchestre National de France

Maurice Ravel

Eine Hommage an den Komponisten, dessen 125. Geburtstag die Welt dieses Jahr feiert. Ravel Paris 2025 präsentiert das symphonische Werk des 1875 geborenen Komponisten. Ein Dreifachalbum, aufgenommen während fünf Ravel-Konzerten Anfang dieses Jahres in Paris. Diese Box ist Zeugnis einer tiefen Beziehung zwischen Ravels Musik und dem Orchestre National de France. 

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Ana Blandiana

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Ruß“ von Ana Blandiana.

 

Burgfestspiele Bad Vilbel

Shakespeares sämtliche Werke ... leicht gekürzt

Von Adam Long, Daniel Singer, Jess Winfield. Deutsch von Dorothea Renckhoff. Drei komödiantische Schauspieler, 37 abendfüllende Stücke: Von den Komödien bis zu den Königsdramen wird keine Gelegenheit ausgelassen, mit britischem Humor das auszugraben, was wirklich hinter Shakespeares Theater steckt:

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Daiva Čepauskaitė

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Wie geht es dir?“ von Daiva Čepauskaitė.

Gedicht von Olaf Velte

Wildnis

Ausstellung Wien

Radikal!

Künstlerinnen* und Moderne 1910–1950. Radikal! lädt dazu ein, die Moderne anders zu denken – vielstimmig, international, widersprüchlich. Mehr als 60 Künstlerinnen* aus über 20 Ländern treten in einen lebendigen Dialog, wenn Malerei auf Textildesign, Skulptur auf Druckgrafik, Zeichnung auf Fotografie und Film trifft. 

Maxim Gorki Theater Berlin

Between the River and the Sea

Yousef Sweid, geboren in Haifa, ist ein palästinensisch-israelischer Schauspieler – ein Mensch, der zwischen zwei Welten aufgewachsen ist und sich stets mit ihrer Komplexität auseinandergesetzt hat. In seinem Stück erkundet Sweid sein Leben zwischen verschiedenen Kulturen, Erzählungen und Realitäten - verschiedenen Versionen der Wahrheit.

Christopher Street Day Frankfurt am Main

Queerfeindlichkeit begegnen

Mit der Bemerkung „Der Bundestag ist kein Zirkuszelt“ sprach sich Bundeskanzler Merz kürzlich gegen das Hissen der Regenbogenflagge aus. Die breite Kritik an seiner Äußerung ist mehr als berechtigt. Queere Menschen werden immer häufiger angefeindet. „Um die errungenen Freiheiten zu verteidigen, müssen wir ihren Feinden Grenzen setzen“, stellten zwei Veteranen der Bewegung im Gespräch mit Doris Stickler klar. 

Die Gedichte von Gisela Wölbert

Einstweilen

Während des Corona-Lockdowns verfasste die Lyrikerin Gisela Wölbert den Gedichtband und das gleichnamige Langgedicht „Einstweilen“. Mit dem heute kaum mehr benutzten Wort verweist sie auf den völligen Stillstand jener Zeit in der sich ihr die Natur als Refugium offenbarte. Die melancholischen Betrachtungen der Dichterin haben Riccarda Gleichauf umso mehr berührt, als das Lesen Hoffnungsschimmer in einer Welt im Katastrophenzustand bescheren.

Die Fotografin Inge Werth

Dokumentieren ohne Vorurteile

Mit sublimem Blick hielt Inge Werth nicht nur hierzulande gesellschaftliche Umbrüche und wegweisende Proteste mit der Kamera fest. Sie bereiste unzählige Länder, um visuelle Eindrücke von Schieflagen und Widerständen zu vermitteln. Ihre authentischen Arbeiten machten sie zu einer gefragten Chronistin, die die Fotografie-Geschichte mitgeschrieben hat. In einem Gespräch mit Doris Stickler blickt sie auf ihr bewegtes Leben zurück.

Junior Orchestra Summer Concert London

Chineke!

Genießen Sie einen außergewöhnlichen Musikabend, wenn das Chineke! Junior Orchestra die Bühne für ihr mit Spannung erwartetes Sommerkonzert betritt, das den Höhepunkt ihres jährlichen einwöchigen Aufenthaltskurses darstellt.  Sie freuen sich auf ihre Rückkehr auf die Bühne der kultigen Fairfield Halls in Croydon.

Kino Frankfurt

Freiluftkino

Es gibt nichts Schöneres als die magische Wirkung eines guten Films unter freiem Himmel, dazu ein ausgezeichneter Longdrink, gute Musik zur Einstimmung und um dich herum die historischen Gemäuer des Alten Polizeipräsidiums. Vielleicht trefft ihr euch mal wieder mit einer alten Freundin? Oder ihr entspannt euch in unseren Liegestühlen?

Skulpturenpark Mörfelden-Walldorf

27. Skulpturenpark

In den Sommerwochen verwandelt sich der Bürgerpark der Stadt Mörfelden-Walldorf zum 27. Mal in eine Open-Air-Ausstellung. Die Kommunale Galerie sowie der Förderverein Skulpturenpark e.V. präsentieren gemeinsam mit dem Kulturamt der Stadt Mörfelden-Walldorf Arbeiten von 13 Künstlerinnen und Künstlern unterschiedlicher Generationen.

Totalität in der Literatur

Zufall oder Organisation

Wer davon ausgeht, dass die Welt in ihrer Totalität ein sinnvolles Ganzes ist, ist ein gläubiger Mensch. Wer, wie Michel Butor, in ihr nur einen zufälligen Haufen Material sieht, fügt sich dennoch dieses Material, um sich zurechtzufinden, zu Sinneinheiten zusammen, lebt also mit Zufall und Notwendigkeit. Thomas Rothschild skizziert, wie sich dieser Befund auf die Künste auswirkt und wie Texte auf ganzheitliche Erwartungen reagieren.

Gedicht von Johanna Hansen

zeichnen am meer

Zum Tod Franz Hodjaks

Schreiben ist stummes Sprechen

Franz Hodjaks Gedichte und Aphorismen lesen sich wie die gemeißelten Inschriften in den Timpana griechischer Tempel. Verkürzt auf das Wesentlichste sind das aufs Leben bezogene und aus dem Leben gezogene Denkaufgaben, witzig präsentierter Realismus, reflektierend die Möglichkeiten des Tuns und Lassens und vor allem die der Sprache, Erkenntnisse aufscheinen zu lassen. Matthias Buth erinnert an Franz Hodjak, der 80-jährig gestorben ist, und an die kulturellen Beziehungen, die ihn mit anderen aus Rumänien geflüchteten Schriftstellern verbindet.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Simona Popescu

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Propeller“ von Simona Popescu.

Prolog: Ein skandalöses Vorwort

Frantz Fanon – Philosoph der Barrikaden

Frantz Fanon wurde am 20. Juli vor 100 Jahren in der französischen Kolonie Martinique geboren. Und es heißt, er sei an dem Tag gestorben, an dem das Buch veröffentlicht wurde, das bis heute mit seinem Namen verbunden ist: Die Verdammten dieser Erde. Ein neues Buch über den Psychiater, Politiker, Schriftsteller und Theoretiker der Entkolonialisierung von Philipp Dorestal führt in dessen Werk ein und verteidigt Fanon gegen seine Interpreten. Wir danken dem Verlag, das Vorwort veröffentlichen zu dürfen.

Lyriknacht

Fünfzehnte Hochstädter Lyriknacht

Die Hochstädter Lyriknacht 2025 wird am Freitag, 22. August, um 19.00 Uhr, in der Evangelischen Kirche in Maintal-Hochstadt stattfinden. Gemäß dem bewährten Konzept der Veranstaltung werden sich die Kurzlesungen prominenter Lyriker:innen mit denen der Preisträger:innen des "Jungen Literaturforums Hessen-Thüringen" abwechseln.

Don Giovanni in München

Testosterongesteuert und empathiefrei

Seit 150 Jahren gibt es nunmehr die Münchner Opernfestspiele. Im Mittelpunkt steht dieses Jahr Mozarts Don Giovanni in einer Neubetrachtung von Regisseur David Hermann. Das Ergebnis: eine auf den ersten Blick verwirrende und ungewohnt ironische Sicht auf das „Dramma giocoso“. Auf den zweiten Blick ein den Intentionen von Komponist Mozart und Librettist Da Ponte entsprechendes Bühnenspektakel, das die beabsichtigte Vielschichtigkeit von Lebens-Dramen, -Freuden, -Lügen und -Absurditäten spielerisch aufgreift. Andrea Richter hat gestaunt, gelacht, gelitten und die ungebremste Spiel- und Sangesfreude der Beteiligten genossen.

Aus dem Notizbuch

Zwischen Himmel und Erde

Die Arbeitswucht einer Kugelkopfmaschine konnte Hausmauern erzittern lassen. Ihre durchschlagende Prägung erzeugte mehr Kopien auf einmal, als vorher denkbar. Undenkbar noch ohne Kohlepapier. Eldad Stobezki holt sich den Kugelkopf aus dem Traum in die Notizen und mehr. Zwischen „Stirb und Werde“ denkt er an Rittergezücht, volle Züge, vibrierende Weibchen, die siebte Sprache, eine traumhafte Lyrik-App, an Trauergroteske und Völkermord.

Sebastian Kleins „Toxisch reich“

Demokratie-Zersetzung im Steuerparadies



Sebastian Klein ist ein Verräter seiner Klasse, um es mit einer veralteten Vokabel auszudrücken. Als einstiger Superreicher schreibt er ein Buch über Superreiche und legt darin den Kapitalvermehrungs- und Steuervermeidungsmechanismus offen, der die Verarmung der Nichtreichen und politische Verwerfungen zur Folge hat. Ob dieses Gebaren legal ist, hängt offenbar vom Kalkül der politischen Entscheider ab. P H Gruner schätzt das Buch und kritisiert es.

P H Gruners „Autos sind tödlich“

Der Teufel steckt im Auspuff

Das spöttische Vergnügen an Binsenweisheiten, wie sie in den verbreiteten Warnhinweisen oder Triggerwarnungen nach amerikanischem Vorbild hervortreten, ist kaum zu vermeiden. Wie naiv kann man noch sein? Rauchen ist tödlich. Überrascht uns das? P H Gruner hat mit seinen satirischen Variationen die Methode zu ihrer wahren Bestimmung geführt, und Roland Held ist den Ausführungen Gruners gewissenhaft gefolgt, eingedenk der Warnung: Leben ist lebensgefährlich.

Das Haus der Buchstaben schwindet

Was bleibt

Wer nennt die Namen, die bei ihm zusammenkamen – bei S. U., Eigner eines Verlages, dem George Steiner eine eigene Kultur zumaß, und Bewohner eines wundersamen Hauses in der Frankfurter Klettenbergstraße 35. Menschen, die schrieben, dort wie bei Hofe eingeladen waren und es geadelt verließen mit ihren eigenen Initialen. Nun ist es entseelt und verkauft. Die Dichter sind stiften gegangen. E. D. erinnert an das Haus S.V.

ttt – titel, thesen, temperamente

Über den Hass hinweg

Briefe zwischen Tel Aviv und Teheran. Katharina Höftmann Ciobotaru , Sohrab Shahname. Ein persönlicher Einblick in die komplizierte Beziehung zwischen Israel und dem Iran. Eine Brücke über den Hass. Ein brandaktuelles Plädoyer für Menschlichkeit und Freundschaft. „Seit September 2022 schreibt mir ein Instagram-Follower aus Teheran. 

Vor 100 Jahren: Hitlers „Mein Kampf“

Ein deutscher Bestseller

Am 18. Juli 1925 erschien die Erstauflage von Hitlers Hetzschrift „Mein Kampf“. Darin sind die verbrecherischen Absichten bereits aufgezeichnet, die in der Folge umgesetzt wurden. Wurden sein radikaler Antisemitismus und seine Eroberungspläne nicht ernst genommen? Unterschätzen wir heute auf die gleiche Weise, was an rechtsradikalen Hetzschriften und Parolen verbreitet wird? Aus gutem Grund wurde nach dem Krieg der Nachdruck verboten. Heute liegen eine wissenschaftlich kommentierte Ausgabe vom Institut für Zeitgeschichte sowie eine Online-Fassung vor. Helmut Ortner erinnert an die Veröffentlichung der Nazi-Bibel.

Kürzungen im Kulturbereich

Das schöne Leid

Der sogenannte Finanzierungsvorbehalt ist die Sollbruchstelle der Wahlversprechen. Und da offenbar mit dem Bruch und Kürzungen in der Kulturförderung wiederum Wahlen zu gewinnen sind, hören wir seit vielen Jahren den Refrain von den Sparzwängen, die denen, die da schreiben, übersetzen, publizieren, malen oder musizieren, an die Existenz gehen. Ortwin-Rainer Bonfert macht eine Rechnung auf.

Die Illustratorin und Autorin Erna Pinner

Ich reise durch die Welt

„Heinrich Simon hat mir erzählt, Sie seien schön, Künstlerin und Jüdin, – wann kann ich Sie treffen?", heißt es in Kasimir Edschmids erstem Brief an Erna Pinner. Was folgt, sind zwanzig Jahre gemeinsamer Reisen durch die halbe Welt nach Afrika, Südamerika, Italien, die Erna Pinner mit ihrer Kamera und in Zeichnungen festhält. 1935 flieht Erna Pinner vor den Nationalsozialisten nach London und muss ganz neu anfangen. Barbara Weidle hat die Künstlerin und Weltreisende porträtiert.

Gedicht von Elisa Edler

Zwiesprache

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Gordana Benić

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Engel des Nebels (wie in den Filmen der art noir)“ von Gordana Benić.

Essay über das Ankommen

Wir waren die Anderen

Die Kinder der Arbeitsmigrant:innen, die im Zuge des Anwerbeabkommens mit der Türkei nach Deutschland kamen, wurden zwar meist hier geboren, doch galten trotzdem als die Anderen. In seinem autobiografischen Essay beschreibt Hakan Akçit die Erfahrungen der zweiten Generation und die gesellschaftspolitischen Diskurse und Ereignisse, die ihr Aufwachsen in Gurbet – der Fremde – begleiteten.

Eine Allianz von Staat und Kirche

Die „Zehn Gebote“ per Gesetz

Vor dem Kapitol im US-Bundesstaat stehen sie schon, nun sollen die „Zehn Gebote“ auch in jeder staatlichen Schule ausgehängt werden. Bürgerrechtsgruppen halten das für verfassungswidrig und gehen rechtlich dagegen vor. Widerstand gegen das verfassungsgemäße Neutralitätsgebot findet allerdings in Deutschland statt. Nicht nur in Bayern setzen Regierungsmitglieder den Einfluss der Kirche auf gesellschaftspoltische Entscheidungen durch. Helmut Ortner über Verfassungstreue im Namen Gottes.

Astrid H. Roemers Roman „Gebrochen-Weiß"

Schmerz und Lebensfreude

Die Familiensaga der Autorin Astrid H. Roemer, die unter dem Titel Gebrochen-Weiß erschienen ist, gibt Einblick in die Lebenswelt von Suriname, einer ehemaligen niederländischen Kolonie im Norden Südamerikas. In diesem Staat, der erst 1975 seine Unabhängigkeit erlangte, ist die 1999 mit dem LiBeraturpreis ausgezeichnete Autorin geboren. Als erste People of Colour erhielt Astrid Roemer 2021 den Prijs der Niederlandse Letteren für ihr Gesamtwerk. Anita Djafari hat den Roman, der von Bettina Bach ins Deutsche übertragen worden ist, mit Gewinn gelesen.

Zur Kritik eines missverständlichen Begriffs

Nationalcharakter

Der antike Geschichtsschreiber Tacitus schilderte die Germanen als wilde Völker mit befremdlichen Eigenschaften, wie er sie in der Literatur gefunden hatte. Auch Madame de Staël beschrieb, deutlich freundlicher, den Nationalcharakter der Deutschen, auf dessen kulturelles Potential sie Wilhelm von Humboldt hingewiesen hatte. Und was meinte Anton Bruckner im Programm zum Scherzo seiner 8. Sinfonie mit dem „deutschen Michel“, der ins Land hinaus träume? So sind sie eben, die Deutschen, Franzosen, Engländer, Italiener. Thomas Rothschild sieht auf Urteil und Vorurteil.

R.W. Fassbinders Lale Andersen und Daniel Kehlmanns G.W. Pabst

Zwei Aushängeschilder der Nazis

Wenn man sieht, wie honorige Personen den Mächtigen ohne Not zu Willen sind, stellt sich die Frage, wie hättest du, in Not, gehandelt? Tatsächlich lässt sich diese Frage nur moralisch, nicht aber ethisch beantworten. Die Entscheidung ist nur in der konkreten persönlichen Situation zu fällen. In einem Film und einem Buch geraten von den Nationalsozialisten begünstigte Prominente in diese Situation. Rolf Schönlau beschreibt das Problem.

Gedicht von Friederike Haerter

Von der Sehnsucht nach Sommer

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Aura Christi

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Lob für Niemand“ von Aura Christi.

Die „Erfindung“ des Philologen in der Reformation und Nietzsches Humanismus der „klassischen Studien“

Philologie und Gegenphilologie (II)

Wofür Friedrich Nietzsche nicht alles verantwortlich gemacht wurde! Zum einen, weil seine Rollenprosa und seine Ironie nicht verstanden wurden, zum andern, weil einige seiner Aphorismen von den Nationalsozialisten ideologisch missbraucht wurden. Die Frage, ob er dem Missbrauch Vorschub geleistet hat, stellte sich nicht nur Thomas Mann. Der Philosoph Enno Rudolph geht diesem Vorwurf nach sowie dem Problem mit der Philologie und dem missverstandenen Platon. Wir bringen den großen Essay in zwei Teilen. Hier ist der zweite.

Die „Erfindung“ des Philologen in der Reformation und Nietzsches Humanismus der „klassischen Studien“

Philologie und Gegenphilologie (I)

Wofür Friedrich Nietzsche nicht alles verantwortlich gemacht wurde! Zum einen, weil seine Rollenprosa und seine Ironie nicht verstanden wurden, zum andern, weil einige seiner Aphorismen von den Nationalsozialisten ideologisch missbraucht wurden. Die Frage, ob er dem Missbrauch Vorschub geleistet hat, stellte sich nicht nur Thomas Mann. Der Philosoph Enno Rudolph geht diesem Vorwurf nach sowie dem Problem mit der Philologie und dem missverstandenen Platon. Wir bringen den großen Essay in zwei Teilen. Hier ist der erste.

Deutschlandfunk Kultur

The Story of Art without Men

Wie viele Künstlerinnen kennen Sie? Wer schreibt letztendlich Kunstgeschichte? Haben Frauen vor dem 20. Jahrhundert überhaupt als Künstlerinnen gearbeitet? The Story of Art without Men von Katy Hessel. Übersetzt von: Marlene Fleißig, Astrid Gravert, Gabriele Würdinger, Dr. Maria Zettner

Die Art Basel 2025 als Spiegel einer vernetzten Kunstwelt

Farbfeld der Gegenwart

Die Natur weiß nichts von Bildern. Bilder sind immer menschengemacht: Artefakte, Werke der bildenden Kunst. Und diese Bilder haben immer eine Beziehung zum Menschenbild, aus dem sich unser Begriff „Bildung“ herleitet. Und wie sich unser Menschenbild verändert, so wandelt sich die Kunst. Der Fotograf Alexander Paul Englert ist voller Erwartungen über die diesjährige Art Basel gewandert. Hier ist seine Bestandsaufnahme.

19. Architektur-Biennale Venedig

Natürlich. Artificial. Collective

Die 19. Internationale Architekturausstellung mit dem Titel Intelligens. Natürlich. Artificial. Collective", kuratiert von Carlo Ratti und organisiert von der Biennale di Venezia, ist von Samstag, den 10. Mai bis Sonntag, den 23. November 2025 in den Giardini, im Arsenale und in Forte Marghera zu besichtigen. 

Ausstellung Aargauer Schweiz

Ishita Chakraborty

In neuen Werken verknüpft die Künstlerin und Dichterin Ishita Chakraborty (*1989) ökologische und gesellschaftspolitische Fragen: ein Lied in einem seltenen persischen Dialekt, fragile Strassensperren aus Glas und eine raumfüllende Zeichnung zu den Tropen fügen sich zu einem ganzheitlichen Blick auf die aktuelle (Um)Weltlage.

Jubiläumskonzert Düsseldorf

100 Jahre Mikis Theodorakis

Das griechische Kulturministerium ehrt den verstorbenen, renommierten Komponisten Mikis Theodorakis durch die Ernennung des Jahres 2025 zum Gedenkjahr seines Lebens und Werks anlässlich seines 100. Geburtstages. Im Rahmen dieser Ehrung veranstaltet Greece on Tour ein einzigartiges Jubiläumskonzert in der Tonhalle Düsseldorf.

Schauspiel Frankfurt

Der Sandmann

Der Sandmann nach E.T.A. Hoffmann. Sehnsucht, Liebe, Angst und Wahn geben sich in »Der Sandmann« die Hand. Der junge Student Nathanael schreibt an seinen Freund: »Etwas Entsetzliches ist in mein Leben getreten!« Die Begegnung mit dem Wetterglashändler Coppola lässt bei ihm düstere Erinnerungen an seine Kindheit wach werden.

Eine Prachtstraße der Renaissance

Ein fiktiver Palazzo in der Via Giulia

Orte, im emphatischen Sinne, lassen uns mit ihrer Infrastruktur und den Merkmalen gesellschaftlicher Teilhabe und Kultur das Leben und die Lebendigkeit eine geglückte Form des Zusammenlebens ahnen. Oft auch tragen sie Spuren, manchmal auch nur den Nimbus geschichtlicher Ereignisse, gemahnen an Lebensabschnitte bekannt und berühmt gewordener Persönlichkeiten: präsente Historie. Ein solcher Ort ist für Rolf Schönlau die römische Via Giulia.

Eigene Wege(III)

Ich bin immer reisebereit

Der westafrikanische Staat Guinea, der neben Guinea-Bissau, Senegal, Mali, der Elfenbeinküste, Liberia und Sierra Leone an der Atlantikküste liegt, wird seit seiner Unabhängigkeit 1958 von autoritären Regimes beherrscht. Madiou Sow ist 2016 als minderjähriger unbegleiteter Flüchtling aus Guinea nach Frankfurt gekommen. Nach dem Abitur am Max-Beckmann-Gymnasium steht er nun kurz vor dem Abschluss zum Gesundheitsökonom. Mit ihm sprach Riccarda Gleichauf.

Gedicht von Jane Wels

Schwankende Lupinen

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Wisława Szymborska

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Beispiel" von Wisława Szymborska.

Gespräch über Politik auf dem Land mit dem Soziologen Berthold Vogel

Die Geschichte ist nicht zuende

Deutschland- und europaweit leiden viele ländliche Räume unter sehr starken Verlusterfahrungen. Jutta Roitsch überprüft im Gespräch mit Berthold Vogel, dem Geschäftsführenden Direktor des Göttinger Instituts für Sozialforschung, Befunde und Einsichten des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ). 2020 gegründet mit elf Standorten, acht Universitäten und drei außeruniversitären Forschungseinrichtungen, erforschen hier rund 200 Sozialwissenschaftler:innen, wie es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie in Deutschland bestellt ist.

Staatsoper Stuttgart

Der rote Wal

Ein deutsches Herbstmärchen von Vivan und Ketan Bhatti und Markus Winter. Wenn unter dem Pflaster der Strand liegt, wie es früher häufig hieß, ist es bis zum Meer nicht mehr weit. Der umgekehrten Richtung, aus dem Meer auf das Pflaster, folgt Gladis, die Protagonistin dieser Oper. Gladis ist eine Orca. Und sie will kaputt machen, was sie kaputt macht. 

Ausstellung Berlin

Die Nazis waren ja nicht einfach weg

Vom Umgang mit dem Nationalsozialismus in Deutschland seit 1945. Vor 80 Jahren, am Ende des Zweiten Weltkriegs, lag Europa in Trümmern. Das NS-Regime hatte Millionen von Menschen verfolgt und ermordet sowie große Teile des europäischen Kontinents verwüstet und ausgeraubt. Nach 1945 taten sich die Deutschen schwer mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit. 

Aus dem Notizbuch

Chronik der laufenden Ereignisse

Ob Hunde oder Ereignisse laufen, man mit Morsecode, Bus oder Bahn in Verbindung kommt – es ist Bewegung in Eldad Stobezkis Notizen. Selbst von oben kommt es herab und ist rätselhaft bis heute. Wie man lesen kann, bedeutet „Manna“ im Hebräischen: „Was ist es?“ Wie auch immer, es steht geschrieben, dass sich Menschen davon ernährt haben, vielleicht auch Bachstelzen.

Auszug aus Felix Philipp Ingolds Roman „Alias“

Das wahre Leben

Der Wolgadeutsche Kirill Beregow alias Carl Berger „hat schon die Erfahrung gemacht, dass auch das Unmögliche nichts anderes als eine Form des Möglichen ist, und die Verwirklichung dieser Möglichkeitsform – das Leben.“ So hat Felix Philipp Ingold den realen Beregow ins literarische Leben gebracht und dessen Biografie aufgrund von Fundstücken gestaltet. In unserem Ausschnitt zeigt er ihn als Oberst der 3. Ukrainischen Front mit seinen Infanterieverbänden bei der Eroberung Wiens.

Textland: Video-Interview mit Paul Bokowski

Ohne Humor kann ich nicht schreiben

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Paul Bokowski vermutet, dass ihm „eine bestimmte Form von Kontrolle über den Humor verloren“ gegangen ist. „Der Humor schleicht sich in die ernsten Texte und das Ernste ein Stück weit in die Unterhaltungsliteratur ein."

Textland: Video-Interview mit Maryam Aras

Humor ist Zärtlichkeit

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Das Lachen gibt Maryam Aras Auskunft über die Art ihrer Beziehung zu anderen. „Wenn man mit vertrauten Menschen lachen kann, ist das eine Art Zärtlichkeit. Schön sind solche Momente auch, wenn man sie unerwarteter Weise mit Menschen erlebt, denen man zum ersten Mal begegnet."

 

Über Spiel und Schönheit

Tennis ist mehr

„Stets habe ich daran glauben wollen, dass Kraft und Schönheit auf ein und derselben Linie liegen“, bemerkte Oscar Wilde. Dass sich das im Sport manifestiert, besonders wenn die Konzentration aufs Spiel die Aufmerksamkeit des Menschen für seine eigene Performance löscht und er sich selbst vergisst, weil er unbeirrt sein Ziel verfolgt, haben schon antike Autoren beschrieben. Der Tennisspieler Matthias Buth hat den Faden wieder aufgenommen.

Der Wortmeldungen-Literaturpreis der Crespo Foundation für Josefine Soppa

Das Ringen mit Sprache

Zwischen Körperlichkeit und KI finden Verluste statt. Menschen verlieren ihre Sprache, ihre Fähigkeiten, ihre Persönlichkeit. Zugleich findet neues Leben in die Welt, lernt, sich zu bewegen, zu begreifen, zu sprechen. Die in Berlin lebende Autorin Josefine Soppa hat ihre Sprachreflexionen in solchen Spannungsverhältnissen entstehen lassen und wurde für die Arbeit Klick Klack, der Bergfrau erwacht mit dem WORTMELDUNGEN Ulrike Crespo Literaturpreis für kritische Kurztexte am 13. Juni 2025 ausgezeichnet. Hanna Engelmeiers Laudatio auf Josefine Soppa beschäftigt sich näher mit den Sprachkrisen und verbalen Ertüchtigungen.

Faust I und II im Schauspiel Frankfurt

Nichts gebracht

Auch der „Faust“ stickt voller Merkwürdigkeiten. Einerseits gilt er längst als zu alt für diese Welt, andererseits ist er in uns selbst lebendig, weil seine Verse in unseren Sprachgebrauch eingegangen sind, ob wir es wissen oder nicht. Lassen sich daraus vernünftige Konsequenzen ziehen? In Frankfurt wurden mit enormem Erfolg gleich beide Teile des „Faust“ in einer gestauchten und attraktiven Version an einem Abend gegeben. Ewart Reder hat das ikonische Stück gesehen und dabei etwas Wesentliches vermisst.

Aus dem Notizbuch

Bildschirmschoner, Galapagos Tomaten, Papst

Man kann aufklären, indem man reist wie Alexander von Humboldt oder zu Hause bleibt wie Immanuel Kant. Den Sinn des Reisens bestimmt der Reisende. Aber es gibt auch sinnlose Reisen, Bildschirmschoner, Tomaten und Biotope, die Eldad Stobezki in seinen Notizen bedenkt, sowie kurze Schweizer, Alphornmusik, Verstecke, Heidi und den Unterschied der Not bei Mann und Frau.

Plan B - Der Bücherpodcast

Die Senhores des Herrn Tavares

In dieser Folge spricht Anita Djafari mit ihrem Übersetzerkollegen Michael Kegler über den portugiesischen Autor Gonçalo M. Tavares, dessen Senhores-Reihe er für Edition Korrespondenzen übersetzt.  Außerdem gibt uns Michael Kegler einen allgemeineren Einblick in seine Arbeit als Übersetzer zum Beispiel anhand von Yara Nakahanda Monteiros "Schwerkraft der Tränen".

Das Grundgesetz ist das Volk

Begriffe, die uns meinen

Nach der Uraufführung am 18. Juni 1821 beschrieb man den „Freischütz“ von Carl Maria von Weber schon als „Deutsche Nationaloper“. Das war etwas voreilig, denn die deutsche Nation gab es noch gar nicht. Aber, wie so oft, eilte die Kunst der Politik davon, und Leo Wieland bemerkte in der FAZ: „Eine Kulturnation ist einem Staat gedanklich vorgelagert und von staatlichen Grenzen unabhängig, sie existiert auch ohne eigenen Nationalstaat.“ Deutschland gehört zu den verspäteten Nationen und beging unter dem Nationalsozialismus die schlimmsten Verbrechen. Begriffe wie Volk oder Nation haben ihre Unschuld verloren. Matthias Buth fordert mit seinem leidenschaftlichen Grundsatz-Essay Klarheit.

Retrospektive „Unzensiert. Annegret Soltau“ im Frankfurter Städel

Annegret Soltau jetzt!

Seit dem 9. Mai 2025 ist im Frankfurter Städel Museum die Ausstellung „Unzensiert. Annegret Soltau“ zu sehen, die einen umfassenden Überblick über das Werk der Darmstädter Künstlerin Annegret Soltau gibt. Warum ihre Körperdarstellungen aktueller denn je sind und sich ein Besuch der Retrospektive lohnt, erklärt Ursula Grünenwald.

Circus Roncalli mit neuem Programm: ARTistART

Der wundervollste Circus der Welt

Hereinspaziert! Der klassische Circus lebt von Komik und Gefahr. Und da der Circus Roncalli, der noch bis zum 29. Juni in Frankfurt am Main gastiert, keine Tiere mit sich führt, geht nicht nur die Komik, sondern auch die Gefahr vom Menschen aus. Walter H. Krämer, der das neue Programm „ARTistART“ besucht hat, schreibt über den Roncalli-Gründer Bernhard Paul, der sein Leben dem Circus gewidmet hat, und über Details aus der Manege.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Lucija Stupica

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Songs from the 2nd Floor" von Lucija Stupica.

Circus Roncalli Frankfurt

Macht der Manege

Das Circus-Theater Roncalli blickt auf eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte zurück. Statt klassischer Tierdressur setzt der von der New York Times als schönster Zirkus der Welt betitelte Traditionsbetrieb heute auf eine ganz besondere Mischung aus Akrobatik, Clownerie, Magie, Live-Musik und Varieté-Charme. 

Kommentar zum Schweigen von Robert Lembke

Die Schuld der Opfer

Das Schweigen selbst ist nicht selbstredend. Es teilt nicht mit, ob es betroffen, fassungslos, aggressiv, diskret, verschämt oder diplomatisch ist. Solche Zuweisungen kommen stets von außen und sind willkürliche, unterstellende Interpretationen, bestenfalls Deutungen. Wenn nach Judenverfolgung und Schoa Täter und Opfer schweigen, ist man vor Deutungen nicht mehr sicher. Thomas Rothschild kommentiert eine jüngste Spekulation.

Reimanns Melusine in Frankfurt

Fantasy-Spiel und Realität

Mit der Erstaufführung von Aribert Reimanns Melusine würdigt die Oper Frankfurt den im vergangenen Jahr verstorbenen großen Komponisten ein zweites Mal in dieser Spielzeit. Thematisch relevant und musikalisch auf den Punkt gebracht wird im Bockenheimer Depot ein surrealistisch anmutendes und doch so aktuelles Märchen gezeigt, das unter die Haut geht. Wie in einer Arena im Rund um die und damit nah an der Bühne, fühlte sich Andrea Richter bei der Premiere als Voyeurin der eigenen Realität und der damit verbundenen Fragestellung: Was bin ich bereit aufzugeben, um die Natur für die Nachwelt zu retten? Und selbst wenn ich es tue, nützt der individuelle Einsatz?

Ausstellung Lübeck

Meine Zeit ist unsere Zeit

„Meine Zeit ist unsere Zeit" Die Demokratie braucht uns alle, oder sie wird scheitern. Das ist heute so wahr wie vor hundert Jahren.“. Mit Thomas Mann auf die gegenwärtige Krise der Demokratie zu gucken, schärft den Blick. Seine Mahnung, den einfachen Antworten und populistischen Verführern nicht auf den Leim zu gehen, gilt unverändert. 

Deutsches Romantik-Museum

Wunderbilder und Träume

Sophie Tieck-Bernhardi (1775 – 1833) war eine äußerst vielseitige Autorin, die als junge Frau in dichter Folge Romane, Dramen und Gedichte publizierte, danach allerdings kaum mehr öffentlich in Erscheinung trat. Schon früh schrieb sie gemeinsam mit ihrem Bruder, dem berühmten Schriftsteller Ludwig Tieck fantastische Geschichten. 

Daniela Strigls „Zum Trotz"

Hommage an den Trotz

Trotz ist eine Eigenschaft, die heute vor allem negative Assoziationen weckt. Dabei heißt zu trotzen auch, sich mutig zu widersetzen, standhaft zu sein und Position zu beziehen. Die widersprüchlichen Auslegungen des Begriffs hat die Literaturwissenschaftlerin Daniela Strigl unter die Lupe genommen und hält Trotz für eine unterschätzte Eigenschaft. In ihrem neuen Buch rehabilitiert sie klug und erhellend die positiven Formen des Eigensinns, attestiert Helmut Ortner und kann die Lektüre nur empfehlen.

 

Zur Erinnerung an Ngũgĩ wa Thiong’o

Written words can also sing

Der kenianische Romancier, Essayist und Dramatiker Ngũgĩ wa Thiong’o, Träger des Erich-Maria-Remarque-Friedenspreises der Stadt Osnabrück, ist mit 87 Jahren am 28. Mai 2025 gestorben. Er zählt zu den wichtigsten Autoren des afrikanischen Kontinents, war Ehrendoktor der Universitäten von Yale und Bayreuth und sein vielfach in Kikuyu verfasstes, jedoch weltweit übersetztes Gesamtwerk wurde für den Man Booker International Prize nominiert. Manfred Loimeier, der als Professor der Universität Heidelberg Afrikanische Literaturen englischer Sprache lehrt, würdigt den Grandseigneur der Weltliteratur. 

Bayerische Staatsoper München

Cavalleria rusticana / Pagliacci

In Cavalleria rusticana findet Turiddu nach langer Abwesenheit seine einstige Geliebte Lola als Gattin des Fuhrmanns Alfio wieder und tröstet sich mit Santuzza. Die alte Liebe flammt aber wieder auf. Santuzza, entehrt und verletzt, teilt ihren Verdacht Alfio mit, der Turiddu zum Duell fordert.

Eine Geschichte aus „Catching Strangers" von Alexander Reiswitz

Muepu Muamba: Innerer Monolog

In „Catching Strangers“ sind Fotografien von Alexander von Reiswitz kongenial mit literarischen Texten verwebt. Seine Aufnahmen von Personen aus verschiedenen Ländern und Kulturen legte er in Zusammenarbeit mit Florian Koch einer Reihe von Schriftsteller:innen mit der Bitte vor, hierzu fiktionale Geschichten zu ersinnen. Das Foto eines betagten Mannes mit einem Kind auf den Knien inspirierte etwa Muepu Muamba zu einem berührenden Rückblick auf ein von Schicksalsschlägen, Armut und Kolonialherrschaft geprägtes Leben. Hier ist die Erzählung „Innerer Monolog“ zu lesen.

Gedicht von Safiye Can

Nanatee

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Kristiina Ehin

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „(die sonne scheint uns am nachmittag)" von Kristiina Ehin.

Julia Grinbergs „Journal einer Unzugehörigkeit"

Mein Keim hat kein einziges Auge

Wie bewältige ich die Zumutungen des Alltags, ohne mich selbst dabei zu verlieren? Gerade dann, wenn ich mich als bloße Zwischenbemerkung eines Zustandes, also als klein und unbedeutend wahrnehme? Die Dichterin Julia Grinberg hat mit ihren lyrisch-prosaischen Miniaturen beeindruckende Literatur geschaffen. Riccarda Gleichauf hat sie genüsslich auf sich wirken lassen und nach der Lektüre den Eindruck erhalten, dass sich aus dem Gefühl der Unzugehörigkeit heraus (poetische) Widerstandskraft herstellen lässt.

Fotografie Forum Frankfurt

I'm So Happy You Are Here

Der Einfluss von Frauen in der japanischen Fotografie wurde bisher stark unterschätzt. Während das Werk der männlichen japanischen Fotografen international gewürdigt wurde, sind ihre Kolleginnen unter dem Radar geblieben. Die in dieser Ausstellung präsentierten Künstlerinnen arbeiten meist unabhängig und experimentell. 

Ausstellung Rom

En route

Die Ausstellung in der Biblioteca Apostolica Vaticana wurde federführend von Don Giacomo Cardinali, Simona De Crescenzo, Francesca Giannetto und Delio V. Proverbio konzipiert. Neben dem Werk von Maria Grazia Chiuri umfassen die Exponate Karten, Tagebücher und Berichte von Entdeckerinnen und stammen aus der großzügigen Sammlung des Museums.

Ausstellung Basel

La roue = c'est tout

Am 22. Mai 2025 wäre der Schweizer Künstler Jean Tinguely (1925-1991) hundert Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass wird sein innovatives, spielerisches und bis heute aktuelles Werk im Museum Tinguely und international mit einer Reihe von Ausstellungen und zahlreichen Veranstaltungen und Aktivitäten gewürdigt.

Im Räderwerk der Atommafia

Die Gewerkschafterin

Im Dezember 2012 wurde die Gewerkschafterin Maureen Kearney gefesselt und traumatisiert in ihrer eigenen Wohnung aufgefunden. Von den Tätern fehlt bis heute jede Spur. Die Journalistin Caroline Michel-Aguirre vom Nachrichtenmagazin „Nouvel Observateur“ hat über Maureen Kearneys Kampf mit der Atomindustrie einen Roman geschrieben. „La Syndicaliste“ liest sich wie ein spannender Politthriller und wurde 2025 von Eva Stegen ins Deutsche übersetzt. 2022 ging der gleichnamige Film mit Isabelle Huppert in der Titelrolle an den Start. Hier ein Auszug aus dem Buch „Die Gewerkschafterin“.

Ausstellung Wien

Water Pressure. Gestaltung für die Zukunft

Die Ausstellung nimmt Wasser als Ressource zwischen Knappheit und Überfluss in den Fokus und vereint die kreative Kraft von Design, Architektur und Kunst mit visionären Konzepten aus der Wissenschaft für die globale Herausforderung, die lebenswichtige Substanz Wasser nicht nur zu bewahren, sondern auch langfristig nachhaltiger und gerechter zu nutzen.

Trauer um den getöteten Lorenz A.

Ein Banzo-Gedicht für Lorenz A.

In der Nacht zum Ostersonntag wurde in Oldenburg eine Schwarze Person von einem Polizisten durch Schüsse in den Hinterkopf und Rücken getötet. Der Fall ist längst keine Ausnahme mehr, doch stößt die wachsende Polizeigewalt noch immer auf verbreitetes Desinteresse. Dem Wegschauen muss man sich aktiv und durch individuelles Engagement widersetzen, findet die Soziologin Betânia Ramos Schröder und hat in einem Gedicht ihrer Trauer über den gewaltsamen Tod von Lorenz A. Ausdruck verliehen.

Gedicht von Jörg Schieke

Auf meinem Backenzahn,

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Blaga Dimitrova: Gras

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Gras“ von Blaga Dimitrova.

Konzert Tour

Butterfly & Wolf

2025 begeistert Ronja Maltzahn auf der brandneuen „Butterfly & Wolf“-Tour ihr Publikum. Mit im Gepäck hat die Sängerin, Songwriterin und Multiinstrumentalistin nicht nur Emily an den Keys, Kai an den Drums und Fede am Bass, sondern auch viele weitere Instrumente, liebevolles Lichterspiel und zauberhafte Poesie. 

Claude Simons Satzkunst

Der Satzbau als Dichtwerk

Es kommt vor, dass erzählende Prosa, die in ihren Ursprungsländern literarische Umbrüche auslöste, uns staunen, aber eben auch kalt lässt. Unter den vielen Gründen, die sich dafür anbieten, lassen sich auch die guten Übersetzungen aus anderen Sprachen finden, in denen diese Sprachkunstwerke ihre Wirkung entfalten können, aber eben nur dort. Felix Philipp Ingold zeigt, dass die Romane Claude Simons, der 1985 den Literaturnobelpreis bekam, es deshalb schwer bei uns haben.

Zum Tode von Sebastião Salgado

Vom Elend sprechen

Die anspruchsvolle Aufgabe, „sprechende” Fotografien zu machen, erfordert einen besonderen Blick, wie ihm Sebastião Salgado zu eigen war. Seine Bilder sprechen von sozialen Zuständen. Sie erzählen mit ihren Details, wie Menschen sich unter den gegebenen Bedingungen ihr Leben einrichten, und damit von den sozialen Differenzen. Andrea Pollmeier erinnert an den Künstler, Aufklärer und engagierten Naturbewahrer Salgado.

Identität am Beispiel von Tieck, Havel und Mitterer

Nie sollst du mich befragen

Wenn man davon absieht, dass man von manchen Leuten gar nichts wissen will, hat sich doch ein wenig Kenntnis des Anderen ganz hilfreich im Umgang miteinander erwiesen. Deshalb wirkt eine geforderte Anonymität wie eine soziale Verweigerung, die, wie Thomas Rothschild beschreibt, als Suspense in der Literatur, auf dem Theater und im Film dient, wenn sie nicht gar zum Motiv eskalierender Konflikte mit letalem Ausgang wird.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Natalka Bilozerkiwez

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Hundert Jahre Jugend“ von Natalka Bilozerkiwez.

Gedicht von Max Sessner

August

Ausstellung Berlin

KaKaKaTi Nno Munange

Die Ausstellung »KaKaKaTi Nno Munange« zeigt neue fotografischen Arbeiten von DeLovie Kwagala aka Papa De. Kwagala nutzt die Kamera als Mittel zur Selbstermächtigung und Selbstbefragung. Die Bilder erinnern an ein Familienalbum und loten Bruchlinien zwischen den Generationen aus. Welche Erinnerungen tragen wir in uns, und wie erzählen wir unsere Geschichte neu?

Eine psychoanalytische Betrachtung des Mythos von der Schrift an der Wand

Kein Wunder, dass Belsazar erbleichte

Wir sind es gewohnt, die Geschichte vom Gastmahl Belsazars und der „Schrift an der Wand“ als Gleichnis für Blindheit und moralischen Verfall mit vorhersehbarem Ende zu lesen. Der Psychoanalytiker Eran Rolnik schlägt eine ergänzende Lesart dieses Mythos vor, die sich stärker auf die psychologische und erkenntnistheoretische Ebene konzentriert. Er behandelt den Fall des Belsazars als eine Art psychoanalytische „Fallgeschichte“ mit tödlichem Ausgang. Auch in der Politik gebe es einen „letzten Moment“, nach dem Reue und Erkenntnis nichts mehr nützen.

 

Aus dem Notizbuch

Kalenderbereinigt

Beim Mitteln streichen die Statistiker die extremen Abweichungen weg, um aussagekräftige Ergebnisse vorzeigen zu können. Beziehen sie sich auf Personen, ist nicht auszuschließen, dass die Aussage des angestrebten Mittelbereichs auf keinen einzigen Menschen zutrifft, weil alle sich anderswo aufhalten. Statistik kann also menschenbereinigt fiktiv sein. Eldad Stobezki hat sich Notizen zu Schwarzweißträumen, Regenwasser, Versäumnissen, Tansania, zur Sprachlosigkeit und eben zur Bereinigung gemacht.

Brigitte Fassbaenders „Parsifal“-Inszenierung in der Oper Frankfurt

Was ist der Gral?

Wagners letzte Oper „Parsifal“ auf die Bühne zu bringen, ist immer ein Risiko. Denn sein religiös-mystischer Inhalt dreht sich um viele Fragen, aber letztlich immer um die nach dem Wesen des Grals. Doch was ist der? Regisseurin Fassbaender fand darauf eine überraschende, aber schlüssige Antwort ganz im Sinne Wagners: die Musik-Bühnen-Kunst selbst. Andrea Richter erlebte die Premiere der neu gedachten, musikalisch kaum Wünsche unerfüllt lassenden und perfekt text-verständlichen Interpretation in der Oper Frankfurt.

Joseph Schmidt – Ein großer Sänger

Rettet meine Stimme

Heute mag man das Angebot Joseph Goebbels, den jüdischen Sänger Joseph Schmidt zum Ehrenarier zu ernennen, so entsetzlich wie komisch finden. Der lyrische Tenor verließ einen Tag später Deutschland und sang woanders in Europa und in den USA. „Ein Lied geht um die Welt“, sein wohl bekannteste Lied, gab auch einem Spielfilm über ihn, uraufgeführt am 9. Mai 1933 im UfA-Palast am Zoo, den Titel. Avichai (Avi) Schmidt erinnert an den populären Opernsänger.

Zum Sammelband „Kritische Theorie als Metaphysik“

Zwischen Metaphysik und Moderne: Karl Heinz Haag

Von der Scholastik zur Frankfurter Schule – die Metaphysik hat Karl-Heinz Haag nicht verlassen. Haag (1924–2011) studierte in Sankt Georgen scholastische Philosophie und bei Max Horkheimer und Heinrich Weinstock an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main, wo er sich mit der Arbeit „Transzendentale Logik in der Neuscholastik“ habilitierte. Peter Kern veranstaltete zum 100. Geburtstag des Philosophen ein Symposion, dessen Ergebnisse er in einem Buch zusammenfasste. Alexander Schubert hat es rezensiert.

Kunstmuseum für Migration Fenix Rotterdam

Die Wege der Migration

Ein neues Kunstmuseum voller Geschichten über Migration. Im Fenix finden Sie Geschichten über Liebe und Abschied, über das Heimkommen und das Sich-Zuhause-Fühlen, über die Suche nach der eigenen Identität oder nach dem Glück. Geschichten von damals und heute. Von hier und dort. Sie sind ab dem 16. Mai 2025 herzlich willkommen.

Liederabend mit Georg Zeppenfeld und Gerold Huber in Frankfurt

Nach angezogener Handbremse fulminante Explosion

Georg Zeppenfeld ist unstrittig einer der großen Wagner-Bässe unserer Zeit. Als Liedsänger fiel er jedoch bisher eher nicht auf. Und ob er das konnte, dessen schien sich der große Sänger anfangs selbst nicht sicher zu sein. Doch als er bei den Zugaben ankam, hatte er sich gefunden und legte zwei fulminante Balladen in der Frankfurter Oper hin, mit denen er Andrea Richter auch in dieser Disziplin endgültig überzeugte.

Gedicht von Stefan Heyer

gilles, der

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Orsolya Karafiáth

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Diesmal „Weder Quelle noch Meer” von Orsolya Karafiáth. 

 

Zur Trennung von Kirche und Staat

Gott regiert mit

Ist denn der Schwur wahr, wenn Gott nicht hilft? Wer der Schwörenden hat über den Zusatz der Eidesformel nachgedacht? – Bei der neuen Bundesregierung steht Religion hoch im Kurs: 13 der 17 Ministerinnen und Minister sprachen ihren Amtseid mit Bezug auf ein religiöses Bekenntnis – auch der neue Bundeskanzler. Erstmals wird eine Regionalbischöfin zur Staatssekretärin ernannt. Droht statt staatlich geforderter weltanschaulicher Neutralität ein klerikal-konservatives Rollback? Helmut Ortner erinnert an unsere Verfassung.

Manuela Klenke übersetzt „re.volver“ von Livia Ștefan aus dem Rumänischen

Wörter, die im Kopf bleiben

Bekenntnis und Wahrheitszeugnis, Offenbaren des Unaussprechlichen, Wildheit und Anarchie, Grenzüberschreitung, Schönheit und Sprachmusik: Es gibt viele Motive, Gedichte zu schreiben. Die rumänische Lyrikerin Livia Ștefan möchte im Puzzle der geschichtlichen Gegenwart mit ihrer Poesie das fehlende Teil ersetzen – das Vergessen. Sie spricht deshalb von investigativer Poesie, von narrativem poetischen Journalismus, um den Opfern der Geschichte ihre Geschichten erzählen zu lassen. Manuela Klenke hat Ștefans Gedichtband „re.volver“ ins Deutsche gebracht, und Ortwin-Rainer Bonfert hat Poesie und Übersetzung in den Blick genommen.

Aus dem Notizbuch

Tagesablauf

Weil man nicht weiß, was am Baum der Erkenntnis wuchs, lässt es sich trefflich spekulieren. Es wird doch kein Granatapfel gewesen sein? Oder gar eine Zitrone? Mangel an Erkenntnis und Bewusstsein herrscht nicht in Eldad Stobezkis Notizen, in denen auch Kindesentführer, St. Trinitatis in der Nonnenmühlgasse, Milch und Honig, Gaza und Minen, Polohemden und Klettverschlüsse, 13 Arme und 1 Schnappdaumen – und eben Zitronen Platz finden.

111 Actionszenen der Weltliteratur

Unerhörte Episoden

Unerhörte Begebenheiten aus dem Leben von Schriftstellerinnen und Schriftstellern sind nur möglich, wenn diese ihren Beruf gerade nicht ausüben, sondern zu Lande, zu Wasser und in der Luft unterwegs sind, kegeln, musizieren, auf der Jagd oder einer Party auffallen, kurz, wenn sie das tun, was andere Menschen auch tun – wenn Weltliteraten also von der Grundannahme, keine normalen Menschen zu sein, abweichen. Ruthard Stäblein schreibt, warum und wie die „111 Actionszenen der Weltliteratur“ zu lesen sind.

Frank Capra und der American Dream

Fahrstuhl und Mundharmonika

Schon die Biographie Frank Capras liest sich wie die Nacherzählung einer seiner Filme. Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen – der Vater ist Obstpflücker – emigriert er als Fünfjähriger mit der Familie nach den USA, verdient als Zeitungsjunge ein wenig Geld; der Vater stirbt, der Junge schlägt sich mit unzähligen Gelegenheitsjobs durch, die ihn in die Filmstudios führen, in denen er schließlich als Starregisseur mit prägenden Filmen Varianten des amerikanischen Traums realisierte. Thomas Rothschild beschreibt, vor allem anhand des Films, der im Deutschen Lebenskünstler hieß, die Grenzen des Künstlers.

Textland: Video-Interview

Wo wollen wir hin?

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Für Barbi Marković gehört Humor zum Leben und dient im Miteinander dazu, Verständnis zu zeigen: „Ich kommuniziere viel über Humor im zwischenmenschlichen Bereich, denn er bringt Entspannung in Situationen.“

Barbara Skargas Gulag-Bericht

Elf Jahre in der Hölle

Unerschütterlicher Glaube, Hoffnung, Opportunismus, Verblendung und Angst vor Gefangenschaft und Tod waren und sind die Motive dafür, dass Menschen auch die ungeheuerlichsten Verbrechen vor allem in totalitären Herrschaftssystemen hinnehmen, rechtfertigen oder leugnen. Konzentrationslager bringen wir damit in Verbindung, weniger die Straf- und Arbeitslager der Sowjetunion: Gulag. Barbara Skarga schrieb ihre Erinnerungen an den Gulag auf. Ní Gudix hat das Buch gelesen.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Dragana Mladenović

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Diesmal „Weit weg” von Dragana Mladenović. 

Gedicht von Andreas Altmann

Über Tag über Nacht

Rossinis „Der Barbier von Sevilla“ in Wiesbaden

Die Verleumdung ist ein Lüftchen

Weniger bekannt ist, dass der gelernte Uhrmacher die Ankerhemmung für Taschenuhren, aber auch ein Pedalsystem für die Harfe erfand: Pierre-Augustin Caron, der sich de Beaumarchais nannte und Dramen und Komödien verfasste, darunter den „Barbier von Sevilla“. Nach Paisiello und Mozart griff auch Gioachino Rossini nach dem Stoff und komponierte innerhalb von 13 Tagen die gleichnamige, bis heute erfolgreiche Opera buffa. In Wiesbaden hat sie Walter H. Krämer jetzt auch mit Puppen aufgeführt gesehen.

Der letzte Slawenfürst

Jaxa von Köpenick

Dass nationalstaatliche Kategorien der Moderne zum Verständnis des Mittelalters wenig taugen, zählt mittlerweile zum historischen Allgemeinwissen, das sich gerade am Beispiel Jaxas von Köpenick eindrucksvoll illustrieren lässt. Er regierte im 12. Jahrhundert über ein Gebiet im Osten und Südosten des heutigen Berliner Raumes. Sein Tod im Jahr 1176 leitete das Ende der slawischen Herrschaft an der Spree ein, wie Winfried Dolderer zu berichten weiß.

Über den Umgang mit Geschichte auf der Bühne

Theater und Gegenwart

Öffnet sich der Vorhang im Theater, wird der Blick in eine andere Wirklichkeit frei. Der wird jedoch inzwischen immer häufiger durch überspitzte Gegenwartsbezüge vereitelt. Wie Peter Zadek, Claus Peymann oder Hans Neuenfels widersetzt sich auch die Theater- und Opernregisseurin Andrea Breth diesem Trend. Dass sie ihre Wiener Emilia-Galotti-Inszenierung nicht ins Heutige zerrte, sondern die Modernität des Textes zeigte, schätzt Thomas Rothschild sehr. Die Entsorgung von Geschichte auf der Bühne bedeutet für ihn die Entsorgung von Utopie.

Vor 70 Jahren: Denkschrift „Zur Lage der deutschen Nichtarier“ von Elisabeth Schmitz

Übersehen, überhört, vergessen

Was das Naziregime im Schilde führte, durchschaute Elisabeth Schmitz von Anfang an. Bereits 1935 attackiert sie in einer Denkschrift die Drangsalierung jüdischer Bürger:innen und rettet vielen das Leben. Ihre couragierte Haltung wurde mehr als ein halbes Jahrhundert vollkommen ignoriert. Anlässlich des 90. Jahrestags der Denkschrift ehrt ihre Geburtsstadt Hanau sie mit einer Büste. Doris Stickler gibt Einblick in das Leben der Widerständlerin.

Textland: Video-Interview mit Jovana Reisinger

Überleben im Patriarchat

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Jovana Reisinger weiß Humor ganz besonders zu schätzen, wenn sie über etwas „Gewaltvolles, Drastisches oder Schmerzvolles“ schreibt. „Humor sorgt für eine Pointe, die aufatmen lässt. Als Leser:in oder als schreibende Person kann man dann aus der geschilderten Situation heraustreten.“

Textland: Video-Interview mit Arno Camenisch

Liebe ist die Basis für Humor

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Für Arno Camenisch sind Komik und Liebe ein unzertrennliches Paar. „Erst durch Liebe komme ich ganz nah an die Figuren heran. Ihnen ganz nah zu sein, ist für mich die Voraussetzung für Komik.“ 

Gedicht von Andreas Hutt

o. T.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Blaga Dimitrova

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Diesmal „Der Korbmacher” von  Blaga Dimitrova.

Aus dem Notizbuch

Rosskastanie, Bonsai und die Weltlage

Die Hufform des Blattstielendes hat dem Baum den Namen gegeben: Die Rosskastanie ist immer nach rechts drehwüchsig und trimonözisch, also bestückt mit männlichen, weiblichen und zwittrigen Blüten auf einem Individuum. Also aufgepasst! Vielleicht gehört sie auch zu den geretteten Bäumen, von denen Eldad Stobezki schreibt, wenn er sich nicht mit antiquarischen Büchern, Eiern, Gelagen oder Verstümmelungen befasst.

Deutsche Geschichte in Osteuropa

Autobahnen denken lautlos

Namen von Landschaften, Städten und Dörfern sind Chiffren für Geschichte und Geschichten. Sie zu entziffern und sich damit unserer Geschichte innezuwerden, ist ohne Recherchen meist nicht möglich. Dass die Geschichte, zumal die deutsche Geschichte im Osten Europas, dennoch weiterwirkt, mag auch Irrationales zwischen den Nachbarn erklären. Matthias Buth hat sich auf den Weg begeben.

Rainer Wieczoreks „Ringo-Variationen“

Bach im Yellow Submarine

„Könnte es sein, dass wir uns schon bald trennen?“, sangen die Beatles ahnungsvoll in „We can work it out“ und eben lange vor der Kanzlerin: „Wir können es schaffen“. Sie haben es nicht geschafft. Aufstieg und Zerfall der „Fab Four“ aus der Sicht ihres Schlagzeugers Ringo Starr zu schildern und obendrein, was man nicht wissen kann, mit Variationen von Möglichkeiten zu ersetzen, hat Rainer Wieczorek unternommen. Und PH Gruner hat es gerne aufgenommen.

Stig Dagermans „Trost“

Jagdfreudig

Nicht viel, aber keine Kleinigkeit: Stig Dagermans „Trost“. Gegen Ende seines kurzen Lebens schrieb der schwedische Journalist und Schriftsteller: „Alles was ich besitze, ist ein Zweikampf, und in jedem Augenblick meines Lebens tobt dieser Zweikampf zwischen den falschen Tröstungen, die bloß die Ohnmacht steigern und meine Verzweiflung vertiefen, und diesen echten Tröstungen, die mich hinführen zu einer flüchtigen Befreiung“. Kerstin Lücker hat das Buch gelesen.

Das Tagebuch von Sonja Borus

Unbeschreibliche Ängste

Dank der Kinder und Jugend-Alijah ist Sonja Borus als 13-Jährige den Fängen der Nazis entkommen. Ihre Eltern und der Bruder wurden in den Gaskammern ermordet. Während ihrer vierjährigen Flucht nach Israel vertraute sie dem Tagebuch ihre Ängste, Hoffnungen, Sehnsüchte und Zweifel an. Christel Wollmann-Fiedler gibt Einblick in die Seelenqualen eines jungen Mädchens das es schaffte, den erlebten Grausamkeiten zu trotzen.

„Souvenirs d’un apatride” von Daniel Cohn-Bendit und Marion Van Renterghem

Nicht harmonische Entwicklung

Daniel Cohn-Bendit, jetzt 80-jährig, wurde im Paris der späten 1960er-Jahre von den Medien zum Sprecher („Dany le Rouge“) der Bewegung 22. März gemacht. In Frankfurt wurde er mit Joschka Fischer Wortführer der undogmatischen Linken („Spontis“). Beide Städte belebte er mit zahlreichen Aktionen, bevor er als erster Frankfurter Dezernent für multikulturelle Angelegenheiten und als Europa-Parlamentarier wirkte. In dem Buch „Souvenirs d’un apatride”, das jetzt in Frankreich veröffentlicht wurde, gibt er Auskunft über sich selbst. Und Rainer Erd hat es gelesen.

Gedicht von Jan Röhnert

Sturmgewölkjuli

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Zsuzsa Rakovsky

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Diesmal „Einbahnstraße” von Zsuzsa Rakovsky.

Über die Verhinderung von Öffentlichkeit in unserer Gegenwart

Eine Zensur findet statt

Der mündige Staatsbürger kann private und politische Entscheidungen sinnvollerweise nur treffen, wenn er ausreichend und differenziert informiert ist. Dies zu gewährleisten, liegt in der Verantwortung der Medien, also der Presse und der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten. Zensur schränkt diese Verantwortung ein und entmündigt den Menschen. Nach Artikel 5,1 unseres Grundgesetzes findet Zensur nicht statt. Thomas Rothschild setzt in seinem Essay die Wirklichkeit gegen den Anspruch.

Fotografien von Robert Lebeck in Rüsselsheim

Lauter glückliche Momente

Dem Fotografen und Fotoreporter Robert Lebeck (1929-2014) gelang es stets, den richtigen Moment zu treffen. Das ist eine hohe Kunst, denn sie erfordert nicht nur Geschick, sondern man muss auch zum besten Zeitpunkt am Platz sein, sein Objektiv instinktiv auf den richtigen Ausschnitt dieser Welt halten. Lebeck selbst nannte es „unverschämtes Glück“, wenn er im rechten Moment abdrücken konnte. Isa Bickmann besuchte die Ausstellung in den Rüsselsheimer Opelvillen, die sich seinen ausgewählten Reportagen aus Deutschland widmet, und war versucht, immer wieder Aktualitätsbezüge zu sehen.

Textland: Video-Interview

Das Medium ist die Botschaft

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. „Wenn wir unter Literatur diesen Gattungsbegriff verstehen, der sich im 19. Jahrhundert in der bürgerlichen Gesellschaft geformt hat, dann sollten wir nicht zu viel von ihr erwarten“, findet Leon Joskowitz. Es handele sich „natürlich um ein ideologisches Konstrukt, das zur Abgrenzung und zur Elitenbildung dient.“ 

„The Fall of the House of Usher“ am Staatstheater Mainz

Madeline im Leichensack

„Ich weiß nicht, wie es geschah – aber beim ersten flüchtigen Anblick des Baues beschlich ein Gefühl unleidlicher Düsternis meinen Geist.“ Wie in anderen Erzählungen bereitet Edgar Allan Poe das Grauen vor, das er dann inszeniert. Und er bevorzug extrem alte Geschlechter, deren isoliertes Leben, Inzucht und vergangene Verbrechen das Unheimliche verkörpern. „The Fall of the House of Usher“ ist am Staatstheater Mainz mit der Musik von Philip Glass auf die Bühne gebracht worden, und Margarete Berghoff hat die Oper gesehen.

8. Mai 1945

Keine „Stunde Null“

Der Tag des Kriegsendes am 8. Mai 1945, damals von den Deutschen als „Zusammenbruch“ bezeichnet, gilt heute als „Tag der Befreiung“, als Chiffre für den Beginn unserer Demokratie. Doch die „Stunde Null“ ist auch Beginn des kollektiven Verdrängens und Vergessens der Verbrechen des Nationalsozialismus – und der stillschweigenden Integration der Täter in der Nachkriegszeit. Helmut Ortner beschreibt, was in diesem neuen deutschen Staatsgebilde unverändert blieb, wie Täter zu Opfer wurden und wer von nichts gewusst hat.

Sibylle Bergs „RCE #RemoteCodeExecution“ am Berliner Ensemble

Das abgründige Gute

Wenn Goethe Mephisto sich mit den Worten vorstellen lässt, er sei „ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft“, so erfahren wir im Alltag auch das teuflische Gegenteil, nämlich Gutwillige, die stets kräftig das Böse schaffen. Sybille Bergs Roman „RCE #RemoteCodeExecution“, der in der Bearbeitung von Kay Voges und Sibylle Baschung beim Berliner Ensemble auf die Bühne kam, arbeitet diese Erkenntnis aus, wie Walter H. Krämer berichtet.

Zschäpes Draht zum Verfassungsschutz

Beate Zschäpe, der NSU und der Inlandsgeheimdienst

Wie der Name schon sagt, ist der Geheimdienst ein geheimer, intransparenter Dienst. Er scheint manchmal dermaßen geheim zu sein, dass ihm selbst nicht bekannt ist, was er tut. Das aber wäre eine freundliche Interpretation seiner obskuren Tätigkeiten. Glaubt man ausnahmsweise der skandalgierigen Bildzeitung, dann waren die Beziehungen des Dienstes zum „Nationalsozialistischer Untergrund“ enger, als man glauben möchte. Detlef zum Winkel kommentiert.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Maryja Martysievich

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Diesmal „Sie: Penelope” von Maryja Martysievich.

Louisiana Museum of Modern Art

Robert Longo

Schwarz auf Weiß. Zeichenkohle auf Papier. Schnappschüsse, aus der Zeit gemeißelt. Robert Longo fängt Motive aus dem Bilderwirbel, der uns umgibt, ein und vergrößert sie dann und baut sie Schicht für Schicht zu dramatischen und gigantischen Kohlezeichnungen auf. Die Ergebnisse sind episch in Format und Umfang und fesseln uns mit einer fast hypnotischen Kraft.

Aktiv für Demokratie

Woche der Meinungsfreiheit

Freie Meinungsäußerung und lebhafte Debatten sind unverzichtbare Elemente einer Demokratie. Da rechtsextreme Einstellungen und KI gesteuerte Algorithmen jedoch zunehmend die Werte der freiheitliche Ordnung bedrohen, rief der Börsenverein des Deutschen Buchhandels 2021 die bundesweite „Woche der Meinungsfreiheit“ in Leben. Die Geschichtswissenschaftlerin Margit Ketterle war an dem Vorstoß maßgeblich beteiligt, Doris Stickler hat mit ihr gesprochen. 

Textland: Video-Interview

Ich möchte einen Raum schaffen

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Aileen Schneider will „einen Raum schaffen, in dem wir uns gemeinsam Fragen stellen und dadurch zu einem Verständnis kommen können, wie gewisse Mechanismen, Systeme und Strukturen entstehen, wie sie aufgebaut sind und funktionieren.“ 

Textland: Video-Interview mit Lena Gorelik

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Dass ihr vermittelt wurde „wie wichtig es ist, alles mit Humor zu betrachten“, weiß Lena Gorelik heute überaus zu schätzen. „Vor allem wurde mir sehr früh durch diese Sichtweise beigebracht, über mich selbst lachen zu können.“

Textland: Video-Interview mit Martin Piekar

Dann werden neue Welten erfunden

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Martin Piekar rechnet damit, dass wir „in den nächsten Jahren eine Renaissance der Romantik erleben … weil die Menschen müde geworden sind von Inflation, Kriegen, der Pandemie – kurz: von jedem großweltlich politischen Irrsinn.“

Textland: Video-Interview mit Julia Mantel

Das Leben bringt mich zum Lachen

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Julia Mantel hilft Humor in allen Lebenslagen weiter. „Humor erleichtert es mir, mich an den Schreibtisch zu setzen, in ernster Situation wirkt er wie eine Art Gewürz, so dass ich auch über mich selbst lachen kann. In letzter Konsequenz hilft mir Humor, Distanz zu Situationen herzustellen, in denen ich mich befinde.“

Aus dem Notizbuch

Bügeln, Liebe und Liebhaberei

Wer an ein Leben nach dem Tod glaubt, kann berechtigterweise bezweifeln, ob er noch lebt. Das nachzuweisen, indem man sich in den Arm zwickt, um den Schmerz zu spüren, beseitigt den Zweifel nicht. Sollte das tägliche Aufschreiben des Datums, wie On Kawara das betrieb, Gewissheit bringen? Oder schreibt er möglichweise noch immer? Eldad Stobezkis Notate zum Datumskünstler nehmen aber auch noch den Clown im Palast mit, Strippenzieher, Körperkontakte, Herzkranzgefäße und vor allem das Bügeln.

Ein Austausch mit Boualem Sansal in der Zeit des „Arabischen Frühlings“

Gefährlich ist der Moment, in dem man spricht

Seit Boualem Sansal, Träger des Friedenspreises 2011 und einer der bedeutendsten Schriftsteller Algeriens, im November 2024 in seiner Heimat verhaftet worden ist, setzen sich weltweit der Autorenverbund PEN International, solidarische Protestbewegungen und Intellektuelle wie der Politikwissenschaftler Claus Leggewie für die Freilassung des erkrankten, achtzigjährigen Autors ein. Sansal war sich seiner Gefährdung bewusst. In einem Gespräch, das er im Januar 2012 zu Beginn des von Hoffnung getragenen „Arabischen Frühlings“ mit Miriam Shabafrouz und Andrea Pollmeier in Frankfurt führte, sprach er über dieses Risiko und seinen Umgang mit Angst.

Schwarz-rote Bundeskulturpolitik

Wie gehabt

Dass sich die Koalitionsvereinbarungen zur Kulturpolitik einer Rede bei einer Landwirtschaftsausstellung aus Flauberts „Emma Bovary“ bedienen, wie Jürgen Kaube in der F.A.Z. schreibt, überrascht nicht. Copy & paste oder KI? Nicht nur Pathos und Ahnungslosigkeit kennzeichnen angemaßte Kompetenzen, sondern, wie der Dichter und Jurist Matthias Buth zeigt, der eigenmächtige Umgang der bundeskulturellen Einrichtungen mit unseren Gesetzen.

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Radmila Lazić

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Diesmal „Selbstbildnis” von Radmila Lazić.

Ausstellung RrOMA LEPANTO bei Kai Dikhas in Berlin

Wer ruderte die Galeeren in der Schlacht von Lepanto?

Eine Ausstellung von Kai Dikhas in Berlin erzählt die historische Seeschlacht von Lepanto aus der Perspektive der Roma neu und lädt dazu ein, genauer hinzusehen. Die ursprünglich auf der Biennale Venedig gezeigten Werke der beteiligten Künstler*innen wollen einen Diskurs über die (Un-)Sichtbarkeit und Anerkennung der Beiträge der Roma zur europäischen Geschichte und Gesellschaft initiieren. Noch bis Ende Mai ist die Gemeinschaftsausstellung in Kreuzberg zu sehen. Cornelia Wilß berichtet.

Textland: Video-Interview mit Noemi Somalvico

Humor hebelt die Traurigkeit aus

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Für Noemi Somalvico ist Humor ein wichtiger Begleiter im Alltagsgeschehen. „Ich benutze Humor, um Entlastung in Situationen zu bringen, die der Lächerlichkeit preisgegeben sind oder in denen Menschen in eine Schieflage geraten.“ 

Textland: Video-Interview mit Jakob Nolte

Texte sollten wie Gerichte sein

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Wie Jakob Nolte an sich selbst beobachten kann, wohnt dem Schreiben stets eine Form von Humor inne, die mit der Art des Denkens korrespondiert. „Dazu gehört zum Beispiel, dass man in der faktischen, von Satz zu Satz zu Satz fortschreitenden Tätigkeit eine Erfrischung braucht. Das kann Humor sein.“

Interview mit Investigativjournalistin Kathrin Hartmann

Frontlinien der Klimakrise

Wer Öl ins Feuer gießt, entfacht bewusst einen noch größeren Brand. Die Journalistin Kathrin Hartmann analysiert – von den USA über Rügen bis Namibia – weltweit Projekte, die „global und gerecht“ aus Krisen herausführen sollen. Im Austausch mit Insidern vor Ort werden erschütternde Kontinuitäten einer profitgetriebenen Zerstörung erkennbar. Sachlich und einfühlsam zugleich beschreibt die Autorin die widersprüchlichen Effekte ökonomischer und technologischer Maßnahmen auf Mensch und Umwelt. Andrea Pollmeier hat mit der Autorin über ihre Recherchen gesprochen.  

Gedicht von Betânia Ramos Schröder

XI

Marine Le Pen und die „Justiztyrannei“

Vorsätzlich begangener Betrug

Nicht nur schlechtes Benehmen zeichnet die Repräsentanten rechtsextremer Parteien diesseits und jenseits des Atlantik aus, sondern auch unverhohlene Korruption, die dreiste Umkehrung des Täter-Opfer-Verhältnisses und die Akzeptanz der Gesetze nur zum Eigennutz. Will die Exekutive ihre Glaubwürdigkeit nicht verlieren, muss sie Gesetzesverstöße ahnden. Weil das in Frankreich jetzt geschah, mobilisiert Marine Le Pen ihre Anhängerschaft gegen die Justiz. Jutta Roitsch hat genau hingesehen.

Ein Künstlerbrief

Mondriaan & ich selbst

Einem Künstler, der aus einem Ort stammt, in dem ein anderer, älterer und berühmter Künstler gelebt hat, wird der konkurrente Vergleich geradezu aufgedrängt. Winterswijk heißt der Ort und das Haus, in dem Piet Mondriaan wohnte und an dem Fredie Beckmans vorbei zur Schule ging, trägt heute den Namen „Villa Mondriaan“. In seinem Künstlerbrief erinnert sich Beckmans seiner Anfänge und seines Werdegangs als unabhängiger Maler.

Thomas Lehrs „Kafkas Schere“

Aus der Welt fallen in extreme Bildräume

Wenn Wahrheit der Anspruch des Schreibens ist, dann kann sie nicht in der Widerspiegelung der Realität bestehen, sondern in der Radikalisierung des Vorgefundenen. Und der kann man nicht vertrauen. In „Kafkas Schere“ hat Thomas Lehr Geschichten erzählt oder aufgegriffen, um sie verschärfend zu verändern und in ihre Konsequenzen zu führen. Ewart Reder hat das Buch gelesen.

Veranstaltungsreihe

Pavillon der Demokratie

In der Frankfurter Paulskirche wurde der Grundstein für die Demokratie in Deutschland gelegt. Dort tagte 1848 die Nationalversammlung und legte die erste gesamtdeutsche und demokratische Verfassung des Landes vor. Im Rahmen des 175-jährigen Jubiläums entstand vor zwei Jahren die Idee für einen „Pavillon der Demokratie“.

Trump und die Welt des Karnevals

„Es lebe der König"

„Ich liebe die Ungebildeten“, bekannte der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Diese Selbstliebe aber muss auch das Wissen um die historischen Modelle ignorieren, die man selbst nachspielt. Und wäre die Situation nicht so ernst, könnten wir uns über die Narrengeschichten aus der Neuen Welt amüsieren. Die Archäologin und Historikerin Evangelia Kelperi führt mit Verweisen auf die Gegenwart Beispiele von der Antike bis zur Renaissance an, als Saturnalien und Karneval noch eine grundstürzende Bedeutung hatten.

Versuch über Clarice Lispector

„Ich bin ihr alle!“

Jeder Mensch ist nicht nur für das verantwortlich, was er tut, sondern auch für das, was alle anderen tun: Fjodor Dostojewskis moralisches, überforderndes Axiom hat auch die brasilianische Schriftstellerin Clarice Lispector für sich in Anspruch genommen. Dennoch wurde sie nicht als intervenierende Aktivistin bekannt, sondern als erfolgreiche Autorin. Felix Philipp Ingold beschreibt die ambivalente Figur Lispector. Die Gesichter, die uns aus ihren Porträtfotos ansehen,  sind die einer entschlossenen Frau.

Aus dem Notizbuch

Kohlrabi und hohe Decken

Genau genommen ist jede Schrift eine Chiffre, deren Buchstäblichkeit man kennen muss, damit man sie ent-ziffern, also lesen kann. Musik dagegen wirkt unmittelbar über Luftschwingungen auf den Leib, das Nervensystem und – poetisch ausgedrückt – aufs Gemüt. Eldad Stobezki formuliert das kürzer, nachdem er über Kohlrabi, die Spinne an der Decke, das Blau und den Rhythmus nachgedacht hat.

Gedicht von Julia Grinberg

von Ballerinas und Zinnsoldaten

Der Westen, Europa und seine Feinde (2. Teil)

Abrechnung (2)

Nur im gemessenen zeitlichen Abstand werden Historiker feststellen können, wann die neue Zeit begann. Was wir aber schon wissen, ist, dass die Deutschen, von deren Boden nach dem Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg nie wieder ein Krieg ausgehen sollte, die deshalb militärische Rüstung eher symbolisch verstanden und ihre Sicherheit den transatlantischen Verbündeten anvertrauten, durch Russlands Aggressionskrieg gegen die Ukraine und die antieuropäische Haltung der US-amerikanischen Regierung sich neu erfinden müssen. Der Politikwissenschaftler Claus Leggewie setzt sich mit Positionen, Theorien und der Realität auseinander. Wir bringen den Text in zwei Teilen. Hier ist Teil zwei.

Der Westen, Europa und seine Feinde (1. Teil)

Abrechnung (1)

Nur im gemessenen zeitlichen Abstand werden Historiker feststellen können, wann die neue Zeit begann. Was wir aber schon wissen, ist, dass die Deutschen, von deren Boden nach dem Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg nie wieder ein Krieg ausgehen sollte, die deshalb militärische Rüstung eher symbolisch verstanden und ihre Sicherheit den transatlantischen Verbündeten anvertrauten, durch Russlands Aggressionskrieg gegen die Ukraine und die antieuropäische Haltung der US-amerikanischen Regierung sich neu erfinden müssen. Der Politikwissenschaftler Claus Leggewie setzt sich mit Positionen, Theorien und der Realität auseinander. Wir bringen den Text in zwei Teilen. Hier ist Teil eins.

Programm und Kompromiss

Bett, Seife und Brot

Solange zwei Gewählte ihre Ungleichheit betonen, werden ihre großen politischen Entwürfe beim Kuhhandel enden, und die unredlichen Diskreditierungen werden kein Ende nehmen. Der Tauschhandel, der Existenzen von Migranten, Armen, Frauen und Müttern verdinglicht, kann dem Zynismus nicht entgehen. Peter Kern hat die Optionen der Verhandlungspartner in den Blick genommen.

Handverlesen

Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „Zu spät" von Mirela Ivanowa.

„Briefe aus der Roten Wüste“ von Maria Borio und Tom Schulz

Die Pinie am Haus

Eigentlich gehört es sich nicht, fremde Briefe zu lesen. Und selbst wenn sie in Buchform erscheinen, fällt der Blick in eine sonst geschützte Privatsphäre. Zum Glück wird die Neugier beim lyrischen Paarlauf mit Maria Borio und Tom Schulz in berückende Bahnen geleitet, wo sie zwischen Eidechsen und Olivenbäumen mit kunstvoll zarten Versen belohnt wird. Bernd Leukert hat sich von den Briefen aus der Roten Wüste betören lassen.

Reimanns L`invisible an der Oper Frankfurt

Vom Ende zum Anfang

Selten wird die Tatsache, dass sich die reale wie metaphysische Welt aus unzähligen Fragmenten zusammensetzt, so klar widergespiegelt, wie in Aribert Reimanns letzter vollendeter Oper „L`invisible“ (das Unsichtbare). Einzelne Teile für sich betrachtet, hätten weder Bedeutung noch Überzeugungskraft. Erst durch das Zusammensetzen entsteht ein faszinierendes Gesamtbild immerwährender Transformation, zu der der Tod genauso wie das Leben gehört. In der Erstaufführung der Oper Frankfurt wird es, meint Andrea Richter, sinnlich erfahrbar gemacht.  

Vor 80 Jahren wurde Georg Elser hingerichtet

Allein gegen Hitler

Vor achtzig Jahren – am 9. April 1945 – wurde der Schreinergeselle Georg Elser im KZ Dachau ermordet. Mit einer selbstgebastelten Bombe hatte er ein Attentat auf Hitler geplant, während dieser im Münchner Bürgerbräukeller eine Rede hielt. Doch der „Führer“ verließ vorzeitig den Saal und kam mit dem Leben davon. Elser wurde als „Sonderhäftling“ jahrelang inhaftiert – und kurz vor Kriegsende auf Befehl der Gestapo erschossen. Helmut Ortner schreibt über den Mann, der die Bombe baute, die Hitler töten sollte.

Gedicht von Felix Philipp Ingold

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Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa

Tanja Stupar-Trifunović

Diese Poesie ist in mehrfacher Hinsicht erlesen. Denn sie wird durch die Stimme und Gestaltungskunst einer einzigartigen Rezitatorin versinnlicht und zugleich inhaltlich reflektiert. Birgitta Assheuer hat in ihrer Reihe „Handverlesen“ 25 Gedichte aus 16 Ländern ausgewählt und gelesen, Lyrik von Frauen aus Mittel- und Osteuropa. Zugewandt und klug kommt uns ihre Dichtung entgegen, und wir müssen nur hören. Hier „alte und goetter" von Tanja Stupar-Trifunović.

Friedman in der Oper Frankfurt

Die Knie beugen und den Ring küssen

Leoš Janáčeks letzte Oper „Aus einem Totenhaus“ nach den Aufzeichnungen Fjodor M. Dostojewskis aus seinen eigenen Erfahrungen erzählt von den Insassen eines Straflagers. Regisseur David Hermann versetzte das Werk in unsere Gegenwart und zeigt einen Journalisten, der in die Fänge eines repressiven Regimes gerät. Entlang dieser Handlung diskutierte Michel Friedman im Rahmen seiner Gesprächsreihe in der Frankfurter Oper sehr spannend mit dem Leiter des ZDF-Studios in Washington, Elmar Theveßen, die Frage von Opportunismus angesichts der Bedrohung durch autoritäre Staatsideen und -lenker.

Susan Sontag. Ausstellung Bonn

Sehen und gesehen werden

Die Autorin, Kritikerin und public intellectual Susan Sontag hat sich zeitlebens intensiv mit den visuellen Medien beschäftigt. Aus der Philosophie und Literaturwissenschaft kommend, erkannte sie hellsichtig den bestimmenden Einfluss der Fotografie in unserer medial geprägten Gesellschaft. 

Ewart Reders „Komisch, dass wir nicht merken, dass wir komisch sind“

Jenseits der Schubladen

Ephraim Kishon fragte einst: „Haben die Deutschen Humor? Wenn ja, warum nicht?“ Das traf nicht nur die Deutschen, die allzu oft keinen Zugang zum Kunstpalast des Unernstes finden. Auch die Nichtdeutschen stehen nicht selten fassungslos vor unserer absurden Komik, die es durchaus gibt. In seiner Textsammlung mit „Possen und Glossen“ hat Ewart Reder die freiwilligen und unfreiwillig komischen Abgründe überquert, und Paul-Hermann Gruner hat einen Blick darauf geworfen.

Die AFD-Hochburg, der Kabarettist und das Erinnern

Kehrt Werner Finck nach Görlitz zurück?

Görlitz, am östlichen Rand der Republik, ist eine besonders schöne, geschichtsträchtige, auch zukunftsorientiere Stadt – und AFD-Hochburg. Hier wurde Werner Finck geboren, der Großmeister des politischen Kabaretts. Einst berühmt, heute bei vielen vergessen. Das soll sich jetzt ändern. Helmut Ortner erinnert an den großartigen Schauspieler und Kabarettisten und bringt ihn nach Görlitz zurück.

Aus dem Notizbuch

Die persönliche Urne

Spirituosen. So nennt man geistige Getränke. Und tatsächlich gesellt sich auch der Weingeist, wenn er sich nicht als Gespenst erweist, gerne zu anderen geistigen Medien wie den Büchern. Eldad Stobezkis vagabundierende Notizen streifen Sicherungskopien, das messerscharfe Maß, den Maulbeerbaum, selbstgetöpferte Urnen, den Tod von Schmetterlingen und Menschen.

Giacomo Casanova zum 300. Geburtstag

Er war nie verheiratet

Am 2. April 2025 vor 300 Jahren wurde Giacomo Casanova geboren. Dass er zu einer prominenten Figur des 18. Jahrhunderts wurde, dafür hat er selbst gesorgt. Aus den vielen Facetten seines Lebens wurden aber immer nur wenige verbreitet, so dass jeweils ein verzerrtes, vergröbertes Bild von ihm existiert. Tatsächlich war er ein mannigfaltig talentierter Mann, der mit heute unvorstellbaren Methoden versuchte, seine Existenz und sein Leben zu retten. Nach einer kurzen biografischen Skizze eine Erinnerung an Lasse Hallströms „Casanova“-Film von Marli Feldvoß.

Erzählung von Peter Bichsel

Ein Tisch ist ein Tisch

Es eint die Schriftsteller der Schweiz der Zweifel an der vorgefundenen Realität. Ob Friedrich Dürrenmatt, Max Frisch oder Peter Bichsel, der nun gestorben ist – sie trauen ihren Sinnen nicht. Sie könnten ja auch jemand anderes sein, und der andere ist möglicherweise nicht der, für den man ihn hält. Auch der Blick in die Welt ist durch Skepsis gefiltert. Wir erinnern an Peter Bichsel mit seiner kurzen Erzählung „Ein Tisch ist ein Tisch“, die einen trügerischen Ausweg aus der engen Beziehung von Ding und Namen bereithält.

30 wuchtige Thesen für die Gesellschaft und die Politik

Verspieltes Vertrauen zurückgewinnen

Vier Prominente der deutschen Gesellschaft haben an die Tür einer sich findenden Regierung 30 Thesen für einen handlungsfähigen Staat geschlagen, die auf Reformen, nicht auf Reformation hinauslaufen. Mit ihnen wird gefordert, die vernachlässigten Strukturen des Staates in einen funktionsfähigen Zustand zu versetzen. Jutta Roitsch hat sich das Papier genauer angesehen.

Die Theologin Katharina Staritz

Was Frauen möglich war

In der evangelischen Kirche war Frauen bis 1950 das Pfarramt verwehrt. Diesen Missstand beendete der Theologe Martin Niemöller mit Schaffung der deutschlandweit ersten Planstelle für eine Theologin, die er vor 75 Jahren mit einer außergewöhnlichen Frau besetzte. Doris Stickler gibt Einblick in das Leben von Katharina Staritz, die sich weder im NS-Regime noch im männerdominierten Nachkriegsdeutschland mundtot machen ließ.

Frauen in Indien

Die Ware Frau

Frausein in Indien ist immer noch belastet von Jahrhunderte alten Konventionen. Was das bedeutet, hängt davon ab, welcher gesellschaftlichen Klasse und Kaste die Frau angehört. Indien hatte eine Ministerpräsidentin zu einer Zeit, als das bei uns noch undenkbar schien. Die Schere der Chancen und Möglichkeiten geht und ging schon immer weit auseinander. Clair Lüdenbach hat sich über die Frau als Bewahrerin und Ware Gedanken gemacht.

Udo Bregers „Extraterritorial. Zeiten mit Carl Laszlo“

Einmal Hölle und zurück

Fünf Jahre mit einem hedonistischen, kunstbesessenen Psychoanalytiker, der sich als Teil der Avantgarde der 60er- und 70er-Jahre sieht. Da gibt es einiges zu erzählen. Die Berichte und Dokumente aus dieser Zeit haben Kultstatus. Der Übersetzer, Verleger und Beat-Generation-Experte Udo Breger hat mit „Extraterritorial. Zeiten mit Carl Laszlo“ ein weiteres Erinnerungsbuch veröffentlicht. Wolfgang Rüger hat es gelesen.

Weltfrauentag

Wir sind Wasser

Anlässlich des Internationalen Frauentags wurde im Kaisersaal des Frankfurter Römers die Choreografie „Corpus D'água“ von Bárbara Luci Carvalho aufgeführt. „Wir sind Wasser“ von Betânia Ramos Schröder ist ein Teil davon. Im Zentrum des Stücks stehen die Erfahrungen Schwarzer Frauen auf der Flucht, die Betânia Ramos Schröder in ihrem Text aus einer feministischen Perspektive eindringlich vor Augen führt.  

Gedicht von Julia Mantel

caring-career

Zum Tod von Peggy Parnass

Bella Ciao

Peggy Parnass, die am 12. März in Hamburg gestorben ist, hatte keine Kindheit, um die man sie beneiden müsste. Ein Kindertransport nach Stockholm rettete ihr 1939 das Leben. Nach sechs Jahren in zwölf verschiedenen Pflegefamilien kommt sie zu ihrem Onkel, der als einziger den Holocaust überlebt hatte, nach London. Sie geht nach Stockholm zurück und beginnt als Vierzehnjährige für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten als Sprachlehrerin, Filmkritikerin, Dolmetscherin für die Kriminalpolizei, als Schauspielerin für Film und Fernsehen und als Gerichtsreporterin für die Zeitschrift konkret. Eva Demski erinnert an die engagierte Publizistin.

Demokratie und Ressentiment

Rechtspositivismus adé

Der Zug ist noch nicht abgefahren, aber die Weichen sind schon gestellt. Die angedachte große Koalition hat sich zwar unvorstellbar viel Stoff in den Tender geladen, wird aber einige Probleme auf der Strecke nicht bewältigen können, ohne Haltesignale zu überfahren. Peter Kern setzt seinen Kommentar über die Chemie unserer Demokratie und die sogenannte Politikwende im Zustand ihres Entstehens fort.

Aus dem Notizbuch

Ahle Worscht und Krinoline

Wenn er nicht aus seinem Buch liest, schreibt er eines. Eldad Stobezki notiert, was ihm widerfährt, wenn er Verständigungs- und Wahrnehmungslücken spürt, und immer wieder die Kuriositäten, die die Sprache bereitstellt. Neben der Ahlen Worscht, Kleiderfragen und Michelangelo Buonarotti, Ravel und die Empfängnis geht es um die Bedeutung des schönen deutschen Wortes „Zustrombegrenzungsgesetz“.

Gendergerechtes Lexikon

Equalpedia

Frauen, queere Personen und andere marginalisierte Gruppen geraten in der digitalen wie in der analogen Welt ins Hintertreffen. So liegen im größten digitalen Lexikon Wikipedia die Beiträge über Frauen und die Anzahl der Autorinnen deutlich unter 20 Prozent. Um den überfälligen Wandel voranzutreiben, schritten Karin Kraus und Sonja Hintermeier zur Tat. Doris Stickler stellt die 2021 von ihnen gegründete Internetplattform Equalpedia vor.

Gedicht von Johanna Hansen

windau/ventspils

Gedanken zum Nouruz-Fest

Neuer Tag

Zum Frühlingsanfang um den 20. März wird in vielen Teilen der Welt, vor allem im iranischen Kulturraum, das Nouruz-Fest gefeiert. Das Fest geht auf einen dreitausend Jahre alten Ritus zurück, der das neue Jahr sowie den Frühling einläutet. Wörtlich übersetzt heißt Nouruz „Neuer Tag". Der Frühlingsbeginn symbolisiert den Triumph des Guten über das Böse und der Freude über den Kummer. Barbara Englert machte sich folgende Gedanken über den Frühling.

Eine Unterhaltung mit Micha Ullman

Wo man Bücher verbrennt

Wenn die Sonne die Seiten umblättert und die Lücken zwischen den Skulpturen sich zu Buchstaben formen, sind wir bei Micha Ullman. Der Künstler, der 1939 in Tel Aviv geboren wurde, in Jerusalem und London studierte, in Düsseldorf und Haifa lehrte, in Berlin lebte und von 1991 bis 2005 eine Professur für Bildhauerei in Stuttgart innehatte, schuf in Berlin das Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung und in Jerusalem das Buchstabenfeld. Christel Wollmann-Fiedler unterhielt sich mit ihm über seine Herkunft und seine Arbeit.

Interview mit hr-Musikchef Michael Traub

Erfolgreicher YouTube-Kanal des hr-Sinfonieorchesters

Das hr-Sinfonieorchester betreibt seit 2012 einen YouTube-Kanal. Er hat sich seitdem zum weltweit erfolgreichsten nicht kommerziellen Kanal für klassische Musik mit über 900 Videos, 520.000 Abonnent:innen, 37,5 Millionen Stunden Wiedergabezeit und insgesamt über 210 Millionen Abrufen entwickelt. Andrea Richter sprach mit dem hr-Musikchef und Orchestermanager Michael Traub.

Jonas Lüschers „Verzauberte Vorbestimmung“

Kleiner Webfehler

Für technische Neuerungen finden sich viele Motive. Es gibt Erfindungen, um Menschen auf den Mond zu schießen, um das Leben erträglicher zu machen oder viel Geld zu verdienen. Es gibt aber auch welche, die unsere Existenz vernichten, unser Leben sinnlos machen. Widerstand gegen solche Innovationen, die sich schließlich durchgesetzt haben, ist aus der Geschichte bekannt und trägt motivisch Jonas Lüschers Roman „Verzauberte Vorbestimmung“. Rolf Schönlau hat ihn gelesen.

Die Finanzpläne der geschäftsführenden Bundesregierung

Ende der Fassnacht und List der Vernunft

Der Schein trügt. Wird etwas falsch, nur weil es von vorgestern ist? Wovon Privatpersonen dringend abzuraten wäre, nämlich Geld auszugeben, das man nicht hat, muss nach John Maynard Keynes dem Staat in bestimmten Situationen erlaubt sein. Das war in der sogenannten Ampelkoalition nicht denkbar. Nun ist es machbar. Peter Kern setzt mit seinen Bemerkungen zum plötzlichen Gesinnungswandel in der sich anbahnenden neuen Regierung seinen Kommentar zu Friedrich Merz und die Seinen fort.

Auf den Spuren von Simone de Beauvoir

Das andere Geschlecht

Simone de Beauvoirs Essay "Le deuxième sexe" (dt. "Das andere Geschlecht", 1949) wurde durch sein Engagement für Gleichberechtigung, Unabhängigkeit der Frau und sexuelle Freiheit zur "Bibel" des Feminismus. Wie wirkt die Schrift heute weiter? Bedeutende feministische Forscherinnen unseres Jahrhunderts versuchen eine kritische Neulektüre des bahnbrechenden Werkes.

Netzwerk kulturschaffender Frauen

Frankfurter Kranz

Das Frankfurter Kranz Journal ist eine Porträtgalerie im Netz, die Frauen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft sichtbar macht. Das Journal porträtiert Kolleginnen aus Literatur, Musik und Bildender Kunst, aus Architektur, Design oder Kulturmanagement, freiberuflich wie angestellt und stellt deren Projekte und Ideen der Öffentlichkeit vor. 

Händels „Agrippina“ an der Oper Zürich

Sex, Crime and Politics bei den Mächtigen

Ein echter Wurf gelang mit Agrippina dem Opernhaus Zürich in mehrfacher Hinsicht: musikalisch maßstäblich, als Parabel auf die Machtspiele superreicher Oligarchen aktuell und vor allem ungeheuer witzig und hintersinnig inszeniert. Andrea Richter amüsierte sich bei der Premiere aufs Vortrefflichste und erlebte dort vor allem eine bis ins Letzte ausgefeilte Version des frühen Werks des barocken Opern-am-Laufband-Komponisten Georg Friedrich Händel, an der das exquisite Sänger- und Musikerensemble offensichtlich selbst viel Spaß hatte.

Gedichte von Jane Wels

3 Gedichte

Die Dichterin Alfonsina Storni

Selbstbestimmte Rebellin

Die Schweizer Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin Hildegard Keller hat das literarische Werk von Alfonsina Storni aus dem spanischen ins Deutsche übersetzt und für die Werkausgabe eigens den Verlag Edition Maulhelden gegründet. Barbara Englert gibt Einblick in ihre Beweggründe sowie das Leben und Werk einer hierzulande fast unbekannten Dichterin und Schriftstellerin der Avantgarde.

Neue Rolf-Dieter-Brinkmann-Biografie

„Ich bin ein Dichter“

„ … Wer bin ich schon?: gefesselt, eingesperrt in die Gegenwart, die Rückwege habe ich mir bewußt selbst zugemauert, keine Vergangenheit mehr.“, schrieb der sensible und reizbare Dichter in „Rom, Blicke“. Muss man ihn sich so vorstellen? Zum 50. Todestag erscheint von Michael Töteberg und Alexandra Vasa die erste Biographie über Rolf Dieter Brinkmann. Wolfgang Rüger hat „Ich gehe in ein anderes Blau“ gelesen.

Zur Souveränität der Nationen

Westliche Werte, Seltene Erden

Es war der amerikanische Philosoph und liberale Theoretiker des Völkerrechts, John Rawls, der den Begriff der „outlaw states“ prägte – was wir mit „Schurkenstaaten" übersetzen. Und es waren traditionelle US-Republikaner, die schon früh eine „schurkische Supermacht“ unter der Regierung von Donald Trump prophezeiten. Ein großer Teil der Europäer sieht sich nun von mindestens zwei dieser Supermächte bedroht, und Repräsentanten deutscher Parteien und Meinungsmedien versuchen sich in neuer Parteilichkeit. Peter Kern setzt seinen Kommentar, den er mit „Wirrwarr auf hohem Niveau“ (TEXTOR, 28. Februar) begann, fort.

Lothar Schirmers und Magdalena Kröners „Die Bienenkönigin nährt am Ende alle …“

Ein langes Leben mit der Kunst

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und mit der richtigen Nase das Potential des ganz Unbekannten aufzuspüren, das macht den erfolgreichen Kunstsammler aus. Wenn er sich dann noch als sorgfältiger Verleger mit der Verbreitung von Kunst Verdienste erwirbt, wird ihm zu Lebzeiten schon ein Nimbus umgeben, der Neugier erregt. Lothar Schirmer hat, um dieser Neugier entgegenzukommen, mit Magdalena Kröner Gespräche über ein langes Kunst-Leben geführt, und Walter H. Krämer hat sich darin vertieft.

Toussaint Louverture und die Haitianische Revolution

Ein General kämpft gegen die Sklaverei

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – das sollte nach der Französischen Revolution nicht nur in Frankreich gelten, sondern auch in Kolonien wie Saint Domingue, dem heutigen Haiti. Dort kämpfte Toussaint Louverture als General der französischen Armee für die Durchsetzung dieser Ziele. Der britische Historiker Sudhir Hazareesingh hat in einer preisgekrönten wissenschaftlichen Studie das Wirken Toussaints erforscht und den Blick auf den General, der den weltweit ersten Unabhängigkeitskampf von Sklaven gegen die Kolonialherrschaft erfolgreich angeführt hat, von vielschichtigen stereotypen Klischees befreit. Andrea Pollmeier hat das Buch gelesen.

Zum Tod des haitianischen Autors Frankétienne

Flaschenpost für planetaren Wandel

Frankétienne, viele Jahre Anwärter für den Literaturnobelpreis, hat sich stets geweigert, seine Heimat Haiti zu verlassen. Hier hat er ein dichterisches Werk entwickelt, das planetare Relevanz entfaltet hat. Zerstörungen, wie sie Erdbeben und von Menschen verübte Gewalt bewirken, setzte er die Hoffnung auf eine Kultur der „Mondialité“ entgegen, die reich ist an archaischer Spiritualität und Großzügigkeit. Mit 88 Jahren ist Frankétienne nun in Haiti gestorben. Aus diesem Anlass veröffentlicht Textor ein Interview, das Andrea Pollmeier im Mai 2010 mit dem Autor und Maler geführt hat.  

Merz und die Seinen

Wirrwarr auf hohem Niveau

Die Deutschen haben gewählt, und viele Hoffnungen sind in den Urnen verschwunden. Rückzüge haben die Vorzüge demokratischen Selbstverständnisses bestätigt; die Beschwörung des Untergangs mit dem Hinweis auf die Verschwörung der üblichen Verdächtigen ist uns ebenso vertraut wie der Triumph der Sieger, die sich nach einer anderen Richtung umsehen. Nach einem Blick auf die Wahlergebnisse kommentiert Peter Kern die neue Situation.

Hörstück für drei Stimmen von Felix Philipp Ingold

Das Atemlos

„Am meisten bedeutet Unverständliches.“, heißt es da. Denn die Verständigung der Personen geschieht über Klänge, Sprachähnlichkeiten, Assoziationen, Parabeln und das Philosophieren. Es gilt, ein Hörstück von Felix Philipp Ingold zu lesen. Nicht Lebensbilder bildet es ab; sondern die Worte, die untereinander recht anspruchsvoll korrespondieren, rufen Bruchstücke von Realität herbei, die sich aber im montierten Zustand präsentiert. Und nötig ist „ein bisschen Ruhe, das auch der Beste zum Entziffern braucht“.

Erinnerung an Klaus Voigt

Mein „Nonantolafreund“

Der Historiker und Philosoph Klaus Voigt, der 2021 in seiner Heimatstadt Berlin gestorben ist, befasste sich für seine Doktorarbeit über den Humanismus mit dem Ablasshändler Marinus de Fregeno und seiner Beschreibung der deutschen Lande. Seine Forschungen führten ihn zur Villa Emma bei Nonantola in der Emilia-Romagna. Dort fanden 1942 jüdische Kinder Schutz vor der Verfolgung durch die Nazis. Christel Wollmann-Fiedler erinnert an den Exilforscher Voigt und seine Arbeiten zur Fluchtgeschichte in Italien 1940-45.

Das KZ-Außenlager in den Frankfurter Adlerwerken

Die schrecklichste Erfahrung seines Lebens

Dass die Nationalsozialisten in den Frankfurter Adlerwerken unter dem Namen Katzbach ein Konzentrationslager betrieben, blieb in der städtischen Wahrnehmung lange außen vor. Gelangten die Vorgänge erstmals Ende der 1980er-Jahre ins Blickfeld der Öffentlichkeit, legte das Fritz Bauer Institut 2021 eine umfassende Forschungsstudie vor. Doris Stickler umreißt den langen Weg zu einem angemessenen Gedenken an das vor 80 Jahren aufgelöste KZ.

Hörspiel

Das Halbhalbe und das Ganzganze

Das Hörspiel  "Das Halbhalbe und das Ganzganze" von Safiye Can im Gedenken an die Opfer und Hinterbliebenen des rechtsextremistischen Terroranschlags von Hanau am 19.02.2020:

Aus dem Notizbuch

Mehr Kopfreisen und echte Reisen

„Erfahren“ bedeutet im Wortsinn, die Welt fahrend kennenlernen. Man sollte also meinen, wer viel reist, kann ein erfahrener Mensch werden. In der Bedeutung von „klug, bewandert“ ist das Wort seit dem 15. Jahrhundert belegt. Also vor dem Zeitalter der Motorisierung. Wie damals aber ist die Reisezeit heute so flexibel, dass wir nicht wissen, ob wir, wie Eldad Stobezki in seiner Traumreise, das Ziel noch pünktlich erreichen oder es wechseln müssen.

Klaus Maecks „Volle Pulle ins Verderben“

Hedonismus & Anarchie

Ein alternatives Herz und ein zupackender Wille – ein Punker in Leitungsfunktionen: Der Filmemacher, Filmproduzent, Musikverleger, Manager, Regisseur, Autor und Weltenbummler Klaus Maeck hat jetzt eine Art Autobiografie vorgelegt. Wolfgang Rüger hat „Volle Pulle ins Verderben“ gelesen.

Gedicht von Andrea Köllner

Tagtraumerwachen

Erinnerung an den Denker der Wunschmaschinen

Die Sandale des Gilles Deleuze

Ob die „Mille Plateaux“, die in Frankreich 1980, in Deutschland 1992 erschienen, überhaupt gelesen wurden, ist ungewiss. Aber die Idee der Rhizomatik, die allen Ordnungsvorstellungen widersprach, elektrisierte das informierte Publikum, ebenso wie „Differenz und Wiederholung“ aus dem selben Jahr. Der Autor Gilles Deleuze, der solche weiterwirkenden Begriffe in die Welt setzte, wurde im Januar 1925 geboren und starb im November 1995. Ruthard Stäblein erinnert an den großen Philosophen.

Jahrestag des Anschlags von Hanau

Fünf Jahre danach

Am 15. Februar fand die Gedenkveranstaltung anlässlich des 5. Jahrestags des rassistisch motivierten Anschlags in Hanau statt. Es war als ein selbstbestimmtes Gedenken von der Initiative 19. Februar organisiert: Mit Beiträgen der Angehörigen und Überlebenden, des Betroffenennetzwerks rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, einer Theater-Performance und einem Bericht zur Tatnacht der Recherche-Agentur Forensic Architecture/Forensis. Ein Abend gemeinsamer Reflexion und Erinnerung. Hier die Eröffnungsrede der Journalistin und Autorin Hadija Haruna-Oelker.

Sicherheit in der Atomtechnik

Wiederkehrende Missverständnisse

Die Nuklearkatastrophe von Fukushima am 11. März 2011 löste weltweit Ensetzen aus und sorgte in Deutschland für den Atomausstieg. Die Atomlobby wie auch CDU, CSU und FDP treiben dennoch beharrlich die Wiederzulassung von Kernreaktoren voran. Dabei sind selbst nach dem Bekanntwerden der Risse in französischen AKWs im Jahr 2021 bei hiesigen Meilern keine Prüfungen mehr erfolgt. Detlef zum Winkel fragte nach Fakten und stieß auf Propaganda, Täuschung und Selbsttäuschung.

Radikaler Wandel im Bauen

Zur Nachahmung empfohlen!

Es fühlt sich nach dem richtigen Moment an, Gewohnheitsstränge zu verlassen und neue Allianzen einzugehen. Wie die Ausstellung „ZUR NACHAHMUNG EMPFOHLEN! erkundungen in ästhetik und nachhaltigkeit“ (ZNE!) zeigte, vermögen interdisziplinäre Fördermodelle Netzwerke zu schaffen, die mehr im Sinn haben als die Unterwerfung unter herkömmliche Kriterien wie Produktorientierung und Outputzwang, schreibt Adrienne Goehler.

 

 

Erinnerung an Wolf Rosenberg

„Das macht aber nichts“

Sein Vater war ein jüdischer Hutfabrikant in Dresden. Nach dessen Tod kam Wolf Rosenberg zum Großvater, der ihm eine musikalische Ausbildung ermöglichte. Nach dem Studium der Philosophie, Geschichte und Kunstgeschichte bekam er Kompositionsunterricht bei Stefan Wolpe und nahm an Dirigierkursen bei Hermann Scherchen teil. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Deutschland zurück und arbeitete als Musikjournalist. Mit seinen Kritiken und Analysen für Presse und Rundfunk wurde er einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Anlässlich seines 110. Geburtstages erinnert sich die Pianistin Angelika Nebel an den großartigen Musikvermittler.

Gedicht von Matthias Buth

Blondi

Chefdigitalisierer fördern autokratische Tech-Oligarchie in Deutschland

Wehren wir uns!

Rechner können rechnen, aber nicht denken. Alle Vorgänge, auch KI und ChatGPT, die der Computer für uns durchführt, sind quantitativ. Und weil sie so ideenlos sind, sind sie gut zu missbrauchen. Begriffe wie „Digitalisierung“ und „Bürokratieabbau“, die auf den ersten Blick als harmlose Aufrufe zur Innovation erscheinen, dienen im Hintergrund dazu, Demokratie zu demontieren. In welchem Maße Tech-Oligarchen den politischen Diskurs beeinträchtigen und digitale Transformation auch in Europa vorantreiben, beschreibt in seinem zornigen Debattenbeitrag Martin Wimmer.

Textland: Video-Interview

Man kann ja nicht den ganzen Tag weinen

Humor kann uns in Distanz zu den eigenen Schieflagen bringen und das Absurde bewusst machen. Zum Thema „Humor als Widerstand“ hat das Literaturfest Textland kurze Video-Interviews mit einigen Autor:innen geführt. Dana von Suffrin glaubt, „dass Literatur uns wirklich dabei hilft, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Das klingt jetzt wie das blödeste, abgedroschenste Klischee. Aber genau das möchte man doch eigentlich erreichen. Dadurch kann man eine Verbindung zwischen Leuten herstellen.“

Aus dem Notizbuch

Paris, Leipzig und andere Reisen

Die Gefahren und Strapazen bei Hofe und im Kriege, von denen Blaise Pascal schreibt und deshalb rät, ruhig in einem Zimmer zu bleiben, um Streitigkeiten, Leidenschaften und unheilvolle Unternehmungen zu vermeiden, haben sich seit dem 17. Jahrhundert sehr verändert. Und Reisen bildet – nicht jeden Menschen. In einem Zimmer zu bleiben und in Büchern zu reisen, böte sich also an, um das Unglück der Menschen gar nicht erst entstehen zu lassen. Eldad Stobezki hat sich für mehrere Reisevarianten entschieden.

Musikkabarett

Mackefisch – Komplizirkus

Liederpoetrykabarettwahnsinn. Mit Harmoniegesang zum Dahinschmelzen und rasanter Wortakrobatik nehmen Mackefisch (Lucie Mackert und Peter Fischer) die Gefühlslage unserer Gesellschaft ins Visier: lustig und albern, phantasievoll und poetisch, bissig und gnadenlos.

Ausstellung Wien

Der europäische Koran

Welche Rolle spielt die Heilige Schrift des Islams, der Koran, in der europäischen Ideengeschichte? Wie wurde und wird er seit den ersten Übersetzungen im Mittelalter in Europa gelesen und verstanden? Diesen Fragen widmet sich ab Herbst 2024 eine Sonderausstellung im Weltmuseum Wien.

Vor 100 Jahren startete das Projekt „Neues Frankfurt“

In Rekordzeit errichtet

Nicht nur das Bauhaus setzte in Sachen Architektur und Design bleibende Zeichen. Das Projekt „Neues Frankfurt“ zählt ebenfalls zur Avantgarde der Klassischen Moderne und erntete mit seinen gestalterischen Vorstößen weltweit Resonanz. Doris Stickler skizziert die Entwicklung des vor 100 Jahren gestarteten Programms, das einer neuen Epoche des Städtebaus Bahn gebrochen hat.

Axel Dielmanns Kunsterzählung „Triz. Baumchronist“

Eine Wohnung – drei Welten

Es ist schwer genug, sich mit gewöhnlichen Mitmenschen zu verständigen. Wie soll das aber mit Autisten gehen, die eine besondere Wahrnehmung haben, deren Konsequenzen für uns andere kaum zu begreifen sind? Wie kann man da Kontakt aufnehmen oder gar sich austauschen? Axel Dielmann erzählt in seinem Buch „Triz. Baumchronist“ von einem Ehepaar, das einen Zugang zu seinem Sohn sucht. Ewart Reder hat sich eingelesen.

Annegret Soltau – Werkschau

Radikale Selbstdarstellungen

Annegret Soltau hat allerhand mit sich angestellt. Denn ihren Körper vor allem hat sie als Objekt und Sujet ihrer künstlerischen Behandlungen und Dekonstruktionen verwendet, hat ihn mit Fäden verbunden und Fotos davon zerschnitten, zerrissen und mit Verwerfungen grob vernäht oder mit anderen Aufnahmen collagiert. Sie thematisiert Gewalt, Verletzlichkeit, Schwangerschaft, Familie und gehört zu den bedeutendsten feministischen Künstlerinnen. Marli Feldvoß hat die Eindrücke ihres Besuchs der Werkschau auf der Darmstädter Mathildenhöhe 2006 mit dem Titel „Annegret Soltau – ich selbst“ festgehalten.

Christian Schloyers Gedichtband „Venus / Mars“

Auf frischgefiederten Straßen

Christian Schloyers Lyrik nimmt eine solitäre Stellung in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur ein. Es ist eine Experimentalpoesie par excellence. Das lyrische Ich bleibt wie im Vorgängerband JUMP ’N‘ RUN, in dem es um eine apokalyptische Menschheitsdämmerung als Folge technischen Fortschritts ging, ein homo ludens, ein spielender Mensch. Nur als solches erträgt es auch im neuen Doppelband Mars-Venus den Populismus, das Patriarchat und den Leistungsfetisch seiner Welt sowie die Selbstzerstörung des homo sapiens. Alexandru Bulucz hat die Neuerscheinung gelesen.

Gedicht von Lisa Goldschmidt

Abend & Morgen

Albéric Magnards Oper „Guercœur“ in Frankfurt

Demokratie versus Diktatur

Um 1900 schrieb und komponierte Albéric Magnard die inzwischen fast vergessene Oper Guercœur, der gerade nach dem in der vergangenen Woche durch CDU und FDP erfolgten Bruch des Tabus, mit der in Teilen rechtsradikalen AfD gemeinsame Sache zu machen, besondere Bedeutung zukommt. Andrea Richter ersetzte im Verlauf der Erstaufführungs-Premiere in der Frankfurter Oper die Namen und Rollen der Protagonisten einfach durch die der genannten Parteien und verließ das Haus am Ende zutiefst aufgewühlt von der Frage: Wird es wirklich so weit kommen?

Aus dem Notizbuch

Ende Januar 2025

Dass wir verschieden groß sind, verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz und zieht gesellschaftliche Diskriminierung nach sich. Aber auch die Augenhöhe ist mit Nachteilen belastet. Das ist den Notizen Eldad Stobezkis zu entnehmen. Andere Motive, die ihn diesmal anregten, sind auch das Sterben im Dorf, letzte Bücher, Liebesbriefe, ewiges Licht, nächtlicher Reis und Vogelgezwitscher, Keramik und die neue Sachlichkeit.

Jacques Offenbachs „Fantasio“ in Wiesbaden

Der Investor auf der Abrissbirne

Die Opéra comique muss nicht komisch sein. Jacques Offenbachs selten aufgeführter „Fantasio“ geht zwar auf eine Komödie von Alfred de Musset zurück, aber der Komponist strebte eine anspruchsvoll-unterhaltende Umsetzung an, der die politische Doppelbödigkeit nicht abhanden kam. An der Staatsoper Wiesbaden haben die Regisseurin Anna Weber und die Dramaturgin Hanna Kneißler zu seiner Musik aber eine Kontrafaktur vorgenommen, eine erhebliche Überschreibung. Margarete Berghoff beschreibt das spektakuläre Ergebnis.

Kommentar zur christdemokratischen Asylpolitik

Das Geschwätz von gestern

Wäre es nicht an der Zeit, die politischen Parteien zu bitten, ihre Namen zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren, damit die Wählerinnen und Wähler auch sicher sind, dass das, was draufsteht, auch drin ist? Das Stammtischthema Asylpolitik treibt zu Wählende und Wählende in einen irrationalen Schwindel, in dem sich alle parteilichen Grundsätze in Luft auflösen. Peter Kern kommentiert die Äußerungen des christdemokratischen Kanzlerkandidaten.

Kathy Ackers Werk und Leben

Der Hunger nach Wissen und Sex

Aufs Ganze gesehen markieren Tabubrüche jeden Fortschritt in der Geschichte der Künste. Die tabubeladene Sexualität aber hat dem Fortschritt beharrlich widerstanden und bietet deshalb immer wieder aufs Neue Anlass zu Skandal und Bewunderung. Die Erzählung „Bis aufs Blut“, mit der Kathy Acker bekannt wurde, geht aber mit ihrer experimentellen Sprache weit über die einst zensurierte Schilderung sexueller Praktiken hinaus. Anlässlich der Neuübersetzung von „Blood and Guts in High School“ erinnert sich Wolfgang Rüger an frühe Begegnungen mit Kathy Acker.

Austria-Nachtgedanken

Liebe ist ein süßes Licht

„Kriege lass andere führen, du glückliches Österreich, heirat‘! / Denn was den anderen Mars, Venus, die Göttin gibt’s dir.“ Mit diesem Distichon – im lateinischen Original heißt es „Tu felix Austria“ – umschrieben die Habsburger ihren Landgewinn durch Heiratspolitik. Venus hat sich jetzt offenbar entfernt. Die politischen Verhältnisse haben beinahe einen rechtsextremen Mann an die Regierung gebracht, der aus Österreich ein ganz anderes Land machen will. Matthias Buth kommentiert die Situation.

Gedicht von Tom Schulz

Aschesegen

Kaiser Ashoka in Indien

Vom grausamen Krieger zum mitfühlenden Menschen

Er war der erste Regent der Antike, der persönliche Erfahrungen mit seinen Untertanen teilte. Kaiser Ashoka, Herrscher über das indische Maurya-Großreich, versuchte im 3. Jahrhundert vor Christus, Staat und Gesellschaft nach der Lehre Buddhas auszurichten. Der Kaiser hielt das Prinzip der Religionsfreiheit hoch. Es sei sein Wunsch, ließ er wissen, dass überall in seinem Reich alle Glaubensgemeinschaften harmonisch zusammenlebten. Dafür ließ er sich, so berichtet Winfried Dolderer, eine besondere Kommunikationsstrategie einfallen.

Vogelkunde

Textorweber

Der holländische Künstler Fredie Beckmans, TEXTOR-Autor, Kenner der Pilze auf der St. Petersinsel im Bielersee, die Jean-Jacques Rousseau bei seiner biologischen Bestandsaufnahme nicht erfasst hat, Verfasser merkwürdiger Künstlerbriefe und Architekt beschrifteter, kleiner und großer Vogelhäuser, macht sich mit dem Federvieh bekannt, bevor er es auf Notenpapier malt. Mit seiner jüngsten Notiz klärt er uns über den Textorweber auf.

Neue Carl-Goerdeler-Biographie

Ein Konservativer im Widerstand

Die Abscheu vor dem Naziregime führte Carl Goerdeler zur Gruppe des 20. Juli wofür er am Galgen endete. Der bürgerlich konservative  Politiker, der mitunter auch antisemitische Haltungen bezog, ist bis heute eine umstrittene Figur. Peter Theiner hat in Goerdelers 80. Todesjahr eine neue Biografie des Hitlergegners vorgelegt. Jutta Roitsch schätzt besonders die Absicht des Autors nachzuweisen, warum Goerdelers Auslandsmissionen ebenso scheiterten wie seine Bemühungen, deutsche Generale vor dem Beginn des 2. Weltkrieges zum Sturz Hitlers zu gewinnen.

 

Gedankengänge mit Alain

Hand und Werk

Wir sind gewohnt, Kunst und Handwerk voneinander zu unterscheiden, obwohl wir wissen, dass die Unterscheidungskriterien sich an diese Unterscheidung nicht unbedingt halten. Und was die Praxis angehe, heißt es, gebe es keine Kunst ohne Handwerk. Dass das auch umgekehrt gilt, hat der Schriftsteller Alain energisch bestritten. In seinen zahllosen Notizen hat er sich unter anderem, aber wohl beharrlich, mit dem Handwerk beschäftigt. Felix Philipp Ingold stellt den Autor mit seinen Überlegungen zur Arbeit mit den Händen vor.

Historisches Museum

We Remember: Börneplatz

Die Erinnerung an nationalsozialistische Gräueltaten liegt direkt unter unseren Füßen, z.B. am Börneplatz. Die Sonderausstellung „Bewegung! Frankfurt und die Mobilität“ im HMF zeigt mentalitätsgeschichtliche Spuren auf. Stadtraum ist einfach vorhanden, andererseits immer auch Teil der urbanen Geschichte, die er in sich trägt und bezeugt.

 

„Blue Velvet“ von David Lynch

Mit Gewalt ins Unbewusste

Als David Lynchs Film „Blue Velvet“ in die Kinos kam, musste man ihn gesehen haben, und einige Szenen daraus blieben einem auch für immer im Gedächtnis. Warum? Es war vielleicht die parodistische Überführung ins Künstliche, das die vorgeführte Fröhlichkeit und Harmonie der Anfangspassage denunzierte: Da war alles falsch. Der Film löste auch Kontroversen aus, schließlich war er Kult. Nicht für Marli Feldvoß.

Gedicht von Dirk Hülstrunk

brücke

Arthur Millers „Ein Blick von der Brücke“ im Schauspiel Frankfurt

Ganz schön, aber daneben

Aktualität ist gerade im Theater zu einem systemrelevanten Kriterium geworden. Das kann heißen, dass dem Publikum nicht mehr zugetraut wird, Dramen von gestern heute nachzuvollziehen. Es kann aber auch bedeuten, dass der einstige Konflikt inzwischen behoben ist oder wir uns an ihn gewöhnt haben. Arthur Millers Stück „Blick von der Brücke“ von 1955/56 spielt in den frühen 50er Jahren, als es in den USA eine Einwanderungsproblematik und Hungersnöte gab. Martin Lüdke hat in der Frankfurter Premiere die Aktualität verfehlt gesehen.

hr2-Kultur

Textland

Beim Blick in die Welt kann einem manchmal das Lachen vergehen. Dabei ist Humor so wichtig, um nicht die Hoffnung zu verlieren - und gerade in der Literatur kann Humor eine ganz eigene, subversive Kraft entfalten. Das „Textland“-Literaturfestival setzte sich im vergangenen Dezember mit der dynamischen Entwicklung von Literatur in unseren pluralen Lebenswelten auseinander. 

Im Gespräch mit Nedjo Osman

Wir haben uns verloren im Wirbel der Landkarten

Bekannt geworden ist Nedjo Osman als Theatermann und Schauspieler im deutschen Fernsehen. In Köln hat er gemeinsam mit Nada Kokotović das Projekt TKO – Europäisches Roma-Theater verwirklicht. Er arbeitet auch als Übersetzer für Romanes. In Gedichten, die über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden sind, verleiht der schreibende Nedjo Osman den Roma seine lyrische Stimme. Cornelia Wilß traf den Künstler mehrmals in den letzten Jahren und zeichnet hier anhand von Gesprächsnotizen und autobiografischen Texten seine Lebenserinnerungen auf. 

Erinnerung an David Lynch

Having a good time, all the time.

Eine hinter der oberflächlichen Erscheinung verborgene Wahrheit zu suchen, ist Sache der Metaphysik. Der Regisseur David Lynch, der als Meister des Rätselhaften etikettiert wurde, hat aber nichts verborgen, sondern realistisch die Schönheit, die falsche Idylle, das Begehren, die Grausamkeit und das Entsetzliche, den Alltag in seiner ganzen Oberflächlichkeit gezeigt. Der Filmkritiker Philipp Stadelmaier hat zum Tod Lynchs seine persönlichen Erinnerungen an den großen Filmkünstler aufgeschrieben.

Die Arbeit der beramí berufliche Integration e.V.

Aktiv für eine vielfältige Gesellschaft

Im hiesigen Arbeitsmarkt stoßen Menschen aus anderen Ländern auf allerlei Tücken. Neben unvertrauten Gepflogenheiten erweist sich die Anerkennung von Berufsabschlüssen und Qualifizierungen als große Barriere. Mit Beratungs- und Mentoring-Programmen unterstützt der Verein „beramí“ Zugewanderte, hierzulande beruflich Fuß zu fassen. Doris Stickler stellt das seit 35 Jahren aktive und mehrfach ausgezeichnete Kompetenzzentrum vor.

Zum 80. Geburtstag von Matthias Beltz

Angewandte Dialektik

Am 31. Januar 2025 wäre Matthias Beltz 80 Jahre alt geworden. Für das Kabarett war er ein Glücksfall. Seine Juristenlaufbahn brach er während des Referendariats ab, um als Arbeiter bei Opel in Rüsselsheim die Revolution unter den Kollegen zu betreiben. Dann aber folgte er seinem Talent und ging zum legendären ‚Karl Napps Chaostheater‘ und weiter zum ‚Vorläufigen Frankfurter Fronttheater‘. Seine Auftritte mit dem Kölner Heinrich Pachl waren Kult. Und seine luziden Sprüche sind in unseren Sprachschatz eingegangen. Er war ein brillanter Kopf und ein zugewandter Mensch. Als er starb, erinnerte Lorenz Jäger an das Besondere seiner Kunst.

Jerk Götterwinds Gedichtband „Hinter den Wracks“

Der Underground ist hier. Gewesen.

Wer nichts mehr zu sagen hat und dann Gedichte schreibt, hat etwas zu sagen. In dieser Situation hat Jerk Götterwind seinen Lyrikband „Hinter den Wracks“ verfaßt. Und wenn der poetische Gestus auch an die Trümmer-Gedichte der Nachkriegszeit erinnern, dann, weil auch da eine Katastrophenerfahrung vorausging. Ein Neubeginn, ein Buchstabieren erster Worte gibt diesen auch eine neue Bedeutung. Ní Gudix ist bei der Lektüre des Gedichtbandes „Hinter den Wracks“ von Jerk Götterwind diesen Spuren gefolgt.

Gilles Deleuze zum 100. Geburtstag

Philosophische Kunst & Lyrik

Philosophen, die die ganze Welt und den Sinn des Lebens in ein Denksystem packen möchten, hat es vielleicht nie gegeben. Aber es gab und gibt die großen Anreger, deren Einfluss weit über das lesende Publikum hinaus geht. Denken hänge von Kräften ab, die sich seiner bemächtigen, schrieb Gilles Deleuze, der vor hundert Jahren geboren wurde und zu den nachhaltigen Animatoren des Denkens gehörte. Stefan Heyer, dessen Lyrikband „Das Alphabet von Deleuze & Guattari“ im Frühjahr 2025 erscheinen wird, macht eine Notiz zum Philosophen und zwei Gedichte öffentlich.

Aus dem Notizbuch

2024 geht zu Ende – 2025 kommt

Erst kürzlich brach das neue Jahr aus und zwischen Urbi et Orbi und drei Königen auf der Suche schoben sich Sturmböen. Päpstlicher Segen, Böllerverbot, Elisen-Lebkuchen, Diebstahl und blinde Musiker. In seinem Notizbuch hat Eldad Stobezki gemischte Nachrichten vom Jahreswechsel gesammelt, die der Wechselhaftigkeit der Zeit entsprechen.

Vor der Renuklearisierung

Risse in der Schweißnaht

Entweder ist das Gedächtnis kürzer als eine Wahlperiode oder einige Politiker haben eine alternative Auffassung von Verantwortung. Aus guten Gründen beschlossen das Kabinett, der Bundestag und der Bundesrat während der Kanzlerschaft Angela Merkels 2011 den Ausstieg aus der Atomenergie. Die Möglichkeit eines GAUs bei der zivilen Nutzung von Atomkraft ist nun keineswegs ausgeräumt, und eine Sicherung des strahlenden Atommülls ist nicht in Aussicht. Detlef zum Winkel schreibt über Atomkraftwerke und das Spiel mit dem Risiko in der Parteienagenda.

Ludwig Fels‘ „Ein Sonntag mit mir und Bier“

Bin da, sage nichts

Der Apfel fällt zuweilen doch unter andere Stämme. Schriftsteller, Musiker, Künstler aller Geschlechter, die aus bildungsfernen, prekären Verhältnissen kommen, gegen alle Erwartung und Widerstände einer milieufremden Berufung folgen, sind gar nicht so selten. Die kämpferische Anstrengung, mit der sie den Weg zwischen Ursprung und Ziel überwinden müssen, begleitet sie oft lebenslang. Ludwig Fels hat die Welt von dieser Position aus betrachtet und sich den Willen zur Poesie bewahrt. Ulrich Breth beschreibt Leben, Werk und das nun erschienene Selbstporträt des vor vier Jahren gestorbenen Schriftstellers.

Gedicht von Stephan Turowski

Ein liebes Wort

Zwei Romane aus Italien

Argus, Zerberus und die Gerichtsakten

Buchmessen führen eine Übererfüllung unserer Lesewünsche mit sich. Und auch Hochgeschwindigkeitsrechner helfen nicht beim gründlichen Lesen, das bei uns Menschen eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Das Gastland Italien hatte in Frankfurt neben dem Erwartbaren auch so manche unbekannte Lektüre ausgelegt. Zwei ungewöhnliche Romane, meint Andrea Pollmeier, sollten wenigstens erwähnt werden.

Die Sache mit dem Aberglauben

Holunderbusch und Brötchensäge

Kaum ist die Stille Nacht vorbei, werden Weihnachtsdeko und -kekse verramscht und die Geschäfte mit anderen Symbolträgern bestückt. Seit einigen Jahren sind zunehmend die Raunächte in, mit eigenen, teils besinnlichen, teils auch skurril anmutenden Bräuchen, Verboten und Ritualen. Die Grenze zwischen dieser und der jenseitigen Welt werde durchlässig in dieser Zeit zwischen den Jahren, so die Mythologie. Werden es die Grenzen zwischen Glauben, Aufklärung und Aberglauben vielleicht auch? fragte sich Regula Venske.

Sozialdemokratische Sonnenverehrung (IX)

Der Schriftsteller Jamal Tuschick schildert die Geschichte der Sozialdemokratie und der Linken in der Bundesrepublik Deutschland ab den 1960er Jahren. Was Tuschick hier unternimmt, ist die Vergegenwärtigung eines Zeitbewusstseins, das sich nach dieser Zeit in Stich- und Schlagworten verloren hat. TEXTOR veröffentlicht Jamal Tuschicks „Sozialdemokratische Sonnenverehrung“ als Fortsetzungsroman in loser Folge. Dies ist der 9. und letzte Teil.

Zur Wirtschafts- und Wahlkampfstrategie der Union

After Work Politik

Nicht nur im Wahlkampf rutschen in der Rhetorik der Politiker und Politikerinnen oft Beschwörung und Verschwörungstheorie ineinander. Wenn man das mit dem modischen Wort Narrativ nennt, liegt man nicht falsch. Eine Erzählung richtet sich nach den jeweiligen Erwartungen des Publikums und entzieht sich eines Wahrheitsanspruchs. Ist sie auch noch interessengeleitet, darf man von Propaganda sprechen. Peter Kern rückt dabei einiges der derzeitigen Debatten zurecht.

Hans Haacke in der Schirn Kunsthalle Frankfurt

Kunst über Systeme

Bevor die Frankfurter Schirn Kunsthalle ab Mai 2025 für drei Jahre zwecks einer umfassenden Sanierung geschlossen wird und das Team ein Interimsprogramm verkündet, kann man sich in den angestammten Räumen mit dem Schaffen des in New York lebenden deutschen Künstlers Hans Haacke in einer Retrospektive vertraut machen. Dessen unbequemes und hochaktuelles Werk lohnt eine umfassende Betrachtung, verrät Isa Bickmann.

Islamistischer Terror – Angst und Urteile

Mörder und Komplizen

Schlimm genug, wenn Vernunft und Gefühl aus der Balance geraten, das manipulierbare Gefühl sich gegen die kalte Vernunft abschließt und umgekehrt. Wenn aber beides außer Kraft gesetzt wird und die Hetze zum Verbrechen führt, herrscht Terror. Nun sind die Urteile der französischen Gerichte zur islamistischen Propaganda und den daraus folgenden Morden gefallen. Die Bedrohungssituation an den Schulen ist damit nicht beendet, auch an den deutschen nicht. Jutta Roitsch berichtet.

Gedicht von Tamara Labas

im spiegel

Sexualität in der griechischen Antike

Knaben lieben und Tyrannen stürzen

Die Entstehung von Städten wirkte sich im Griechenland des 6. und 7. Jahrhunderts auch auf die Liebesbeziehungen aus. Liebe wird zum Gesellschaftsspiel, zu einer raffinierten Kunst. Auch der Knabenliebe wird enorme Aufwertung  zuteil und erfährt unbekannte ethisch-pädagogische Aspekte. Die sich mit den politischen und sozialen Verhältnissen ändernden Formen nimmt die Archäologin Evangelia Kelperi für den Zeitraum zwischen homerischen Epen und athenischer Demokratie in den Blick.

 

Jürgen Ploogs 90. Geburtstag

Über das Verschwinden

Jürgen Ploog, der 2020 starb, gehörte zur literarischen Avantgarde. Deshalb ist er nur einem interessierten Leserkreis bekannt gewesen. Der schätzte vor allem die Cut-up-Technik, mit der Ploog viele seiner Romane verfertigte. Dabei werden Sätze aus anderen Romanen oder Zeitschriften ausgeschnitten und in neue Kontexte montiert. Aber der Langstreckenpilot Ploog war breiter orientiert, schrieb, zeichnete, malte und reflektierte das eigene Tun. Wolfgang Rüger porträtiert den Künstler, der in diesem Jahr 90 Jahre alt geworden wäre.

Sozialdemokratische Sonnenverehrung (VIII)

Der Schriftsteller Jamal Tuschick schildert die Geschichte der Sozialdemokratie und der Linken in der Bundesrepublik Deutschland ab den 1960er Jahren. Was Tuschick hier unternimmt, ist die Vergegenwärtigung eines Zeitbewusstseins, das sich nach dieser Zeit in Stich- und Schlagworten verloren hat. TEXTOR veröffentlicht Jamal Tuschicks „Sozialdemokratische Sonnenverehrung“ als Fortsetzungsroman in loser Folge. Dies ist der 8. Teil.

Ein Kommentar

Muskierte Bilder

Es geht um das Menschenbild, das zu erstreben die Bildung rechtfertigt. Und es ist immer Menschenverachtung im Spiel, wenn Plutokraten politische Empfehlungen abgeben. Wie beides miteinander, mit Sprache, Literatur und Deutschland zusammenhängt und welche Rolle die Wahrheit dabei spielt, sieht in seinem Kommentar Matthias Buth.

Eigene Wege(II)

Ich achte auf Mode

In der Reihe „Eigene Wege“ erzählen junge Migrantinnen und Migranten, wie es ihnen gelungen ist, in der Arbeitswelt in Deutschland Fuß zu fassen. Istahil Hassan ist 2016 mit 16 Jahren aus Somalia nach Frankfurt geflohen. 2024 hat sie ihre Prüfungen zur Verkäuferin bestanden. Nun qualifiziert sie sich mit einem weiteren Ausbildungsjahr zur Einzelhandelskauffrau. Riccarda Gleichauf hat mit ihr gesprochen.

Eine Collage mit Texten von Faraj Bayrakdar

Mit Geheimtinte

Mit Gefängnisliteratur allein aus dem letzten Jahrhundert lassen sich vermutlich Bibliotheken füllen. Das Sujet wird gewöhnlich nicht gewählt. Es ist schon während des Schreibens anwesend. Der syrische Dichter Faraj Bayrakdar, der heute in Schweden lebt, war 14 Jahre lang, bis zu seiner Freilassung im Jahre 2000, in politischer Gefangenschaft. Larissa Bender, die Auszüge aus seinem Roman Ḫiyānat al-luġa wa-ṣ-ṣamt übersetzte, stellt für TEXTOR eine Textcollage daraus vor.

Hannelore Hoger. Ein Porträt

Energie und Eigensinn

Das dunkle Timbre ihrer Stimme unterstrich noch ihre selbstsichere Ausstrahlung. Die in Hamburg geborene Schauspielerin Hannelore Hoger, die als Lehrerin Gabi Teichert in Alexander Kluges „Die Patriotin“ die Geschichte ausgrub und sie als Kommissarin Bella Block immer noch im Blick hatte, ist im Alter von 82 Jahren gestorben. Marli Feldvoß hat sie porträtiert.

Sozialdemokratische Sonnenverehrung (VII)

Der Schriftsteller Jamal Tuschick schildert die Geschichte der Sozialdemokratie und der Linken in der Bundesrepublik Deutschland ab den 1960er Jahren. Was Tuschick hier unternimmt, ist die Vergegenwärtigung eines Zeitbewusstseins, das sich nach dieser Zeit in Stich- und Schlagworten verloren hat. TEXTOR veröffentlicht Jamal Tuschicks „Sozialdemokratische Sonnenverehrung“ als Fortsetzungsroman in loser Folge. Dies ist der 7. Teil.

Ein Satire-Sampler lacht und trauert über Judenhass

Ich bin kein Existenzrechtsexperte

Pogrom, Holocaust, Antisemitismus, Hamas – das Entsetzen darüber lädt nicht gerade dazu ein, damit Scherz zu treiben. Was aber können Satiriker anderes tun? Das Nadelöhr, durch das sie finden müssen, ist winzig, und der Grat ist fadenschmal. Im Berliner Satyr Verlag ist ein Sammelband erschienen, dessen Texte auf diesem Weg balancieren. Und Ewart Reder hat ihn gelesen.

Wupper – Elbe – Borchert

Ein Mann kommt nach Deutschland

Flüsse sind lebendig, sind Mütter, Geliebte, Antwortende. Wolfgang Borchert führt das in seinem zunächst als Hörspiel gedachten Werk „Draußen vor der Tür“ vor Augen. Hier lässt er die Elbe mit dem geschundenen Kriegsheimkehrer sprechen, der dies als tröstliche Begegnung erfährt. Matthias Buth zeigt den Stellenwert, den die humanitäre Kraft der Vorstellung bei Borchert besitzt und – dass sie versöhnen kann. Er kommt zu dem Schluss: Im dissonanten Deutschland der Gegenwart brauchen wir mehr Borchert.

David Grossman: „Frieden ist die einzige Option“

Die Logik der Selbstzerstörung

„Frieden ist die einzige Option“ versammelt die wichtigsten Reden und Essays des israelischen Autors David Grossman vor und nach dem 7. Oktober 2023, beginnend mit seinem Appell bei der Münchner Sicherheitskonferenz von 2017, sich für Frieden im Nahen Osten einzusetzen. Alexandru Bulucz hat sie gelesen.

Zum Tod von Zakir Hussein

Der Trommelzauberer

Zakir Hussain ließ die Tablaklänge rollen, grollen, singen und tanzen und machte aus seinem Schlagwerk ein Melodieinstrument. Als virtuoser Techniker und sensibler Musiker beeinflusste er ganze Musikergenerationen. Im Gespräch mit Clair Lüdenbach erzählte er von seiner Familie und den Veränderungen in der indischen Klassik.

Schauspiel Frankfurt

Leaks. Von Mölln bis Hanau

Im Gewand einer bunten, satirischen Enthüllungsshow entblößt Calis‘ neue Arbeit für das Schauspiel Frankfurt Strukturen, Täter, Komplizen und Mitwisser durch Re-Enactments, investigative Attacken, Verfremdung und bitterbösen Humor – im Einsatz für solidarisches Empowerment gegen Rechts und die Ermächtigung marginalisierter Stimmen.

Nahaufnahmen – Sonderausgabe der Literaturzeitschrift „Wortschau"

Können Frauen Kunst?

Johanna Hansen und Wolfgang Allinger, Herausgeber der Literaturzeitschrift „Wortschau“, haben 35 Autorinnen gebeten, literarisch auf 20 Arbeiten bildender Künstlerinnen aus der Sammlung des Sprengel Museums Hannover zu reagieren. Wer so etwas unternimmt, ist wagemutig. Denn nicht alles, was zu sehen ist, kann sich in Worten wiederfinden. Dagegen können Worte ans Licht bringen, was sich der Darstellung entzieht. Die Lyrikerin und Ärztin Monika Vasik aber berichtet in diesem Zusammenhang von einem anderen Missverhältnis.

Sozialdemokratische Sonnenverehrung (VI)

Der Schriftsteller Jamal Tuschick schildert die Geschichte der Sozialdemokratie und der Linken in der Bundesrepublik Deutschland ab den 1960er Jahren. Was Tuschick hier unternimmt, ist die Vergegenwärtigung eines Zeitbewusstseins, das sich nach dieser Zeit in Stich- und Schlagworten verloren hat. TEXTOR veröffentlicht Jamal Tuschicks „Sozialdemokratische Sonnenverehrung“ als Fortsetzungsroman in loser Folge. Dies ist der 6. Teil.

Eine Skizze zur Ideengeschichte der Akusmatik

Der Meister und der Vorhang

Namen gehen manchmal seltsame Wege, bis sie etwas bezeichnen, was gar nicht vorgesehen war. Der Begriff „Akusmatik“ gehört dazu. Darunter verstehen wir heute Musik ohne Musiker, Musik, die nur über Lautsprecher zu hören ist und mit den Elementen der realen Welt über Klangverwandlungen eine alternative Welt erfindet. Das ist vielleicht nichts zum Abtanzen, dafür etwas für Neugierige und echte Entdecker und Entdeckerinnen. Bernd Leukert ist mit seiner Skizze einer kompositionsästhetischen Idee nachgegangen.

Sophia Lunra Schnack: „feuchtes holz“

Musik des Urgroßvaters

Die Erinnerung, die uns heimsucht, hat ihre eigene Struktur, drängt uns ihre Wiederholungen auf, ihre großen und kleinen Sensationen und ihre Traurigkeiten. Diese dynamische Gestalt hat die österreichische Lyrikerin Sophia Lunra Schnack für ihr Buch „feuchtes holz“ übernommen, in dem sie mit eigenwilligen, poetischen Bildern Erinnerung und Nachdenken über immaterielles Erbe miteinander verwebt. Damit ist ihr ein großes Sprachkunstwerk gelungen, findet Bernd Leukert.

Ein politischer Blick auf die 60. Biennale in Venedig

Kunst und Macht

Die venezianische Kunstbiennale ist international angelegt. Die Pavillons in den Giardini und die Abteilungen im Arsenale sind den Nationen zugeteilt, darin sie zeigen, was sie für aktuell und wichtig halten. Das war 2024 anders. Gemäß dem Motto „Foreigners Everywhere” – „Fremde überall“ haben sehr viele KuratorInnen die Kunst anderer Völker und Nationen zu sich eingeladen, die sich wiederum auf andere bezogen. An Mannigfaltigkeit war also kein Mangel. Jutta Roitsch hat die Kunstschau nach politischer Relevanz durchsucht.

Eine Aufforderung zum Handeln

Demokratie gestalten

Ohne Demokratie gibt es keine Freiheit, sich für etwas entscheiden zu können. Doch werden Fakten von Meinungen oft nicht mehr unterschieden. Die in der Anthologie „Demokratie gestalten“ versammelten Beiträge u.a. von Nicole Deitelhoff, Ina Hartwig und Mirjam Wenzel bestehen aus Momentaufnahmen unserer digital-kapitalistischen Zeit und betrachten diese aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Perspektiven mit dem Ziel, Reaktionen bei den Bürger:innen hervorzurufen. Denn: Demokratie lebt vom Diskurs, braucht Dialogbereitschaft. Mit der Wiedergabe des Vorwortes empfiehlt Riccarda Gleichauf das Buch.

Kurzlaudatio auf die Lyrikerin Jayne-Ann Igel

Schichten der Geschichte

Der Lyrikkritiker Michael Braun nannte die Website lyrikline.org einmal eine „stetig wachsende auditive Bibliothek der Weltpoesie“. Kürzlich wurde bekannt gegeben, dass seit der Eröffnung von lyrikline.org im November 1999 durchschnittlich in jeder der vergangenen 1300 Wochen eine neue Stimme hinzugekommen sei – und in 378 Wochen sogar zwei. Nun ist dort auch die Stimme der 1954 in Leipzig geborenen Jayne-Ann Igel erfasst. Es war höchste Zeit. Aus diesem Anlass hielt Alexandru Bulucz eine Kurzlaudatio.

Sozialdemokratische Sonnenverehrung (V)

Der Schriftsteller Jamal Tuschick schildert die Geschichte der Sozialdemokratie und der Linken in der Bundesrepublik Deutschland ab den 1960er Jahren. Was Tuschick hier unternimmt, ist die Vergegenwärtigung eines Zeitbewusstseins, das sich nach dieser Zeit in Stich- und Schlagworten verloren hat. TEXTOR veröffentlicht Jamal Tuschicks „Sozialdemokratische Sonnenverehrung“ als Fortsetzungsroman in loser Folge. Dies ist der 5. Teil.

Beethovens Göttermusik mit Schillers Versen

Alle Menschen klingen

Die Verknüpfung der Sprachbilder in Schillers kurzgefasster „Ode an die Freude“ mag abenteuerlich sein, – die Emphase hält alles zusammen. Beethoven tat mit dem opernhaften Schlusschor ein Übriges. Der Freudenjubel formt sich zum Hymnus. Die politischen, philosophischen, metaphysischen und musikalischen Hintergründe des Chorlieds „Freude, schöner Götterfunken“ werden im Buch „Alle Menschen werden Brüder“ von Ute Jung-Kaiser reflektiert. Und Matthias Buth hat es gelesen.

Sozialdemokratische Sonnenverehrung IV

Der Schriftsteller Jamal Tuschick schildert die Geschichte der Sozialdemokratie und der Linken in der Bundesrepublik Deutschland ab den 1960er Jahren. Was Tuschick hier unternimmt, ist die Vergegenwärtigung eines Zeitbewusstseins, das sich nach dieser Zeit in Stich- und Schlagworten verloren hat. TEXTOR veröffentlicht Jamal Tuschicks „Sozialdemokratische Sonnenverehrung“ als Fortsetzungsroman in loser Folge. Dies ist der 4. Teil.

Der Tod des René Descartes 1650 in Stockholm

Die Leidenschaft der Seele

Als Genießer und Mann, der die Frauen und die Bequemlichkeit liebt, wird der scharfe Denker René Descartes geschildert. Rätselhaft bleibt, was ihn zuletzt bewog, an den schwedischen Hof zu gehen. An den Vicomte de Brégy schreibt er am 15. Januar 1650 von seinem Verlangen, „in die Wüste zurückzukehren“: „… ich bin hier nicht in meinem Element, und ich ersehne allein jene Stille und Ruhe, die solche Güter darstellen, wie sie die mächtigsten Könige der Erde denen nicht geben können, die sie sich nicht selbst zu nehmen wissen.“ Etwa drei Wochen später war er tot. Jörg Aufenanger beschreibt das Ende des Philosophen.

Kulturwissenschaft in psychoanalytischer Perspektive

Wunsch und Angst

Dem Geist sei­ner Zeit folgend, suchte Freud nach den ersten und frühesten Formen der Religion; er fand sie in den Phäno­me­nen, die unter den Namen Totemismus und Magie in die Wis­sen­­­s­g­e­schichte ein­gehen sollten. In Freuds Magie-Adaptionen findet die Kulturwissenschaftlerin Susanne Lanwerd zahlreiche Überlegungen zu Wunsch, Angst und zum ozeanischen Gefühl.

Leipziger Autoritarismus Studie 2024

Propheten der Krise, Klempner des Kairos

Die Schmähung der Vernunft und die Ablehnung der Demokratie kennzeichnen alle autoritären Regime. Vielleicht haben wir uns zu lange mit einem exklusiven Weltbild eingerichtet: Die Chauvinisten und Autokraten leben in anderen Ländern. Nun zeigt die Leipziger Autoritarismus Studie 2024, dass bei uns nach all den menschlichen Katastrophen des letzten Jahrhunderts Rechtradikalismus und autokratische Gesinnung keineswegs tabuisiert sind. Peter Kern hat sie gelesen.

Friedrich Stoltze-Preis 2024 an Eva Demski

Ich behielt des Liedes Ton

Der früh geübte Blick hinter alle Kulissen hat Eva Demski gelehrt, was Illusion ist und was Realität. Das hat ihr sicher das Eintauchen ins Frankfurter Geistesmilieu erleichtert, dessen aktiver Teil sie spätestens mit Beginn ihrer schriftstellerischen Laufbahn wurde. Ihre besondere Verbundenheit mit der Stadt wurde nun mit dem Stoltze-Preis gewürdigt, den sie im Kaisersaal des Frankfurter Römer entgegennahm. Wolfgang Schopf hielt die Laudatio und Eva Demski ihre Dankesrede.

 

 

Aus dem Notizbuch

Das Privatleben des Ermittlers

Selbst die KI steckt voller Kuriositäten, von denen sie nichts weiß. Wir aber verständigen uns mit Sprache und wissen deshalb um die Vieldeutigkeit der Worte ‚Anziehungskraft‘, ‚Fremdenzimmer‘ oder ‚hausgemacht‘. Darin besteht das täglich Brot des Ermittlers, des Urlaubers, des Beamten oder des Bäckers in Eldad Stobezkis Notizen – sogar in Antwerpen. Oder in der Komischen Oper?

Nino Haratischwili: Löwenherzen

Der Löwe mit dem schiefen Auge

Die Illustratorin Julia B. Nowikowa hat das Theaterstück Löwenherzen von Nino Haratischwili mit zauberhaften Bildcollagen illustriert und in ein Buch verwandelt. Die Reise des Löwen in den Armen der Kindern um die Welt, erzählt vom Glück und Unglück in einer globalisierten Welt mit all ihren Ungerechtigkeiten. Dennoch endet jede Episode mit einer Hoffnung. Walter H. Krämer empfiehlt die Lektüre.

Alain Mabanckou: Das Geschäft der Toten

Die Dinge umgekehrt sehen

Aus der magisch-surrealen Perspektive eines frisch Gestorbenen blickt der Autor Alain Mabanckou in seinem Roman „Das Geschäft der Toten“ auf die Zustände im heutigen Kongo. Er zeigt eine postkoloniale Gesellschaft, die von regionalen Mythen geprägt und in machtpolitische Intrigen verflochten ist. Auf skurril ungezwungene Weise wird so sichtbar, wer Drahtzieher, Profiteure und Benachteiligte sind. Mabanckou wurde 2012 von der Académie française für sein Gesamtwerk mit dem Grand Prix de Littérature ausgezeichnet, Andrea Pollmeier stellt den von Holger Fock und Sabine Müller übersetzten Roman vor.

Über „Tsahal“ von Claude Lanzmann

Israels Traum vom reinen Soldaten

1948 wurde Israel, der mythenreiche Nationalstaat des jüdischen Volkes, gegründet und zugleich die israelischen Streitkräfte. Als Claude Lanzmann zwischen 1991 und 1994 für den letzten Teil seiner Trilogie (nach „Warum Israel“ und „Shoah“) in Israel Gespräche mit Angehörigen des Militärs, aber auch mit Sprechern der Friedensbewegung, Siedlern aus dem Westjordanland und Palästinensern führte, änderte sich das Bild, das er von der Politik Israels und seiner Armee hatte. Marli Feldvoß beschreibt seinen Film „Tsahal“.

Sozialdemokratische Sonnenverehrung III

Der Schriftsteller Jamal Tuschick schildert die Geschichte der Sozialdemokratie und der Linken in der Bundesrepublik Deutschland ab den 1960er Jahren. Was Tuschick hier unternimmt, ist die Vergegenwärtigung eines Zeitbewusstseins, das sich nach dieser Zeit in Stich- und Schlagworten verloren hat. TEXTOR veröffentlicht Jamal Tuschicks „Sozialdemokratische Sonnenverehrung“ als Fortsetzungsroman in loser Folge. Dies ist der 3. Teil.

Aleida und Jan Assmanns „Gemeinsinn“

Eine Welt, die jedermann umfasst

Dass das Wort „gemein“ im Deutschen so eine ambivalente Bedeutung hat, verdankt sich sicher einer uralten Erfahrung, die den Widerspruch im sprachlichen Gedächtnis festhielt. Nun, da die Gemeinheiten die Gemeinschaften zu zersetzen drohen, erscheint ein Buch, mit dem Aleida und Jan Assmann, der inzwischen verstorben ist, den Gemeinsinn geltend machen. Ewart Reder hat das Buch kritisch gesichtet.

Djaïli Amadou Amal: Im Herzen des Sahel

Zwischen Erniedrigung und Hoffnung

Gerade in Kriegszeiten ist es wichtig, sich auch für den Schutz von Frauen einzusetzen. Die Autorin und Frauenrechtsaktivistin Djaïli Amadou Amal, die in der umkämpften Grenzregion im Norden Kameruns aufgewachsen ist, hat vielfach geschlechtsspezifische Gewalt erlebt und beobachtet. In ihrem Roman „Im Herzen des Sahel“, der von Ela zum Winkel übersetzt worden ist, richtet die Aktivistin, die 2012 die Vereinigung „Femmes du Sahel“ gegründet hat und für ihr Wirken 2022 die Ehrendoktorwürde der Sorbonne erhielt, den Blick auf eine Frauengruppe, deren Schicksal nahezu nie wahrgenommen wird. Andrea Pollmeier gibt Einblick in den Roman.

Gespräche mit Übersetzer:innen aus dem Rumänischen

Abgründe der menschlichen Psyche

Die Übersetzerinnen Gundel Große und Miruna Bacali sowie der Übersetzer Peter Groth und die von ihm übersetzte junge Autorin Alexandra Furnea stellten der Frankfurter Buchmesse Neuerscheinungen in deutscher Sprache vor: „Disco Titanic“, ein Roman von Radu Pavel Gheo, der aus rumänischer Perspektive die Narben des jugoslawischen Bürgerkriegs beleuchtet, und „Das Tagebuch der 66" von Alexandra Furnea, die Autobiographie einer Überlebenden des Brandes im Club Colectiv in Bukarest. Manuela Klenke stellte den Übersetzer:innen einige Fragen.

Gespräch mit der Kuratorin Mahret Ifeoma Kupka

Talking Objects – ein Universum des Wissens

Kreativ, performativ, diskursiv – Talking Objects ist ein transnationales Experimentierfeld mit Objekten und Vorstellungswelten, das Raumwelten in Kenia, Senegal und Deutschland in Verbindung bringt. Ausgehend von Objekten aus den Sammlungen europäischer und afrikanischer Museen wird ein vielstimmiges Universum des Wissens aufgefächert. Im Dezember 2024 soll ein umfängliches Archiv in Dakar, Nairobi und Berlin online gehen. Cornelia Wilß sprach mit Dr. Mahret Ifeoma Kupka, die das Projekt gemeinsam mit Isabel Raabe kuratiert, in Frankfurt.

Fortsetzungsroman von Jamal Tuschick

Sozialdemokratische Sonnenverehrung II

Der Schriftsteller Jamal Tuschick schildert die Geschichte der Sozialdemokratie und der Linken in der Bundesrepublik Deutschland ab den 1960er Jahren. Was Tuschick hier unternimmt, ist die Vergegenwärtigung eines Zeitbewusstseins, das sich nach dieser Zeit in Stich- und Schlagworten verloren hat. TEXTOR veröffentlicht Jamal Tuschicks „Sozialdemokratische Sonnenverehrung“ als Fortsetzungsroman in loser Folge. Dies ist der 2. Teil.

Alban Bergs Lulu in Frankfurt

Notwehr bis zum Tod

Alban Bergs Oper „Lulu“ von einer Frau in Szene gesetzt und damit aus weiblicher Sicht präsentiert. Das kommt sehr selten vor. In der Neuinszenierung von Nadja Loschky an der Oper Frankfurt ist Lulu keine schillernde Femme fatale, sondern eine verzweifelte Zerstörerin, die selbst zerstört wird in einer patriarchal-misogynen Gesellschaft, der es an Empathie mangelt. Andrea Richter hat die Premiere erlebt.

Rolf Henrich: „Der vormundschaftliche Staat“

Wer wollen wir sein?

Identität ist ein Wort, mit dem gerade viel Schindluder getrieben wird. Aber gerade, wenn sich den „ostdeutschen“ Bürgern die Frage nach der deutschen Identität stellt, ist die Frage ernstzunehmen und nachzufragen, woraus sich diese Identität zusammensetzt. Jahre vor dem Mauerfall hat sich Rolf Henrich in seinem Buch über den „vormundschaftlichen“ Staat damit auseinandergesetzt, an das zu erinnern Jutta Roitsch Anlass sieht.

Fortsetzungsroman von Jamal Tuschick

Sozialdemokratische Sonnenverehrung

Der Schriftsteller Jamal Tuschick schildert die Geschichte der Sozialdemokratie und der Linken in der Bundesrepublik Deutschland ab den 1960er Jahren. Was Tuschick hier unternimmt, ist die Vergegenwärtigung eines Zeitbewusstseins, das sich nach dieser Zeit in Stich- und Schlagworten verloren hat. TEXTOR veröffentlicht Jamal Tuschicks „Sozialdemokratische Sonnenverehrung“ als Fortsetzungsroman in loser Folge. Dies ist der 1. Teil.

Aus dem Notizbuch

Sanremo, Gibellina

Wir entdecken zumeist das, was ohnehin unverdeckt zutage liegt, weil wir es zuvor nicht wahrgenommen haben oder die Gelegenheit dazu nicht hatten. So ist jede Entdeckung eine Bereicherung der Sinne und der Erfahrung, egal, ob es sich um den Musiker, Regisseur und Maler Franco Battiato handelt oder um Zucchini, Bohnen, einen schwarzen Erlöser oder Alberto Burris „Cretto in Gibellina“ in Frankfurt. Eldad Stobezkis Entdeckungen können auch unsere sein.

Ein persönlicher Nachruf auf Thomas Collmer (1956-2023)

Ungekürzt

Der Philosoph, Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Tomas Collmer, der versuchte, mit Hegel, Marx, Adorno, Luhmann, Lacan, Deleuze, Derrida und anderen eine offene Dialektik zu entwerfen, der experimentelle Romane wie „Friedhofsruhe“ oder „Die Leerheit“ verfasste, eine Abhandlung über die Poesie von Jim Morrison und über die Sprache von Edgar Allan Poe sowie über Burroughs und die Cut-up-Technik schrieb, ist im letzten Jahr gestorben. Ein Nachruf von Ní Gudix.

Ewalina Marciniak inszeniert den „Großen Gatsby“ in Frankfurt

Ein armes Würstchen

Vor hundert Jahren demonstrierte das Glamourpaar Zelda und F. Scott Fitzgerald den Hedonismus der begüterten Klasse Amerikas – bis zur permanenten Verschuldung. Das schloss nicht aus, dass der damals schon berühmte Schriftsteller Fitzgerald in seinem Roman „Der große Gatsby“ diese Partygesellschaft distanziert und mitleidlos schilderte. Ihn für die Bühne zu dramatisieren, ist sicher eine Herausforderung. Martin Lüdke beschreibt, was daraus geworden ist.

Frank Winters „Badisch“

Die Kultur des Zischlautes

Man mag das Hochdeutsche als Gleichmacherei betrachten, was es im Sinne einer gemeinsamen Verständigung auch ist. Dabei muss man beiseite schieben, dass es einen dynamischen Reichtum an Nuancen und Kombinationen besitzt. Die Dialekte und Mundarten, wie grenzüberschreitend sie sich auch wandeln, weisen dagegen einen traditionellen, oft exklusiven Charakter auf. Sich damit zu beschäftigen, ist reizvoll und vergnüglich. PH Gruner hat sich an Frank Winters „Badisch“ erfreut.

Christina von Schweden

Die Seele hat kein Geschlecht

Als „Minerva des Nordens“ und „einzige Gelehrte“ ihres Landes bewunderten Zeitgenossen die schwedische Königin Christina. Die Tochter Gustav II. Adolf war vielsprachig und eine der am umfassendsten gebildeten Frauen des 17. Jahrhunderts. Mit ihrer Abdankung, dem Übertritt zum Katholizismus und der Umsiedelung nach Rom sorgte sie für einen europaweit beachteten Eklat, weiß Winfried Dolderer zu berichten.

Poesie-Performance

Cave Poets

Die Lautpoesie oder Klangpoesie ist eine Kunstform, die sich mit der Schönheit und dem Ausdruck von Lauten, Geräuschen und Rhythmen beschäftigt. Lebendig wird sie durch die Performance. Eine solche hat Jutta Kaussen tief in einer Höhle nahe des Balaton gefilmt, als dort sechs Dichter:innen aus sechs europäischen Ländern während ihrer Poet’s Residency in Ungarn den Gedichtzyklus „Future of Freedom“ von Jaan Malin aus Estland lasen und spielten.

175 Jahre Paulskirche

Jüdisches Deutschland

Das Engagement von Jüdinnen und Juden für die deutsche Demokratie gerät nur selten in den Blick. Dabei ist etwa dem Juristen und Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung Gabriel Riesser maßgeblich die in der Verfassung verbriefte Trennung von Staat und Religion zu verdanken. Anlässlich des 175. Paulskirchen-Jubiläums widmen sich Abraham de Wolf und L. Joseph Heid in einem Band der von Elisa Klapheck herausgegebenen Reihe „Machloket/Streitschriften“ dem jüdischen Anteil an der deutschen Demokratie. Leon Joskowitz hat den Band für TEXTOR gelesen.

Bingel-Preis-Laudatio von Ronya Othmann

Als die Lerchen aufflogen

Zugewandt, mit dichten Beschreibungen und klarem Blick auf die poetische Herangehensweise hat die Schriftstellerin Ronya Othmann drei mit dem Horst-Bingel-Preis für Literatur Ausgezeichnete gelobt. Ein Langgedicht von Björn Kuhligk, Kolumnen von Katja Petrowskaja und ein Gedichtband von Alexandru Bulucz wurden einzeln bedacht und doch mit einer gemeinsamen Idee eingebunden, der Bildlichkeit und der Beziehung zur Fotografie. Das Visuelle in der Schrift ist ein Augenöffner.

Interview mit Ela zum Winkel

„Übersetzen hat viel mit Zweifeln zu tun“

Was wäre Theater in Deutschland ohne Stücke von Shakespeare, Beckett oder Wajdi Mouawad? Über den faszinierenden Prozess, Texte aus unterschiedlichen internationalen Herkünften für die Bühne zu übersetzen spricht der Übersetzer Frank Weigand mit der Schauspielerin und Übersetzerin Ela zum Winkel. Ihr feines Gespür für machtpolitische Aspekte sprachlicher und kultureller Übertragung und die besondere Bereitschaft zu zweifeln, wirkt ungewöhnlich bereichernd.

Künstlerporträt und Interview

Weltklasse-Geiger Augustin Hadelich

Sein Name wird von dem Ruf begleitet, zu den Künstler:innen zu gehören, die die Kunst des Violinspiels dieses Jahrhunderts prägen. Dafür spricht tatsächlich vieles. Denn die Klangwelten, die er erschafft, verzaubern. Auf der Basis technisch allerhöchsten Niveaus erzählt er sensibel, geradezu poetisch die musikalischen Geschichten egal welches Komponisten mit mitreißender Ton- und Interpretationssprache. Andrea Richter hatte die Gelegenheit, ein Interview mit Augustin Hadelich zu führen.

Weltkulturen Museum

Country bin pull‘em. Ein gemeinsamer Blick zurück

Gemeinsam mit den Indigenen Gemeinschaften der Wanjina Wunggurr - den Woddordda, Ngarinyin und Wunambal – richtet das Weltkulturen Museum den Blick zurück auf die Frankfurter Frobenius-Expedition in das Kimberley Gebiet Nordwestaustraliens im Jahre 1938.

Dankesrede von Martin Piekar

Robert Gernhardt Preis 2024 an Martin Piekar

Zwei überzeugende, mit Hessen verbundene literarische Projekte werden jährlich durch die Verleihung des Robert Gernhardt Preises zum Weitermachen ermutigt. In diesem Jahr haben der als Kind polnischer Einwanderer in Bad Soden aufgewachsene Autor Martin Piekar und die Schriftstellerin Christina Griebel diese Auszeichnung erhalten. In seiner Dankesrede spricht Piekar über sein Projekt „Vom Fällen eines Stammbaums“, das seinen außergewöhnlichen Werdegang an der Seite einer pflegebedürftigen Mutter beschreibt und die Bedeutung von Sprache in prekären Lebensumständen.

Clemens J. Setz: „Das All im eignen Fell“

Ein Erinnerungsbuch

Clemens Setz wollte zunächst keine Gedichte in Buchform mehr veröffentlichen. Zum Glück hat er seine Meinung noch einmal geändert und damit poetische Perlen vor dem Vergessen bewahrt. Riccarda Gleichauf stellt die Twitterpoesie und exemplarisch ausgewählte Autor:innen aus dem Band „Das All im eignen Fell“ vor.

Jüdischen Museums Hohenems Österreich

Yalla. Arabisch-jüdische Berührungen

Die Geschichte arabisch-jüdischer Lebenswelten reicht Jahrhunderte zurück, bis in die präislamischen Stammesgesellschaften Arabiens. Eine lange und widersprüchliche Beziehungsgeschichte.  jüdisches Leben unter islamischer Herrschaft über die heutigen arabischen Länder oder unter dem Einfluss europäischer Kolonialinteressen.

Abdelaziz Baraka Sakin: „Der Rabe, der mich liebte“

Über den Ameisenweg zurück

Der sudanesische Autor Abdelaziz Baraka Sakin zählt zu den bedeutenden Stimmen der arabischen Literatur und erhielt zahlreiche Auszeichnungen wie 2022 vom Institut du Monde Arabe und 2023 in Montréal den Prix BaoBaB. Seit 2012 lebt Sakin im österreichischen Exil. Dort war er 2022/23 Stadtschreiber von Graz. Hier entlang führt auch die „Ameisenroute“, der risikoreiche Fluchtweg von der Hauptstadt des Sudan Khartum durch die Wüste nach Europa. Sakin gibt in seinem Werk „Der Rabe, der mich liebte“ außergewöhnlichen Einblick in die Lebensrealität der Flüchtenden. Andrea Pollmeier empfiehlt den Roman.

 

Zur italienischen Literaturgeschichte

Wie kommt man aus der Hölle?

Mit einem eindrucksvollen Auftakt zum Gastland Italien hatte die Woche der Buchmesse begonnen. Dabei wurde deutlich, dass die Autorinnen und Autoren des deutschen Sehnsuchtslandes vor politischer Einflussnahme nie frei waren und sich in transkultureller Vielfalt entwickelten. Die beiden Dozentinnen für italienische und französische Literaturwissenschaft, Dr. Eva-Tabea Meineke (Universität Mannheim) und Prof. Dr. Christine Ott (Goethe-Universität Frankfurt), führten im Gespräch mit Martin Maria Schwarz in die italienische Literaturgeschichte ein. Andrea Pollmeier berichtet.

Eindrücke aus dem industriellen Ballungsgebiet rund um Marseille

Das bisschen Feinstaub

Eine der schönsten Küsten Frankreichs wurde zerstört. Am Golfe de Fos befanden sich die begehrten Badestrände. Was hat sich verändert? Die Kleinstadt Fos-sur-Mer liegt jetzt im Zentrum eines riesigen industriellen Ballungsgebiets. Das einst beschauliche Fischerdorf ist mittlerweile ein wichtiger Wirtschaftsstandort. Detlef zum Winkel fuhr mit dem Zug von Marseille nach Fos.

„Messias“ in der Komischen Oper Berlin

Halleluja für Berlin

Wie sehr die Kultur in Berlin zur Stadt gehört, diese sie will und braucht, wurde wieder einmal mit der Produktion des „Messias“ der Komischen Oper klar. In den Hangar 4 des alten Flughafen Tempelhof strömten an 12 Abenden insgesamt 22.000 Besucher:innen, um einer der wahrscheinlich ergreifendsten Oratorien-Shows ihres Lebens beizuwohnen. Auch Andrea Richter war fasziniert und hält die geplanten drastischen Kürzungen im Kulturetat der Stadt für mehr als kontraproduktiv.

Zigarre und Joint bei der Inter Tabak

Mein Rauch ist besser

„Dieses Kraut reinigt Gaumen und Haupt, vertreibt die Schmerzen und Müdigkeit, stillt das Zahnweh, behütet den Menschen vor Pest, verjagt Läuse, heilet den Grind, Brand, alte Geschwüre, Schaden und Wunden“, zitierte der Weinbauforscher August Wilhelm von Babo aus einem Kräuterbuch von 1656. Gemeint war der Tabak, der mit Kolumbus nach Europa gelangt war, und nicht das Cannabis-Kraut, dem seit der Antike ähnliche Heilwirkung zugesprochen wurde. Ewart Reder berichtet von einer Messe, auf der beides ungleich angeboten wurde.

Therapeut sein in Israel

Den eigenen Garten pflegen

Die israelische Öffentlichkeit ist in einem Teufelskreis gefangen, der ein autoritäres Regime kennzeichnet: Je schlimmer die politische Lage, der Krieg und die internationale Isolation werden, desto größer die Angst vor der Wahrheit, desto gehemmter die Bereitschaft, sich für Veränderung und Reparation zu engagieren. Eran Rolnik, israelischer Psychoanalytiker, Psychiater und Historiker erklärt die Situation seiner Landsleute.

Zu den rechtlichen Kompetenzen der Bundesregierung

Der Staat macht mit Macht in Kultur

Es sind Grauzonen, drückt man es höflich aus, in denen die bundesdeutsche Kulturförderung navigiert. Denn die Verfassung hat die Kulturhoheit den Ländern zugewiesen. Jeder Eingriff in diese Zuständigkeit kann als kulturelle Aneignung interpretiert werden. Doch die Macht des Geldes bewirkt einen eigenwilligen Umgang mit den Vorschriften und Gesetzen, die sich der Bund selbst gegeben hat. Matthias Buth bietet in seinem Essay einen Einblick in das seltsame Geflecht aus Willkür und Fiktion im Bundeskanzleramt.

Zum ökologischen Desaster

Wie im wilden Westen

Die Klimakrise überleben nur die Reichsten, sagen die einen. Aber wie lange? Die anderen glauben, ohne den Menschen wäre es gar nicht so weit gekommen. Wer aber könnte uns das bestätigen? Der Gesellschaftstheoretiker und Psychoanalytiker Fritz B. Simon hat auf den Zusammenhang von Herrschaft, Gesellschaft und Klima geblickt. Gesehen hat er nur eine Möglichkeit, das ökologische Desaster aufzuhalten: durch einen Mentalitätswandel. Hans-Jürgen Arlt stellt das Buch vor.

The Wende Museum Culver City

Counter/Surveillance: Control, Privacy, Agency

In den letzten Jahrzehnten hat der technologische Fortschritt die Überwachung stark vorangetrieben. Online werden personenbezogene Daten automatisch gesammelt und massenhaft analysiert. Algorithmen beobachten, hören zu, verfolgen und identifizieren Menschen und ergänzen und ersetzen manchmal menschliche Augen und Ohren. 

Literaturnobelpreis 2024

Die südkoreanische Schriftstellerin Han Kang

Die Trägerin des Literaturnobelpreises 2024 Han Kang war bereits 2016 zu Gast im Litprom-Weltempfänger-Salon. Die Lesung und das Gepräch aus ihrem bereits mit dem Internationalen Booker-Preis ausgezeichneten Roman „Die Vegetarierin“ hat Andrea Pollmeier aufgezeichnet. In dieser Zeit hat auch Anita Djafari, damals Leiterin des Vereins Litprom, die Autorin erlebt und sie im Weltempfänger-Salon empfangen. Über die Begegnung mit Han Kang und die Lage der Buchnation Korea hat Anita Djafari berichtet.

Dante Alighieri

Italiens erster Literat

Dante Alighieri war der Autor der „Göttlichen Komödie“ sowie Schöpfer einer italienischen Literatursprache. Schon zu Lebzeiten wurde der gebürtige Florentiner hoch geehrt. Aufgrund politischer Umstände aus seiner Heimatstadt vertrieben, schrieb er seine großen Werke als Flüchtling in der Verbannung. Der Historiker und Publizist Winfried Dolderer hat die Stationen seines Lebens und seines Schaffens nachvollzogen.

Bukowinisch-galizische Literaturstraße

Dichtung und Denkmäler

Die Bukowina, einst Heimat von Rose Ausländer und Paul Celan, gehört zu den Regionen, deren Grenzen seit dem Ende der Donaumonarchie oft gewaltsam hin und her verschoben worden sind. Das Ausmaß an Entwurzelung und Leid aber auch widerständiger Kultur haben die Künstlerin Helga von Loewenich und der Literaturwissenschaftler Petro Rychlo im Rahmen des Kulturprojekts „Bukowinisch-Galizische Literaturstraße“ erforscht. Christel Wollmann-Fiedler hat mit Helga von Loewenich über den Werdegang und die Dokumentation dieser Forschungsarbeit gesprochen.

Ein Porträt des Dichters Muepu Muamba

Afrika trägt viele Masken

„Die Pflicht zur Einmischung”, der Titel eines Buches des kongolesischen Dichters Muepu Muamba, geht auf ein gleichnamiges Gedicht zurück, in dem er eine Utopie des menschlichen Zusammenlebens entwirft. Diese wird sich jedoch erst dann in Realität verwandeln, wenn Einmischung zur Pflicht erhoben wird. Cornelia Wilß stellt Leben und Werk des Dichters vor, der seit Ende der 1980er-Jahre in Frankfurt lebt.

Aus dem Notizbuch

Die Zitronenblüte war schon vorbei

Das Land, wo die Zitronen blühen, lassen wir Touristen uns nicht vom Tourismus vermasseln. Dieses Land ist angefüllt mit Geschichte, Augenbalsam in Stadt und Land und wunderlichen Merkwürdigkeiten – wozu auch die Bewohner gehören. Auf seiner Reise durch Italien stößt Eldad Stobezki in Mantua auf Salomone Rossi und Kindesmissbrauch, in Rom auf MeToo im Alten Testament, in Sutri auf Horaz und in Trevignano auf Moskitos.

Streifzüge durch die literarische Anthologie von Fiston Mwanza Mujila

Schlüsselorte

14 Kurzgeschichten afrikanischer und afrodiasporischer Autor:innen spiegeln Aspekte urbaner Lebenswirklichkeiten über transkontinentale Grenzen hinweg. Die Stadt ist ein Schlüsselort für eine Szenerie, in der sich Tragik und Komik verflechten. Dann wieder ist sie die Hauptfigur, ein Ort der Sehnsucht und Entwurzelung. Figuren bewegen sich zwischen den Kontinenten, eben InterKontinental – so auch der Name eines Verlages, der sich mutig auf afrikanische und afrodiasporische Literatur spezialisiert hat und kürzlich erst mit dem Berliner Verlagspreis ausgezeichnet wurde. Cornelia Wilß traf den Autor zuletzt beim Textland Festival 2023.

Ingmar Bergmans „Szenen einer Ehe“

Vom Regen in die Traufe?

Dass wir, wenn es um Gefühle geht, Analphabeten sind, muss ja nicht bedeuten, dass unsere Gefühle alphabetisierbar sind. Wer wollte Standardgefühle, die im Gefolge der Benennbarkeit entstehen, eintauschen gegen das Unsagbare, oft Unsägliche? Einst sprach man von der Verdinglichung der Gefühle, mit der nicht nur Hollywood Geschäfte machte. Ingmar Bergman hat in den frühen 70er Jahren des letzten Jahrhunderts die Spannung zwischen Verständigung, Verständnis und Ratlosigkeit gestaltet. Martin Lüdke hat die „Szenen einer Ehe“ in Form eines Bühnenstücks im Schauspiel Frankfurt gesehen.

Nachruf auf Kris Kristofferson

Der wandelnde Widerspruch

Er verkaufte sieben Millionen Alben und war mit seinen Filmrollen sehr erfolgreich. Und doch oder vielleicht deshalb: Kris Kristofferson (1936-2024) war der wandelnde Widerspruch, wie es in einem seiner besten Lieder hieß. Musik drehte sich immer schon um Sex, auch im Country. Aber die freizügige, bekifft-unbeschwerte Spielart hielt in Nashville erst mit dem Texaner Einzug. Ein Nachruf auf den Songwriter und Schauspieler von Martin Wimmer.

Audiowalk

Der Rache nicht

„Der Rache nicht“ ist ein dokumentarischer Audio-Walk im Stadtraum Frankfurt. Er verknüpft historisches Material mit fiktiven Textpassagen und sucht nach Interaktionen mit der heutigen Stadt. Den Ausgangspunkt bilden die Biografien einiger vom Nazi-Regime verfolgter Frankfurter Künstler:innen, die ab 1933 aus dem kulturellen Stadtleben in Frankfurt am Main verdrängt wurden. 

 

 

Ottorino Respighis Oper „La Fiamma” in Berlin

Monumental frisst Emotion

Netto zwei Stunden Grauen, Geschrei, Getöse, Flammen und Eisnebel bei brutto zwei Stunden und zehn Minuten Spieldauer einer Oper sind selbst für passionierte und neugierige Musiktheaterfreaks zu viel. Bei der Premiere von Ottorino Respighis „La Fiamma“ in der Deutschen Oper Berlin schaltete sich zumindest Andrea Richters Gefühlsleben einfach ab und wartete aufs Ende der Katastrophe.

Peter Kurzecks „Frankfurt – Paris – Frankfurt“

Kein Augenblick soll verloren sein

Die Angst, irgendetwas zu vergessen, hat ihn umgetrieben; die Erinnerung bis ins kleinste Detail zu protokollieren und die erlebte Gegenwart ebenso fortlaufend zu notieren, wurde ihm zur Obsession. Und manchmal gewinnt man den Eindruck, als hätte Peter Kurzeck sein Leben vor allem gelebt, um es aufzuschreiben. In den jetzt erschienenen Band seines Zyklus‘ „Das alte Jahrhundert“, „Frankfurt – Paris – Frankfurt“, hat sich Ulrich Breth hineingelesen.

Zum Briefwechsel Thomas Bernhard – Siegfried Unseld

Höher als der Verlag

Wer weiß, ob es die unabhängigen Verleger noch gibt, die sich hinter ihre Autoren stellen. Siegfried Unseld jedenfalls machte diesen Anspruch für sich geltend und wagte es, anspruchsvolle Literatur und zeitgenössische Theoriediskussion gegen die Bedürfnisse des noch lesenden Publikums zu publizieren. Bei der Veranstaltung „Salon kontrovers“ im Frankfurter Holzhausenschlösschen zum hundertsten Geburtstag des Verlegers entwarf Ruthard Stäblein dessen Persönlichkeitsbild und bezog sich dabei auch auf den Briefwechsel Thomas Bernhard und Siegfried Unseld.

D-ländlich

Mauern dichten leise – Flüsse auch

Wer die Welt kennenlernen will, übersieht gewöhnlich, dass dieselbe vor der Haustür beginnt. Und wer in die Fremde will, muss nicht weit reisen. Wen aber kulturelle Neugier antreibt, wer mehr über unsere Geschichte, Herkunft und das Wirken unserer Kulturschaffenden, über Architektur und Landschaft erfahren will, muss fahren. Matthias Buth hat sich vorgenommen, das Netz der Kraftlinien, die Kunst und Natur, Geschichte und Zugehörigkeitsgefühl verbinden, aufzuspüren.

Aus dem Notizbuch

Krieg, Migration, Sonnenblumen

Sonnenblumen und Araber sind die Folgen einer Zurückweisung, jedenfalls, wenn man den Mythen und Legenden eine Kernwahrheit zuspricht. Eine Legende ist die Aufforderung zum interpretierenden Lesen, ein Märchen wie die Mythen. Eldad Stobezki nennt noch Migrationsverbot als Terrorabwehr, das „doch“ im Klimawandel, das Privileg der Ölsardinendose, Ökonomie für Verbraucher oder die Verwandlung der Klytia in eine Sonnenblume. Ovid schreibt: Ein Teil verneint, dass es sein kann; ein anderer erinnert daran, dass wahre Götter dazu imstande sind.

E. T. A. Hoffmanns „Das fremde Kind“

Ein feindseliger Gnom

An dem mechanistisch-materialistischen Menschenbild, das sich der Philosoph de La Mettrie ausgedacht hatte, hat der Schriftsteller der schwarzen Romantik, E. T. A. Hoffmann, sich immer wieder abgearbeitet. Einige seiner Frauenfiguren, zum Verlieben schön, entpuppen sich schließlich als Automaten. In seinem Märchen „Das fremde Kind“, das als multimediales Kunstwerk erschienen ist, sind es der mechanische Jäger oder der aufziehbare Harfenist, die im Schrott landen. Walter H. Krämer hat sich daran erfreut.

Interview mit dem Expertensystem Fiktive Geschichtsrückblicke (EFG)

So wird es gewesen sein

1348 erzählen sich in einem Landhaus, in dem heute eine Filiale des Europäischen Hochschulinstituts Sitz hat, sieben Frauen und drei junge Männer zum Teil recht „anzügliche“ Geschichten, die heute noch gelesen werden: Boccaccios „Decamerone“ entstand, weil in Florenz die schwarze Pest ausgebrochen war, die nicht nur die italienische Politik veränderte. Nach der Belastbarkeit solcher Geschichtsthesen über pandemiebedingte Wirtschafts- und Politikveränderungen befragte Rolf Schönlau sein eigenes Expertensystem.

Euripides, Aischylos und Sophokles in Hamburg

Blindwütige Suche nach der Wahrheit

Die Tragödie stehe zwischen „Mythos“ und „Logos“, zwischen Ursprungsdenken und Metaphysik, schrieb in seiner „Kritik der Tragödie“ Wolfram Ette, damit stehe sie aber auch gegen beide. Vielleicht ist die frühe griechische Bühnenkunst deshalb unverwüstlich und ewig neu. Sie verhandelt unsere Probleme. In Hamburg hat die inszenierende Intendantin Karin Beier unter dem Titel „Anthropolis-Marathon“ fünf der klassischen Tragödien angeboten, die Walter H. Krämer alle gesehen hat.

Eigene Wege(I)

Wie Erde und Himmel

In der Reihe „Eigene Wege“ erzählen junge Migrantinnen und Migranten, wie es ihnen gelungen ist, in der Arbeitswelt in Deutschland Fuß zu fassen. Rezvan Rezai (24) ist in Afghanistan geboren und in Iran aufgewachsen. Ende 2015 ist er nach Frankfurt am Main geflohen. Nach seinem Hauptschulabschluss hat er eine Ausbildung zum Restaurantfachmann im Flemings MainRiverside absolviert und arbeitet dort seit 2023 in Festanstellung. Riccarda Gleichauf hat mit ihm gesprochen.

Bachmann/Henzes „Der Prinz von Homburg“ in Frankfurt

Zwölfton-Belcanto

„In den Staub mit allen Feinden Brandenburgs“. Ausgerechnet am Abend der brandenburgischen Landtagswahl lauteten so die letzten Worte der ersten Premierenproduktion „Der Prinz von Homburg“ in der neuen Spielzeit der Oper Frankfurt. So wie das Bundesland mit einem Dilemma konfrontiert war und ist, ergeht es dem Titelhelden in Henzes Werk. Der Hauptunterschied zwischen Bühnen- und politischem Realtheater? Die Oper überzeugte in jeder Hinsicht und bescherte Andrea Richter große innere Bereicherung.

Gabriel Attal in der Ukraine

Rückkehr nach Odessa

Weil wir keine Bäume sind, haben wir keine Wurzeln, sondern Beine, mit denen wir uns, sobald wir laufen können, mobil halten. Das ist insofern von Vorteil, weil wir so auch davonlaufen können, wenn unsere Lust, unser Wille, unsere Sehnsucht oder die widrigen Umstände es erfordern. Gelangt man auf diese Weise in die Fremde und stellt sich geschickt an, kann man dort sogar Premierminister werden. Jutta Roitsch schreibt über den Besuch Gabriel Attals in der Ukraine.

Saisonstart: Goethes „Faust“ (1 & 2) in Frankfurt

Das fängt ja gut an

Ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft – das sagt sich so mephistophelisch leicht dahin. Doch wer weiß denn, was damit gemeint ist? Goethe hat den ersten volkstümlich-kritischen Teil des „Faust“, aber auch den visionären, weit ausgreifenden zweiten Teil mit paradoxen und aporetischen Sentenzen durchsetzt, die einem zu denken geben. Dass der gesamte „Faust“ für allfällige gesellschaftspolitische Interpretationen taugt, beweist, dass er nicht von gestern ist. Die Version, die jetzt in Frankfurt Premiere hatte, ist bei Martin Lüdke auf positive Resonanz gestoßen.

Bess Dreyers Gedichtband „vom aufziehbaren blechhuhn“

Lebensfrohes Memento mori

Dass alles, was entsteht, wert ist, dass es zugrunde geht, sagt Mephisto zum Doktor Faust, der immer strebend sich bemüht. Die Spannung zwischen dem aggressiv eingesetzten Realitätssinn und dem überschreitenden Möglichkeitssinn ist das Feld der Poesie, die zwischen beiden Polen oszilliert. Im Buch „vom aufziehbaren blechhuhn“ hat Bess Dreyer dieses Feld abgelesen, und Elke Engelhardt hat sich die Gedichte genauer angesehen.

Ausstellung „Städel | Frauen“ in Frankfurt

Beruf: Künstlerin!

In den letzten Jahren bekommen die vergessenen Künstlerinnen der Kunstgeschichte zunehmend Präsenz in den Ausstellungsprogrammen. Allerdings kann dies nur unter forschendem Engagement seitens der Kurator*innen geschehen, ist doch vieles bislang unbekannt geblieben: Biografien müssen recherchiert, der Standort der Werke gefunden werden. Die Künstlerinnen dem Vergessen zu entreißen, ist Verpflichtung und Fleißarbeit. Einen solchen Forschungszwischenstand bietet das Städel Museum mit seiner Schau „Städel | Frauen. Künstlerinnen zwischen Frankfurt und Paris um 1900“, die sich den Netzwerken der Künstlerinnen um 1900 widmet. Isa Bickmann hat sie besucht.

Briefwechsel Bachmann – Henze

Verrückt nach Schönheit

Hans Werner Henze gehörte zu den meist aufgeführten Komponisten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Ingeborg Bachmann war die bedeutendste deutschsprachige Lyrikerin und Prosaschriftstellerin. Nachdem sie sich 1952 auf Burg Berlepsch bei einer Tagung der Gruppe 47 kennenlernten, schrieb ihr der Komponist, wie schön und traurig er ihre Gedichte fand. Das war der Beginn einer Freundschaft, die sich detailliert in ihrer Korrespondenz zur Sprache brachte. Arno Widmann hat ihre Briefe mitgelesen.

Eröffnungsrede

Plädoyer für das Recht auf Bewegungsfreiheit

Menschen, die vor Krieg oder zerstörten Lebensgrundlagen fliehen, geraten an Europas Grenzen in ein zunehmend kafkaeskes System seelenloser Bürokratie. Wer nicht schon Teil des Systems ist und über entsprechende Papiere verfügt, wird hinter Mauern weggesperrt. Um Betroffenen eine Chance zum Widerspruch zu ermöglichen, hat medico international einen „Fonds für Bewegungsfreiheit“ gegründet. Geschäftsführer Tsafrir Cohen erläutert die Ziele des neuen Hilfsprojekts.

Punkrock DDR

Überschäumende Lebensfreude

Punk, der im Westen wirkte wie eine Einbrecherbande, die die Wohnungseinrichtung zertrümmert, sonst aber für das etablierte gesellschaftliche Gefüge keine Gefahr darstellte, wurde in der autoritären DDR in den Rang eines Staatsfeindes erhoben. Die provozierende Lebensfreude wurde auf diese Weise selbst politisch. Henryk Gericke, einst an der Ostberliner Kultur-Opposition beteiligt, hat ein Buch darüber geschrieben und für TEXTOR klärende Informationen zur Verfügung gestellt.

Laudatio für Prof. Dr. Seyla Benhabib

Das erweiterte Selbst

Am 11. September 2024 wurde der Professorin für Politische Theorie und Politische Philosophie, Seyla Benhabib, in der Paulskirche zu Frankfurt am Main der Theodor W. Adorno-Preis des Jahres 2024 überreicht. Benhabib, die in eine alteingesessene Istanbuler sephardisch-türkische Familie hineingeboren wurde, forschte und lehrte an der Brandeis University und in Yale, am Max-Planck-Institut am Starnberger See, in Boston und Harvard. Der Historiker und Erforscher der Frankfurter Schule, Martin Jay, begründet in seiner Laudatio die Preisvergabe.

Rede zum Fonds für Bewegungsfreiheit

Grenzen im Inneren und Äußeren den Kampf ansagen

Nationale Grenzen sind nicht naturgegeben, sondern Folge eines Denkens, das Menschen nach bestimmten Kriterien kategorisiert und hierarchisiert. EU-Grenzen werden so nur für Wenige durchlässig, für die Menschheit in ihrer Vielzahl sind sie nahezu dicht. In ihrer Rede anlässlich der Gründung des „Fonds für Bewegungsfreiheit“ spricht die Journalistin Şeyda Kurt über eine autoritäre Wende sowie seelische und moralische Grenzziehungen im Innern.

Zum Tod Rebecca Horns

Nur erschöpft

Elegant, poetisch, zwiespältig und konzeptuell zugleich sind die Werke Rebecca Horns, deren international ausgezeichnetes Œuvre an die wichtigsten Kunstströmungen des 20. Jahrhunderts anschließt. Am 6. September 2024 ist die im hessischen Michelstadt geborene Künstlerin im Alter von 80 Jahren gestorben. Ihr Schwerpunkt lag auf Skulpturen und Installationen, sie schuf aber auch Filme, Gedichte und Zeichnungen. Ursula Grünenwald erinnert an ihr Schaffen.

Aus dem Notizbuch

Worte, grünes Land, Falafel

Der Höhbeck, kann man lesen, ist eine saale-kaltzeitliche Stauchendmoräne inmitten der niedersächsischen Elbtalaue, mithin im Biosphärenreservat Lüchow-Dannenberg. Neben dem Erkenntnisgewinn, den man bekommt, wenn man diese Informationen nachgeschlagen hat, führen sie uns vor Augen, wohin es Eldad Stobezki verschlagen hat. Schlüge man auch noch in Haaretz, der Genesis, dem Wetterbericht, in der Geschichte der Zugtoiletten, in der Münchner Kunst und in Ovids „Metamorphosen“ nach, fände man den Kosmos dieser Notizen in nuce.

Eldad Stobezkis „Rutschfeste Badematten und koschere Mangos“

Katzen und Hunde

Mit etwas Glück werden die Einfälle eines Aphoristikers von seiner Persönlichkeite zusammengehalten. Sein Interesse leitet seine Wahrnehmung, und umgekehrt werden sich die farbigen Steine seiner knapp gefassten Notate von selbst zu einem ausgeformten Mosaik zusammenfügen, an das er schreibend gar nicht zu denken braucht. Eldad Stobezki, der auch TEXTOR-Autor ist, hat seine bedenkenswerte Gedankensammlung für ein Buch arrangiert, das Ulrich Breth vorstellt.

Nina Mays Walachei-Glossen

Rumänien to go

Nina May, geb. 1965 in Linz an der Donau, Diplom-Physikerin, sagte 2008 dem deutschen Staatsdienst ade und zog als „Aussteigerin“ nach Rumänien, um in Siebenbürgen ein einfaches Dasein auf dem Land zu leben. Bis ihr rumänischer Ehemann, der „Göttergatte" ihrer Glossen, sie nach Bukarest entführte, wo sie seit 2011 als Journalistin und seit 2020 als Chefredakteurin der „Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien (ADZ)“ arbeitet. Die meisten der in diesem Band vereinten Glossen sind zwischen 2011 und 2024 in der ADZ erschienen. Und Matthias Buth findet sie gut.

Gespräch mit Karola Gramann und Heide Schlüpmann über Alice Guy

Falling Leaves

Die Filmwissenschaftlerin Karola Gramann verabschiedet sich nach 25 Jahren von der Kinothek Asta Nielsen mit einer persönlichen Auswahl besonderer Schätze der Filmgeschichte in Frankfurt vom 12. bis 15.9. und in Berlin am 1. und 2.11.2024. Als Hommage an sie bringen wir ein Gespräch, das Isa Bickmann mit ihr und der Kinothek-Mitgründerin und Filmprofessorin Heide Schlüpmann 2012 über die Filmpionierin Alice Guy führte, deren Film „Falling Leaves“ aus dem Jahre 1912 auch im Abschiedsprogramm gezeigt wird.

Vor 15 Jahren starb Pina Bausch

Was Menschen bewegt

Die Ursache des Konflikt auf die Tutu-Fraktion der konservativen Ballett-Liebhaber abzuschieben, wäre zu einfach. Was Pina Bausch in Wuppertal ins Werk setzte, war ein Angriff auf das Selbstverständnis der Kategorie Ballett, die Ersetzung der formalisierten Choreographie durch eine permanent sich weiterentwickelnde, emotionalisierte Körpersprache. 15 Jahre nach ihrem Tod haben viele Kollegen von ihr gelernt, – ob sie’s wissen oder nicht. Walter H. Krämer erinnert an die große Tänzerin und Choreographin.

Frauen und Musik in Afghanistan

Wo man singt, da lass dich nieder….

Dass Singen und Spielen keine harmlosen Lebensäußerungen sind, hat nicht nur die katholische Kirche immer wieder bestätigt. Betroffen von den Einschränkungen und Verboten des Musizierens waren besonders, und das vor allem in der Gegenwart, die Frauen. In Afghanistan, wo seit 2021 wieder die radikal-islamistischen Taliban herrschen, gehört das Musikverbot zu den Instrumenten der totalen Unterdrückung. Clair Lüdenbach skizziert die Geschichte.

75 Jahre Frankfurter Kabarett „Die Schmiere“

Harte Arbeit

„Die Schmiere“ taufte Rudolf Rolfs sein 1950 eröffnetes Kabarett, das er als freies, politisch unabhängiges Theater verstand. Subventionen lehnte er stets ab, dafür erhielt die kritische Beobachtung reichlich Raum. Seine Tochter Effi B. Rolfs übernahm 1990 die Leitung und folgt diesen Grundsätzen bis heute. Satire fordere dazu auf, über Dinge nachzudenken, Vorgänge zu durchschauen und Schwächen zu entdecken, fasst sie in einem Gespräch mit Doris Stickler ihre Intention zusammen.  

Geregelte Migration, geregelte Sprache

Presse und Macht

Fast 60 Prozent der Geflüchteten werden mittlerweile durch die Folgen des Klimawandels ihrer Existenz beraubt. Sie suchen Schutz in genau jenen Ländern, die die Verursacher ihrer desolaten Verhältnisse sind. Nicht zuletzt durch die zunehmend einseitige Berichterstattung der Medien verweigert die deutsche Öffentlichkeit, diese Zusammenhänge zu akzeptieren. Peter Kern führt in seinem Beitrag vor Augen, wie Medienkonzerne dieser fatalen Entwicklung Vorschub leisten.

Der Fotograf Alexander Paul Englert

Die alltägliche Normalität

Als sich die Fotografie in der Gesellschaft durchsetzte, sahen sich die Maler der realistischen Kunst ihrer Kompetenz beraubt. Zu unrecht. Die Lichtbildner ihrerseits versuchten, neben den dokumentarischen auch die kunstmalerischen Möglichkeiten in das neue Medium zu übertragen. Heute durchdringen sich Realismus und Bildgestaltung zumeist. Alexander Paul Englert sieht seine Kunst in der unspektakulären, intuitiven Erfassung der Möglichkeiten, die die Situation anbietet. Doris Stickler porträtiert den Fotografen.

Georg Leß: „die Nacht der Hungerputten"

Die letzten Fragen von Satzbau und Wohnraum

Putten sind Säuglinge mit – nach den Gesetzen der Aerodynamik – zu kurzen Flügeln, um abheben zu können. Niemand weiß, warum und wozu sie eigentlich existieren. Ihr Entwicklungsstand schließt eine musikalische Ausbildung aus, dennoch sieht man sie allenthalben mit Instrumenten hantieren. Und sie sind viel zu herzig, um auch noch gut sein zu können. Georg Leß mag diese opake Unsichtbarkeit zu einem gewagten Gedichtband angeregt haben. Alexander Kappe hat ihn gelesen und ist zu dessen poetologischen Gründen vorgestoßen.

Anmerkungen zur Gegenüberstellung von populärer und akademischer Philosophie.

Kritik der Philosophie

In der ersten TEXTOR-Ausgabe vom 16. August 2024 veröffentlichte Bernd Leukert unter dem Titel „Der soziale Faktor“ einen Artikel über öffentliche und akademische Philosophen. Darin referiert er die kategorische Differenz der beiden, wie sie gestern und heute, in der Presse wie in der Literatur, ausformuliert wird. Vor allem geht er auf Bücher der Philosophen Daniel-Pascal Zorn und Claus Langbehn ein, die das alte Problem thematisieren. Leon Joskowitz, selbst Philosoph, hat daraufhin eine Entgegnung verfasst.

Die Lehren nach Auschwitz

Der Judenhass

In seinen „Betrachtungen zur Judenfrage“ schrieb Jean-Paul Sartre, nicht die Erfahrung schaffe den Begriff des Juden, sondern das Vorurteil fälsche die Erfahrung: „Wenn es keinen Juden gäbe, der Antisemit würde ihn erfinden.“ Und: Der Antisemitismus sei eine Weltanschauung, gebärde sich aber als Leidenschaft. Die Juristin Channah Trzebiner äußert sich in ihrer Streitschrift zur Täter-Opfer-Umkehr.

Der Papst und die Literatur

Literaturpapst

Der Krummstab ist eine Symbolversion des Hirtenstabes, mit dessen Krümme der Hirt seine Tiere an den Hammelbeinen packt. Kardinäle, Bischöfe, Äbte und Äbtissinnen tragen ihn. Aber der Papst nicht. Deshalb kann er auch empfehlen, Bücher jenseits der Heiligen Schriften zu lesen, ohne auf den Index unkatholischer Literatur zu verweisen. Matthias Buth begrüßt den Hirtenbrief mit poetischen Empfehlungen.

Ottilie von Goethes Mut zum Chaos

Die geniale Schwiegertochter

Sie war eine der faszinierendsten und unkonventionellsten Frauen ihrer Zeit. Sie gründete ein Journal, dichtete, übersetzte und förderte den englisch-deutschen Kulturtransfer. Politisch aktiv, unterstützte sie eine neue Generation von Autor:innen. Die Ausstellungen der letzten beiden Jahre, „Mut zum Chaos. Ottilie von Goethe“ im Goethe und Schiller-Archiv Weimar, und im Deutschen Romantik-Museum, Frankfurt am Main, sowie neue Publikationen haben sich nun ihrem Leben und Werk gewidmet. Francesca Müller-Fabbri von der Klassik-Stiftung Weimar beschreibt die ungewöhnliche Frau.

Vortrag zum Konflikt im Nahen Osten

„Deutschland, Israel und die Crux historischer Ethik“

Die diesjährigen 55. Römerberggespräche in Frankfurt befassten sich mit Fragen der Erinnerungskultur nach dem 7. Oktober. Wenige Tage zuvor hatten jedoch zwei internationale Gerichte, der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) und der Internationale Gerichtshof, Entscheidungen getroffen, die beide kritisch auf das sich dramatisch zuspitzende Kriegsgeschehen zwischen Israel und Palästina Bezug nahmen. In diesem zeitlichen Kontext untersucht der Historiker Dan Diner explosive Tiefenschichten der deutsch-israelischen Beziehungen.

Knotenpunkte einer Reise

Güstrow, Ernst Barlach und Uwe Johnson

Das Wahrscheinliche kann sich gegen das Unwahrscheinliche nicht abschotten. Undenkbar, dass irgendjemand unserer direkten Vorfahren mit historischen Persönlichkeiten in Verbindung stand, die ihrerseits mit anderen Berühmtheiten vertraut gewesen sein sollen? Und dann die Überraschung. Der Schriftsteller Eric Giebel entdeckt auf einer Reise nach Güstrow Uwe Johnsons Verbindung zu Ernst Barlach.

Der Theatermann Willy Praml wird 83

Das Schwierige gewagt

„To play or not to be" – so darf man wohl das Lebens- und Arbeitsmotto des Theatermenschen Willy Praml verstehen. In der hessischen Theaterlandschaft ist der in Niederbayern geborene Willy Praml eine feste Größe. Seit 1971 macht er Theater: Zunächst mit Aufsehen erregenden Inszenierungen mit Jugendlichen und Laien. Später mit dem 1991 gegründeten Theater Willy Praml. Walter H. Krämer macht auf den Jubilar aufmerksam.

Aus dem Notizbuch

Freunde, Kirschen, Heumond

Ein Aschenbecher von einem französischen Flohmarkt, Chanel No 5 von einer deutschen Dame, Kirschkerne vom Witwer, der Mond vom Heu oder das jüdische Volk aus dem Alten Testament – die Souvenirs, die sein Gedächtnis einsammelt und sein Bewusstsein in die knappste Form bringt, hat Eldad Stobezki zwar alle notiert, ihre Bezüge untereinander stellt er erst durch ihre Auswahl her. Sie springen in die Augen oder halten sich diskret verborgen.

Aus dem Notizbuch

Wortstamm

Die Berufung ist eine göttliche Bestimmung, die nicht allen Menschen, die diese von ihrem Beruf erwarten, zuteil wird. Eldad Stobezki fand aber zwei geistliche Exemplare für diese schöne Koinzidenz und darüber hinaus die Erfahrung einer Authentizität in der Stadt Münster, wo einst die Dichterin und Komponistin Annette von Droste-Hülshoff geboren wurde.

Jan Koneffkes „Im Schatten zweier Sommer“

Handkuss und Verbeugung

Es gibt einige Schriftsteller, die diese Gabe besitzen: das Einfühlen in eine historisch gegebene und dennoch konkret zu erfindende Situation, den phantasievollen Nachvollzug dessen, was hätte sein können. Jan Koneffke ist in seinem neuen Roman durch Orte und Zeiten gereist, um die Wege des großen Reiseschriftstellers, Erzählers und Romanciers Joseph Roth zu kreuzen. Christel Wollmann-Fiedler hat sein Buch begeistert.

Notizbuch. Im Lorbeerhain

Es ist Sommer

Manche binden ihn sich um den Kopf, manche werfen ihn in die Suppe. Für Eldad Stobezki muss es schon mehr vom Lorbeer geben: den Lorbeerwald als Sehnsuchtsort. In seinem Notizbuch sammelt er aber auch Wassermelonen, das Meer, Kinder im Zwielicht der Sprachen, Liebes- und Sonnenblumen, Servietten und Musik. Entweder – oder; oder beides.

Betrachtungen nach Wolfgang Rihms Tod

Jetzt trocknet die Tinte

Bevor er als 16-Jähriger Kompositionsunterricht nahm, hatte er sich schon mit Streichquartett und Streichorchester ausprobiert. Ins Bewusstsein der Öffentlichkeit geriet Wolfgang Rihm zehn Jahre später mit seiner Kammeroper „Jakob Lenz“, in der alte und neue Musik gleichberechtigt nebeneinander stand. Er war ein gefragter, weltberühmter und beliebter Komponist; seine überbordende Werkliste zeigt den rastlos Schaffenden. Achim Heidenreich beschreibt seine Arbeitsweise.

Komische Oper Berlin im Schillertheater

Stoppen Sie diese Schande!

Die Komische Oper gehört in Berlin zu den Musikhäusern, denen der Brückenschlag zwischen Tradition und Moderne hinsichtlich Repertoire und Präsentation gelungen ist. Noch dazu erreicht sie besonders wirksam ein breitgefächertes Publikum. Nun soll die Oper möglicherweise dauerhaft ins Schillertheater verlegt werden. Dagegen hat Barrie Kosky, ehemaliger Intendant und Chefregisseur der Berliner Bühne, mit einem offenen Brief protestiert. Andrea Richter beschreibt die Situation.

Zwei Völker am Abgrund

Vom Meer bis zum Fluß

Die lange beschworene Zweistaatenlösung für Israel und Palästina war die Basis eines westlichen Friedenstraums, der an der tatsächlichen Situation dort zerschellt. Zwei Experten dieser Konfliktgeschichte, ein Palästinenser und ein Israeli, haben sich mit den Möglichkeiten von Krieg und Frieden befasst. Und Jutta Roitsch hat aus der Lektüre ihrer Schriften Erkenntnisse gewonnen.

Gedicht

Ausfahrt

Gedicht

Memento

Zum 100. Geburtstag von William Gass

Nur in Übersetzung?

Der Schriftsteller, Übersetzer und Philosoph William Gass, der 2017 gestorben ist, wäre am 30. Juli 2024 hundert Jahre alt geworden. Er gehört zu den wichtigen Persönlichkeiten der US-amerikanischen Literatur, die bei uns deshalb nicht bekannt sind, weil ihre Werke nicht ausreichend übersetzt sind. Matthias Göritz hat einen großen und bemerkenswerten Essay über den Sprach-Denker geschrieben, der tief in die Kunst des Übersetzens greift und nach Übersetzung verlangt – von Büchern von William Gass.

Kurzgeschichte

Der Zwiebelanschlag

Dass die Zwiebel den Zweifel nahelegt, liegt an der ersten Silbe, welche Zwietracht sät. Ist im Namen der Gerechtigkeit die Zwietracht zwischen Arm und Nichtarm angelegt, haben wir einen gesellschaftlichen Konflikt, der Auflösung erfordert. Die Kurzerzählung von Alexandru Bulucz führt nicht diese Auflösung vor Augen, sondern einen Plan, der zum Kern der Zwiebel führt.

12-teilige ARTE-Serie

Die Mafia tötet nur im Sommer

In der Mediathek des Fernsehsenders ARTE ist derzeit die bemerkenswerte 12-teilige Serie „Die Mafia tötet nur im Sommer“ zu finden. Auf der erzählerischen Oberfläche der Geschichte einer fiktiven kleinbürgerlichen Familie in Palermo wird ein bedrückendes Thema abgehandelt: Die sehr realen Machenschaften der Cosa Nostra, ihres Einflusses auf die Stadt und ihre Menschen in den Jahren 1979/80. Die Serie war bei ihrer Ausstrahlung 2013 auf RAI -TV in Italien ein Renner. Sehr sehenswert findet Andrea Richter sie heute noch.

Peter Kerns „Dorfansicht mit Nazis“

Onkel Paul in HJ-Uniform

Erst glaubte man an das Tausendjährige Reich, dann an den Verrat und den Zusammenbruch. Dann hatte niemand etwas gemerkt, und keiner wollte es gewesen sein. Aber es gibt Bibliotheken, Archive, Berichte von Zeugen und Überlebenden, Kirchenbücher und Chroniken, aus denen das Ausmaß der aktiven Bevölkerungs-Beteiligung am Krieg und den Verbrechen des NS-Regimes hervorgeht. Peter Kern hat die entsprechenden Informationen für sein Buch über das Dorf seiner Herkunft zusammengetragen, und Johannes Winter hat es gelesen.

100. Todestag von Joseph Conrad

Seine launische Geliebte

Er wollte unbedingt Seemann werden. Doch das ist ihm nicht gut bekommen. Mit 38 Jahren geht Kapitän Korzeniowski von Bord, um unter dem Namen Joseph Conrad sein Leben als Schriftsteller weiterzuführen. Denn im selben Jahr war sein erster Roman erschienen, der ihn mit einem Schlag bekannt machte. Ria Endres skizziert das Leben des polnisch-britischen Autors.

Ingeborg Bachmann und ihre Lyrik (III)

Auf Widerruf

Anlässlich ihres 50. Todestages ist Ingeborg Bachmann vielfach vergegenwärtigt worden, vor allem mit biografischen Betrachtungen. Publikationen von Briefwechseln lenkten den Blick insbesondere auf die vielen Liebesbeziehungen, die die als feministische Schriftstellerin Etikettierte mehr oder weniger glücklich mit Männern einging. Ria Endres hat dagegen andere Erfahrungen der ikonischen Nachkriegsliteratin als Beweggrund für ihre Lyrik benannt. Ihren Essay veröffentlichen wir in drei Teilen. Hier ist der dritte.

Ingeborg Bachmanns Lyrik (II)

Die härteren Tage

Anlässlich ihres 50. Todestages ist Ingeborg Bachmann vielfach vergegenwärtigt worden, vor allem mit biografischen Betrachtungen. Publikationen von Briefwechseln lenkten den Blick insbesondere auf die vielen Liebesbeziehungen, die die als feministische Schriftstellerin Etikettierte mehr oder weniger glücklich mit Männern einging. Ria Endres hat dagegen andere Erfahrungen der ikonischen Nachkriegsliteratin als Beweggrund für ihre Lyrik benannt. Ihren Essay veröffentlichen wir in drei Teilen. Hier ist der zweite.

Über Dagmar Dusils Roman „Das Geheimnis der stummen Klänge"

Musikmärchen

Über Theodor W. Adorno geht die Rede, er habe es vorgezogen, eine Partitur zu lesen, anstatt sich die Musik im Konzertsaal anzuhören: Im Kopf entsteht beim Lesen der Klang doch so authentisch, wie keine Aufführung es zu leisten vermag. So ähnlich konnte ein pianistisch geschulter Mensch in vordigitaler Zeit die Musik beim Üben auf der Klaviatur vergegenwärtigen, die auf Papierstreifen aufgemalt war. Dagmar Dusil hat daraus den Titel ihres Romans gezogen, den Matthias Buth gelesen hat.

Stefan Geyers „Der Stadtwanderer“

Ausschweifendes Leben

„Es ginge vieles besser, wenn man mehr ginge“, schrieb der Fußgänger Johann Gottfried Seume, der es wandernd bis nach Syrakus schaffte. Dass man beim Fahren weniger erfährt als beim Gehen, hat mit dem Tempo zu tun, mit dem man die Welt durcheilt. Selbst wenn die Welt sich auf Frankfurt beschränkt, das Stefan Geyer durchwandernd stets neu entdeckt, gehören seine dabei gewonnenen Erkenntnisse zu den kleinen Bausteinen einer globalen Aufklärung. Ulrich Breth hat das Buch mit kundigem Blick gelesen.

„Unmögliche Verbindung“ in Bregenz

Wie, schon zu Ende?

Die Bregenzer Festspiele sind bekannt für ihre Opern- und Operettenspektakel auf der Seebühne. Dass es dort auch eine Werkstattbühne nebenan gibt, auf der Zeitgenössisches uraufgeführt wird, ist weitgehend unbekannt. Ende Juli 2024 kam dort das Musiktheaterwerk „Unmögliche Verbindung“ des tschechischen Komponisten und Dirigenten Ondřej Adámek mit dem Ensemble Modern zur Uraufführung, das Andrea Richter auf eine emotionale und kurzweilige Achterbahnfahrt mitnahm.

Regierungsbildung in Frankreich

Poker zwischen Parlament und Élysée

Im zentralstaatlichen Frankreich sind offenbar alte Mythen immer noch Faktoren der Politik. Die, denen die Götter Unsterblichkeit schenkten, wohnen im Palast der elysischen Gefilde, es gibt bourbonische und jakobinische Traditionen, kurz: Die politischen Spielregeln unserer Nachbarn können uns Deutschen zuweilen kurios erscheinen. Jutta Roitsch hat die jüngsten Ereignisse dort bündig zusammengefasst.

Peter Strohschneiders „Wahrheiten und Mehrheiten“

Ewige Sehnsucht nach Eindeutigkeiten

Ergeben die Untersuchungen eine hundertprozentige Übereinstimmung mit der Grundannahme, spricht man in der Wissenschaft von einer Tatsache. Politiker, deren Wirkungsmacht von Mehrheiten der Wähler abhängig ist, sehen sich von solchen Tatsachen undemokratisch beeinträchtigt und bezeichnen sie deshalb als Meinungen. Der Mediävist und Forscher Peter Strohschneider hat die Wissenschaftler einer Kritik unterzogen, und Matthias Schulze-Böing schreibt, worum es ihm dabei geht.

Leben und Tod von Otto Freundlich

Farbkasten im Küchenherd

Otto Freundlich war Maler, Bildhauer und Autor, einer der ersten Künstler der Abstraktion, Jude, Kommunist und Kosmopolit. 1908 zog er nach Paris ins Bateau-Lavoir, wo er sich mit Picasso, Braque, Gris und Apollinaire befreundete. Unter der Vichy-Regierung musste er fliehen, wurde mehrfach verhaftet und in Konzentrationslager gebracht. Johannes Winter ist seiner Geschichte nachgegangen.

Gedicht

Traumata

Ausstellung im Kunst Archiv Darmstadt

Helga Föhl

Die Bildhauerin Helga Föhl (1935–2022) vermachte noch zu Lebzeiten ihren Nachlass dem Kunst Archiv Darmstadt. Dort ist nun ein Teil ihres Schaffens in einer großen Einzelausstellung zu sehen. Es handelt sich um die letzte Ausstellung, die Claus K. Netuschil, der Gründer und langjährige Vorstandsvorsitzende des KAD, organisiert hat. Im letzten Monat hat er seinen Vorstandsposten an ein neues Team abgegeben. Kenneth Koark hat sich die Ausstellung angesehen.

Gespräch über „Cloud Walks"

Zwischen der Kunst und den Wolken gibt es eine Wahlverwandtschaft

Gerhard Lang untersucht Wahrnehmung mit bildlichen und performativen Mitteln. Isa Bickmann hat mit dem Künstler über seinen New Yorker Wolkenspaziergang, über das Erfahren des Stadtraums mittels des Rückwärtsgehens mit einem Claude-Lorrain-Spiegel, den L'intervento minimo (kleinstmöglichen Eingriff) und die Vorzüge des Schwarz-Weißen korrespondiert.

Theater für Kinder

Vogel anderswo

„Zuhause und Anderswo“ waren die  ersten Gedanken von Stephan Wolf-Schönburg, als er ein Stück über Flucht für Kinder entwickeln wollte. Eben nicht zuhause zu sein, sondern anderswo und in den Augen der Anderen von anderswo zu kommen. Wie kann das Trennende überwunden und zum Verbindenden werden? Ein zentrales Element war für ihn von Anfang an, die Sprache des Anderen, des Ankommenden, des von wo anderswo Seienden, denen, die ein Zuhause haben, näherzubringen. 

CD-Besprechung

Fern jeder Beliebigkeit

Zwischen Spark und Bird hat es gefunkt. Das Kammermusik-Ensemble, das sich selbst als klassische Band bezeichnet, und die irische Singer-Song-Künstlerin Wallis Bird haben ein großartiges, überraschendes Album eingespielt: „Visions of Venus“. Der Titel ist Programm. 18 Stücke von Komponistinnen aus nahezu einem Jahrtausend. Bestechend sind neben der Auswahl der Stücke die Arrangements und vor allem das hohe künstlerische Niveau, in dem sich vermeintlich Unzusammengehörendes von Epochen, Stilen und Genres vereinen, meint Andrea Richter.

Literarische Meditation

Zwischen Bach und Casals

In seinem jüngsten grandiosen Roman „No te veré morir“ (Seix Baral) verweist Antonio Muñez Molina wiederholt auf die Musik von Johann Sebastian Bach – insbesondere auf seine Cello-Suiten – sowie auf den legendären Cellisten Pablo Casals, der vor 50 Jahren verstorben ist. Die Monatszeitschrift Tinta Libre bat den Autor um eine literarische Meditation über diese Musik, und Claudia Gehricke übersetzte den Beitrag aus dem Spanischen für Textor.

Romanauszug

Der Teufel

Im zeitlichen Abstand erst wird deutlich, was für einen ungeahnten Einfluss das deutsche Fernsehprogramm in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf die Gemüter der heranwachsenden Generation hatte. Die künstliche Schlagerseligkeit, die angestrengte Fröhlichkeit, die als ‚volkstümlich’ verkauft wurde, hat sich ihr, zumeist mit einer unüberwindlichen Distanz, ins Gedächtnis gelegt. Andreas Maiers Reminiszenz erinnert daran, worauf wir gerne verzichtet hätten.

Gedicht

Gleisberg

Wim Wenders und das Kino der 1980er Jahre

Der Reisende und der Schneider der Zeit

1982 hat Wim Wenders im Zimmer 666 des Hotels Martinez in Cannes seine Regisseur-Kollegen versammelt, um ihnen Fragen zur Zukunft des Kinos zu stellen. Dass dabei immer wieder die wahrhaft dialektische Entscheidung ins Zentrum rückte, ob der Film die Wirklichkeit schafft oder als Produkt der Realität aufscheint, ist angesichts der Wirkmacht des Kinofilms nicht verwunderlich. Ulrich Breth reflektiert die Ideengeschichte, die sich in den Aussagen der Dokumentation spiegelt.

Goethes Mutter Aja, geborene Textor

Vergnügt wie eine Göttin

Die Textors waren erfolgreiche Juristen. Johann Wolfgang Textor war Ratsherr, Schöffe und Bürgermeister in Frankfurt. Letztlich bekam er als Stadtschultheiß die Leitung des Justizwesens der Stadt auf Lebenszeit. Seine Tochter Catharina Elisabeth wurde als Siebzehnjährige an den 21 Jahre älteren wirklichen kaiserlichen Rat Johann Caspar Goethe verheiratet. Ein Jahr später bekam sie ihren „Hätschelhans“, Johann Wolfgang Goethe. Mit Frau Aja, wie die Mutter des Dichters genannt wurde, hatte es seine besondere Bewandtnis, wie Eva Demski zu berichten weiß.

Kurt Drawerts „Alles neigt sich zum Unverständlichen hin“

Ode an die Hoffnungslosigkeit

„Der Ton, in dem ich mit mir spreche, kränkt mich zutiefst.“ – Es sind solche abgründig-komischen Sätze, die man mit einiger Sicherheit Kurt Drawert zuschreiben kann. Sein jüngstes Buch ist ein großes Gedicht in 14 Paragrafen und Fotos vom Odenwald und von Kalifornien. Es ist von großer Ernsthaftigkeit und gerade deshalb am Rande der Absurdität. Die Lyrikerin Julia Grinberg ist durch das Werk gegangen.

Eine kleine Autobiografie

Rhabarber

Der holländische Maler und Performancekünstler Fredie Beckmans kann tatsächliche Begebenheiten so erzählen, als wären sie erfunden, und umgekehrt. Wenn es also bei ihm eine Wahrheit gibt, dann ist sie nicht durch Glaubwürdigkeit gedeckt. Das klingt nach Kunst und führt uns in einen unglaublichen Abschnitt seiner Biografie.

Feministische KI

Kann feministische KI Geschlechtergleichstellung und Inklusivität fördern?

Algorithmen sind ebenso sexistisch, rassistisch und diskriminierend wie wir und könnten dies sogar noch verschärfen. Zu diesem Schluss kommt die Frankfurter GRÜNEN-Stadtverordnete Dana Kube. In ihrem Vortrag zeigt sie die Defizite der KI in Sachen Geschlechtergerechtigkeit auf und mahnt die Verwendung besserer Datensätze an. Die digitalpolitische Sprecherin sieht hierzulande viel Potenzial, um KI demokratischer und inklusiver zu machen.

Gedicht

Paul

Jerry Z. Mullers Biografie von Jacob Taubes

Der Professor der Endzeit

Es ging das Gerücht, Jacob Taubes brauche Bücher nicht zu lesen, sondern könne sich ihren Inhalt durch Handauflegen einverleiben. Denn er konnte mehr erzählen, als er wissen konnte. Die schillernde Figur des Judaisten und Hermeneutikers, der bis März 1987 lebte, hat der einstige Geschichtsprofessor in Washington, Jerry Z. Muller, in „vielen Leben“ beschrieben. Und Arno Widmann, der in Taubes’ Seminaren saß, äußert sich darüber kundig.

Die Geschichte der Hamas

Eine blutige Geschichte

Netanjahu und Israel, Hamas und Palästina, – der große Topf, in den man alles hineinwerfen kann, samt der Interessen der Großmächte und der falschen Informationen: Es geht um Ideologien und Gewinn und Verlust von Land, in dem man lebt und leben will. Wahrheit scheint längst außerhalb unserer Wahrnehmung zu liegen, wenn es sie überhaupt gibt. Der Historiker Joseph Croitoru hat es dennoch unternommen, Fakten zur Frage „Was ist die Hamas?“ zusammenzutragen, und Jutta Roitsch hat das Resultat kritisch gesichtet.

Erinnerung an Harry Oberländer

Homme de lettres

Die Erkenntnisse, die durch lebenslange Lektüre einem Menschen wie Harry Oberländer zuteil wurden, sind uns Übriggebliebenen entzogen. Sie gehören ganz seiner Persönlichkeit, die nach seinem Tod ausgelöscht ist. Den Verlust kann am ehesten ermessen, wer lange mit ihm zusammengearbeitet hat. Björn Jager, Oberländers Nachfolger in der Leitung des Hessischen Literaturforums, hat dem Mann der Literatur einen Nachruf geschrieben.

Über öffentliche und akademische Philosophen

Der soziale Faktor

Der öffentliche Philosoph sitzt nicht mehr in der Tonne und sagt seinem König, er solle ihm aus der Sonne gehen. Er sitzt vielmehr in Fernsehstudios, im Radio, in vielen Internetkanälen und verteilt Vernunft, Esoterik, Lebenshilfe und Provokationen, die er auch in seinen Büchern vertreibt. Der akademische Philosoph übt sein Amt in der Uni aus und bleibt unbekannt. Bernd Leukert hat einige Aspekte zu einer uralten Kontroverse zusammengetragen.

Karl Heinz Haag zum 100. Geburtstag

Entzauberte Natur

Ein gläubiger Mensch kennt den Auftrag, der ihm mit seiner Erschaffung erteilt wurde, nämlich, sich zu vermehren, die Erde zu füllen und sie sich untertan zu machen. Der 2011 gestorbene Philosoph Karl Heinz Haag sah mit der industrialisierten Unterwerfung der Erde diesen Auftrag gefährdet und ins Gegenteil verkehrt. Zum hundertsten Geburtstag beschreibt Peter Kern die Erkenntnistheorie des 2011 gestorbenen Denkers.

Aus dem Notizbuch

Kirche und Welt

Der Überlieferung nach soll Jesus von Nazareth jüdischer Herkunft gewesen sein. Diejenigen, die dann ihr Leben nach seinem Vorbild führen wollten, reinigten aber ihre Glaubenshandlungen von allen heidnischen und jüdischen Elementen. Und die Juden warteten weiter auf den Erlöser. Eldad Stobezki fädelt die Sprüche und Widersprüche der religiösen Identitäten auf, läßt aber auch das Deutschtum, das Problem mit dem Asyl, den Konservatismus und die Kulinarik nicht liegen.

 

 

Zur Musik von Ernstalbrecht Stiebler

Achte auf die Stelle unter deinen Füßen

Ernstalbrecht Stiebler, der im Juni 2024 gestorben ist, war eine der letzten Persönlichkeiten der musikalischen Nachkriegsavantgarde. Der Komponist und hr-Redakteur gehörte zu den profilierten Komponisten, die in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts an Arnold Schönberg und Anton Webern sowie an Karlheinz Stockhausen anknüpften, um dann ein eigenes, radikales Musikdenken zu entwickeln. Stefan Fricke, einer der Nachfolger Stieblers in der Redaktion der Neuen Musik des Hessischen Rundfunks, beschreibt sein musikalisches Denken.

Ingeborg Bachmann und ihre Lyrik

Es kommen härtere Tage

Anlässlich ihres 50. Todestages ist Ingeborg Bachmann vielfach vergegenwärtigt worden, vor allem mit biografischen Betrachtungen. Publikationen von Briefwechseln lenkten den Blick insbesondere auf die vielen Liebesbeziehungen, die die als feministische Schriftstellerin Etikettierte mehr oder weniger glücklich mit Männern einging. Ria Endres hat dagegen andere Erfahrungen der ikonischen Nachkriegsliteratin als Beweggrund für ihre Lyrik benannt. Ihren Essay veröffentlichen wir in drei Teilen. Hier ist der erste.